Schriesheim im Bild 2023

22.12.2004

Drei Mädchen treiben PISA aus dem Schulhaus

Glänzende Leistungen beim Vorlesewettbewerb der Realschule - Laura Völpel Schulsiegerin

Schriesheim. (doro) "Vor etwa 50 Jahren saß ich auf dem selben Platz wie ihr. Und ich habe nur schöne Erinnerungen daran. So ein Erlebnis bleibt eben für immer im Gedächtnis", sagte Hans-Jürgen Krieger, Direktor der Kurpfalzrealschule, der damit versuchte, die Schülerinnen zu beruhigen. Ziemlich aufgeregt waren sie nämlich, die drei Mädchen aus den sechsten Klassen der Kurpfalz-Realschule in Schriesheim, als sie am Freitagmorgen zum Vorlesewettbewerb des "Deutschen Buchhandels" in der Stadtbibliothek erschienen. Katja Nassauer (6a), Svenja Siegwart (6b) und Laura Völpel (6c) wurden beim Vorlesewettbewerb in ihren Klassen zu den Favoritinnen gewählt. An diesem Morgen ging es also darum, wer von ihnen diesjährige Schulbeste wird.

Die drei Schülerinnen mussten sich vor einer siebenköpfigen Jury präsentieren. Dieser fiel die Entscheidung in diesem Jahr sehr schwer, denn die Leistungen der Leserinnen lagen ziemlich nahe beieinander. Natürlich waren die beiden Deutschlehrerinnen Stefanie Innocente und Gabriele Uhl genauso dabei wie der Deutschlehrer Boris Borkowski. Außerdem beurteilte neben dem Realschuldirektor auch Thomas Michael von der Stadtbibliothek das Vorlesevermögen.

Dann ging es auch schon los. Nachdem jede Schülerin ihr Buch mit ein paar Sätzen kurz vorgestellt hatte, begann sie mit dem Vorlesen der zu Hause eingeübten Textstelle. Katja war als Erste an der Reihe und trug ihren Text aus dem Buch "Hell leuchtet der Weihnachtsstern" von den Herausgebern Ulrich Maske und Ute Krause mit einer überzeugenden Darstellung vor. Sie sprach laut und betont und machte während ihres Vortrages keinen Fehler.

Bei Svenja sah das schon etwas anders aus. Sie hatte sich das Buch "Blueprint, Blaupause" von Charlotte Körner ausgesucht. In der Textstelle ihres fiktiven Romans liegt die Mutter eines geklonten Kindes im Sterben, deshalb las sie den Text in einer gedämpften Stimmung.

"Julie von den Wölfen" lautet der Titel des Buches von Jean Craighead George, das sich Laura ausgesucht hatte. Mit ganz zarter Stimme schilderte sie den Zuhörern die Situation eines Mädchens, das mit einem Rudel Wölfen aufgewachsen ist.

Ihre Kür hatten die drei Mädchen erfolgreich überstanden, aber der schwierigere Teil, das Vorlesen eines unbekannten Textes, stand noch vor ihnen. Gabriele Uhl stellte das Buch "Einen Papa hab ich auch" von Christine Nöstlinger kurz vor und las eine Passage aus dem Text vor. So konnten sich die Schülerinnen schon einmal auf den Schreibstil der Autorin einstellen. Der zweite Durchgang fand wieder in der selben Reihenfolge statt. Doch diesmal schafften sie es kaum, den Text flüssig und angemessen betont vorzutragen, was wohl nicht nur an ihrer Nervosität gelegen hat.

Der Unterschied zwischen bekanntem und unbekanntem Text war also ziemlich auffällig. Nur eine der drei Sechstklässlerinnen machte auf die Jury einen guten Eindruck: Laura Völpel. Ihren eigenen Text trug sie nicht sehr überzeugend vor, jedoch konnte sie beim Buch von Christine Nöstlinger glänzen. Sie machte kaum Fehler und verstand es, die lustigen Situationen im Buch mit Witz wiederzugeben.

Zwar hatte auch sie mit dem Finger gelesen, in der sechsten Klasse ist das eigentlich kein Thema mehr, bei den anderen war das aber nicht anders. "Darauf habe ich beim Lesen in der Klasse gar nicht geachtet", meinte Stefanie Innocente. Auch den anderen Lehrkräfte sei dies nicht aufgefallen.

Nach kurzem Beraten und einer Abstimmung wurden die Mädchen wieder dazu gerufen. "Es ist uns heute wirklich schwer gefallen. Aber wir mussten uns für eine von euch entscheiden. Euren Text habt ihr alle gut vorgetragen, aber über den fremden Text seid ihr ein wenig gestolpert. Laura hat das am besten gemacht, deshalb haben wir sie zur Schulsiegerin erklärt", verkündete Krieger. Nachdem alle ihren Preis für die Klassensiegerin bekommen hatten, überreichte Krieger Laura einen weiteren Gutschein. Außerdem darf sie am nächsten Vorlesewettbewerb auf Kreisebene mitmachen.

"Ich glaube, man kann mit ihr noch viel üben, vor allem was den Vortrag des eigenen Textes angeht. Aber in der Konkurrenz geht es besonders darum, dass der unbekannte Text gut gelesen wird", beurteilte Gabriele Uhl den Ausgang des Wettbewerbs.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung