Schriesheim im Bild 2023

19.07.2005

„Der Erfolg gibt uns Recht“

Heute vor 75 Jahren wurde die Winzergenossenschaft gegründet – Friedrich Ewald im Gespräch

Schriesheim. (cab) Friedrich Ewald ist seit 1978 im Vorstand der Schriesheimer Wein- und Vertriebsgenossenschaft. Dort war er Aufsichtsratschef, bevor er 1980 zum Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde. In Personalunion bekleidet Ewald seit 1988 auch das Amt des Vorstandschefs der Winzergenossenschaft. Er folgte Walter Sandel nach, der 1987 verstarb. Die RNZ sprach mit Ewald über den Stand der Dinge in der Winzergenossenschaft, 75 Jahre nach deren Gründung – und über die Zukunft des Weinbaus in Schriesheim.
Herr Ewald, wo wird die Winzergenossenschaft in 75 Jahren stehen?

Es ist schwer, so weit in die Zukunft zu schauen. Es wird auf jeden Fall noch eine Winzergenossenschaft geben. Weil so ein Betrieb für den Erhalt des Weinbaus an der Bergstraße nötig sein wird.


Heute feiert die Winzergenossenschaft ihr Jubiläum mit den Kunden im Laden. Foto: Dorn
Und wo steht die WG heute?

Sie steht in einer neuen Blüte! Wir haben in den vergangenen Jahren einige Innovationen umgesetzt. Bei Rebsorten, die vorher noch nicht in Schriesheim angebaut wurden, fängt es an. Es geht weiter mit neuen Wegen des Marketings, die wir so vorher nicht beschritten haben. Und das endet bei der enormen Qualität der Weine. Diese beginnt bei der besseren Bewirtschaftung der Weinberge durch unsere Mitglieder, die Winzer. Dann haben wir einen Geschäftsführer (Harald Weiss, Anm. d. Red.), der die Qualität im Weinberg begleitet. Und mit Kellermeister Kaufmann haben wir im Badischen Winzerkeller Breisach einen langjährigen Begleiter. Durch dieses Zusammenspiel gelingt es uns, hervorragende Weine zu präsentieren.

„Wir halten mit Qualität dagegen“
Die Mitgliederzahl der WG sank im vergangenen Geschäftsjahr von 327 auf 293. Ist das ein Problem?

Die Zahl der Mitglieder hat in unserer Branche nicht zwangsläufig etwas mit dem Geschäftserfolg zu tun. Insofern ist das kein Problem. Viel wichtiger ist, dass die Anbaufläche vergrößert wurde. Außerdem handelte es sich bei den Austritten nicht um Winzer, die etwa andere Vermarktungswege eingeschlagen haben, sondern die Bewirtschaftung ihrer Weinberge aufgaben oder leider verstorben sind.
Sie haben kürzlich gesagt, dass es jetzt „erstmal wieder gut“ sei mit neuen Rebsorten. Wie muss künftig die Gratwanderung zwischen Trend und Tradition aussehen?

Wir haben Sauvignon Blanc, Chardonnay, St. Laurent und Dornfelder nur mit Bedacht in die Anbauflächen genommen. Denn nicht alles, was man gerne hätte, kann auch gut vermarktet werden. Und zum Beispiel erlebt ja der Riesling eine Renaissance. Auf Kontinuität zu setzen, sich zugleich aber neue Kundenkreise erschließen: Das bleibt in Zukunft der richtige Weg. Letztendlich entscheidet aber nur die Qualität unserer Produkte.
Spanier und Italiener können ihre Weine mit Urlaubsgefühlen verkaufen. Chic sind Weine aus aller Welt. Fehlt manchmal die Wertschätzung für das Produkt, das vor der Haustür wächst?

Die ausländische Konkurrenz macht uns schon Sorgen. Aber auch hier gilt: Wir halten mit Qualität dagegen. Mich stört, dass es oft an Ahnung vom Wein fehlt. Und an unvoreingenommener Aufgeschlossenheit. Wer Wein differenzierter betrachtet, wird die Qualität zu schätzen wissen und erst dann Herkunft und Namen. Wir gehen da als kleine aber feine Firma unseren Weg. Der Erfolg gibt uns Recht.
Sind Sie enttäuscht, dass die Rebflurbereinigung nicht im Jubiläumsjahr beginnt?

Wir freuen uns, dass es sie überhaupt geben wird – zu 99,9 Prozent zumindest. Diese Freude ist größer als die kleine Enttäuschung. Aber es ist ja nicht alleine an der Winzergenossenschaft, die Rebflurbereinigung zu fördern und mitzugestalten. Wir haben sie immer begrüßt. Aber wir haben zum Beispiel nicht ein Grundstück am Kuhberg. Sondern unsere Mitglieder. Wir sind also nicht verfahrensbeteiligt! Das wird oft in der Diskussion etwas falsch dargestellt. Jeder, der dort also ein kleines Grundstück hat, der hat im Verfahren mehr Rechte als wir. Wir wurden nur um unsere Meinung gebeten. Und uns geht es um den gesamten Schriesheimer Weinbau.
Mal theoretisch gefragt: Was würde denn, wenn es die Rebflurbereinigung nicht gäbe?

Ohne die Rebflurbereinigung wären in fünf bis zehn Jahren nur noch ein paar Idealisten da oben, um die Weinberge zu bewirtschaften. Die Postkarten- und Kulturlandschaft wäre weg. Die Hänge würden versteppen. Das geht ganz schnell. Käme die Rebflurbereinigung doch nicht, dann wäre das eine Erschütterung für den Weinbau in Schriesheim.

„Für uns ist die Rebflurbereinigung wirtschaftlich überbrückbar“
Wann kann man denn nach den Arbeiten der Rebflurbereinigung wieder mit Ertrag rechnen?

Nach drei Jahren gibt es den ersten Ertrag, nach vier Jahren wieder einen Vollertrag. In der Zwischenzeit wird normal bewirtschaftet. Für uns ist die Rebflurbereinigung wirtschaftlich überbrückbar.
Ungehobelte Frage zum Schluss: In welchen Momenten bevorzugt der Vorstandsvorsitzende der Winzergenossenschaft eigentlich ein Bier?

Vor allem nach dem Sport! Und auf meinen alljährlichen Bergtouren im Berchtesgadener Land. Dann trinke ich auf der Hütte am liebsten ein Weißbier.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung