Schriesheim im Bild 2023

16.12.2004

Sich schlagen, ohne sich weh zu tun

In der Schriesheimer Realschule wurde ein Box-Projekt gut angenommen

Der Schriesheimer Referendar Jens Graichen, selbst aktiver Boxer, brachte seinen Schülern jetzt den Faustsport näher. Foto: Kreutzer

Schriesheim. (doro) "Wie können wir uns schlagen, ohne uns dabei zu verletzen?" war die Frage, um die sich beim Projekt "Boxen an der Schule" in der Kurpfalz-Realschule Schriesheim alles drehte. Der Lehramtsanwärter Jens Graichen, selbst aktiver Boxer und Boxtrainer beim KSV Schriesheim, hatte das Projekt mit zwei achten Klassen Anfang des Schuljahres gestartet. "Seit diesem Jahr müssen alle Referendare eine projektorientierte Arbeit für das jeweilige Fach absolvieren", erklärte der Realschulrektor Hans-Jürgen Krieger, der sich an diesem Tag selbst ein Bild vom Training gemacht hat.

In dem Projekt sollen die Schüler nicht zu Boxern ausgebildet werden. Im "Schulboxen" gehe es nicht um ein gegeneinander Boxen, sondern um ein Miteinander. Deshalb stünden Fairness und Respekt vor dem Gegner im Vordergrund, so Graichen. Graichen verfolgt mit seinem Projekt ein ganz wichtiges Ziel: "Die Schüler sollen einen kontrollierten Umgang mit ihrer eigenen Stärke lernen. Kinder und Jugendliche schlagen immer häufiger dort zu, wo sie früher abgelassen hätten." Gerade auf dem Schulhof, wo Schüler gelegentlich auch im Spaß Grenzen übertreten, sollten sie sich über ihre körperlichen Fähigkeiten im Klaren sein. Beim Boxen wird der ganze Körper trainiert. Besonders Oberkörper und Rumpfmuskulatur werden bei dieser Sportart in Anspruch genommen. "Bereits 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen Haltungsschäden auf. Boxen könnte hier eine notwendige Abwechslung im Alltag sein, der von vielem Sitzen und einseitigen Sportarten wie Fußball geprägt ist", glaubt Graichen.

Beim Boxtraining sollen sich die Schüler auch abreagieren können. Nach dem Aufwärmen und Partnerübungen ohne "Geräte" dürfen sie deshalb in jeder Stunde auch auf Sandsäcke und Tatzen einschlagen, um durch eventuellen "Schulfrust" angesammelte Aggressionen abzubauen. Seilspringen, Schattenboxen und Gymnastik gehören ebenso zum Boxtraining. Schließlich soll auch die allgemeine Fitness trainiert werden. "Dass Boxen eine Sportart ist, die alle Aspekte der Kondition, besonders Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer fördert, dürfte bekannt sein", stellte der angehende Lehrer fest. Zu Beginn des Projekts haben die Schüler ein festes Regelwerk ausgearbeitet. Die Gruppe kommt vor jeder Übung zusammen, um die wichtigsten Regeln mithilfe von Schaubildern an den Wänden zu wiederholen. Während jeder Sportstunde müssen einige Schüler ein Stundenprotokoll erstellen, außerdem wird das Training mit der Kamera begleitet. "Ich finde es sehr anstrengend. Aber es ist in Ordnung", meinte der Schüler Sven Hollerieth. Die Meinungen seien sehr unterschiedlich, so ein Protokollant. Es gibt Jungen, die mit der Sportart Boxen überhaupt nichts am Hut haben. Für diese Schüler ist der außergewöhnliche Sportunterricht, in dem ganz normal benotet wird, kein besonderer Anreiz.

"Das Projekt ist natürlich stark an die Lehrkraft gebunden. Trotzdem werden wir das Projekt gemeinsam mit den Schülern evaluieren. Es könnte sein, dass die Ziele nicht erreicht wurden. Aber wenn alle Regeln, die wir aufgestellt haben, eingehalten wurden und die Resonanz positiv ist, wäre es durchaus denkbar, eine Arbeitsgemeinschaft zu gründen", so Krieger. Wer solch eine AG leiten könnte, ist jedoch unklar. Graichen ist die einzige Lehrkraft mit einer Lizenz als Boxtrainer. Nach seinem Referendariat kann es sein, dass er nicht weiter an der Kurpfalz-Realschule unterrichtet.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung