Schriesheim im Bild 2023

01.04.2005

Jetzt hat Schriesheim das "Moulin Rouge"-Problem

Jetzt hat Schriesheim das "Moulin Rouge"-Problem

Bordell-Investoren nehmen Abstand von Weinheims Hildebrand'scher Mühle und liebäugeln mit Berg-Firmengelände - Riehl: "Kommt nicht in Frage"
Die potenziellen Betreiber wollen am Konzept einer "bordellähnlichen Einrichtung" festhalten. Das Berg-Gelände sei "interessant für unsere Bedürfnisse". Foto: Dorn

Schriesheim/Weinheim. (bu) Das geplante Großbordell in Weinheims Hildebrand'scher Mühle wird es nicht geben. Die Investoren aus Bad Homburg wollen sich zurückziehen, wie die RNZ erfuhr. Nach den Querelen um den Standort in Weinheim suchen sie bereits seit Wochen nach einer Alternative. Sie scheinen fündig geworden zu sein. In Schriesheim. "Das Gelände der ehemaligen Nährmittelfabrik Georg Berg ist interessant für unsere Bedürfnisse", bestätigte ein Sprecher der Investorengemeinschaft, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er wohnt in Schriesheim.

Aus Kreisen der potenziellen "Mühlenbetreiber" aus Bad Homburg hieß es zum Scheitern des Projekts in Weinheim: "Wir haben keine Lust mehr. Der Widerstand der Bevölkerung hat unsere Standhaftigkeit erschlaffen lassen. Wir ziehen uns zurück". Ohne Zweifel ein Erfolg für das "Bündnis für Weinheim" um Hans Bayer, dessen Flugblatt gegen die Puff-Idee bereits bei der katholischen Frauenfastnacht in Weinheim die Runde machte. Für Schriesheims Berg-Gelände will man das Betreiber-Konzept übernehmen, das für die Hildebrand'sche Mühle vorgesehen war. Es soll eine nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführte "bordellähnliche Einrichtung mit Sauna und Wellness-Landschaft inklusive sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt" sein. So klingt es im Amtsdeutsch des Bauantrags.

Dieser liegt der Stadt Schriesheim seit gestern vor. "Kommt ja überhaupt nicht in Frage", so Peter Riehls erste Reaktion auf das Baugesuch. Es sieht neben dem "Wellness-Bereich" die Schaffung von 30 so genannten "Ruheräumen" in drei Stockwerken vor. Neben einem Bar- und Bistrobereich samt Liegewiese soll auch eine Bühne in einer Art Lounge platziert werden. Die Investitionssumme soll bei mehreren Millionen Euro liegen.

Der Bürgermeister hat die Vorgänge in Weinheim genau verfolgt und war sich gestern dennoch sicher: "Das bekommen die bei uns nie durch". Die Rechtslage in Sachen Berg-Gelände sei eine ganz andere als in Bezug auf die Hildebrand'sche Mühle. Riehl dazu: "Das Gebäude der alten Nährmittelfabrik wird ja noch genutzt, etwa für kulturelle Zwecke. Da gibt es Mietverträge, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Eigentümer ihre Räume an solche Leute jemals vermieten würden. Außerdem sind die Einrichtungen Talhof und Stammberg nicht weit weg von hier".

Die Eigentümer waren gestern nicht erreichbar. Auch die Kirchengemeinden wollen dagegen halten, kündigte Lothar Mößner, Pfarrer der evangelischen Ost-Pfarrei, an. Claudia Nagelstein regte darüber hinaus die Gründung der "Bürger-Union für Moral und Sitte Schriesheim" an. Sie möchte sich dafür bei Hans Bayer informieren, wie er sein "Bündnis für Weinheim" aufgezogen hat: "Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, alleine schon im Interesse der Anwohner im Umfeld der Strahlenberger Straße". Mößner und Nagelstein begrüßten die Haltung Riehls: "Wir sind froh, dass Schriesheim hier an einem Strang zieht". Positive Signale haben beide bereits auch von Seiten der im Gemeinderat vertretenen Parteien erhalten. Die Investoren können sich also auch in Schriesheim auf geballten Widerstand einstellen.

"Wir agieren diskret"
Darüber wunderte sich ihr Sprecher gestern dann doch: "Komisch. Ich dachte immer, die Schriesheimer sind so tolerant". Er will sich nicht hängen lassen, Überzeugungsarbeit leisten und Zweifel ausräumen: "Unser Konzept wird weder das Wohnumfeld, noch den Ruf der Stadt beeinträchtigen. Wir agieren diskret. Dafür ist die Lage des Geländes ideal". Er scheint Unterstützer in den Kreisen des politischen Nachwuchses an der Bergstraße zu haben. In einer Pressemitteilung, die der RNZ vorliegt, heißt es: "Man sollte nicht außer Acht lassen, dass ein solcher Betrieb durchaus auch Gewerbesteuer bringt". Für Schriesheims jüngste Haushalts-Entwicklung ein interessanter Aspekt.

Aber es gebe eben durch das Bordell auch mehr Verkehr auf der Talstraße durch die an- und abfahrenden Freier, wie Wilhelm Weidner von der Talstraßen-Initiative befürchtet. Fazit: Der Widerstand in Schriesheim gegen das Großbordell wird nicht geringer sein als in Weinheim. Im Gegenteil.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung