Schriesheim im Bild 2023

07.01.2006

„Wir werden nicht auf Konfrontation mit Höfer gehen“

Der Ortsvereinsvorsitzende der Freien Wähler und Zweite Bürgermeisterstellvertreter, Heinz Kimmel, zieht eine Bilanz der Bürgermeisterwahl

„Viele Bürger fragen mich, wie das passieren konnte“, sagt Heinz Kimmel. Von Carsten Blaue

Schriesheim. Es habe ihm schon weh getan, wie sich manche seiner Freien Wähler vor der Bürgermeisterwahl öffentlich zu Hansjörg Höfer bekannt haben, gesteht Heinz Kimmel. Der Ortsvereinsvorsitzende und stellvertretende Fraktionschef im Gemeinderat der FW sowie Zweite Bürgermeisterstellvertreter resümiert im RNZ-Interview den Wahlausgang, würdigt die Verdienste von Bürgermeister Peter Riehl und sagt: „Jetzt muss sich zeigen, ob ein Bäckermeister das auch kann.“

Herr Kimmel, ist denn knapp drei Wochen nach der Bürgermeisterwahl und dem für Sie enttäuschenden Ausgang wieder etwas Ruhe eingekehrt bei den Freien Wählern?
Ja, das kann man so sagen. Für uns war die Wahl ja fast schon ein Debakel. Dass wir den fachmännisch besseren Kandidaten nicht durchbekommen haben, ist auch jetzt noch eine Enttäuschung. Wir haben Peter Rosenberger von Anfang an unterstützt. Wir kannten ihn ja schon seit der Absage Georg Wackers. Danach gab es Vorgespräche, in denen Rosenberger bereits erste Vorstellungen zu Schriesheims Zukunft äußerte und erläuterte, warum er Bürgermeister werden möchte. Mit ihm hatten wir einen Kandidaten von auswärts und mit Volker Arras einen Schriesheimer, die sich bei uns um die Nominierung bewarben. Und hier sprach das Ergebnis ja eindeutig für Rosenberger.

Warum hat es für ihn doch nicht gereicht bei der Wahl?
Höfer hat in den drei Wochen zwischen den Wahlgängen schon gepowert. Die Position als „Schriesemer Bub“ hat da eindeutig gezogen. Außerdem haben die Grünen zum Schluss zusammengehalten.

Obwohl sich Hansjörg Höfer als unabhängiger Kandidat verstand.
Das mit der Unabhängigkeit hat ihm doch keiner geglaubt. Er hat seine politische Herkunft ja auch zugegeben, wenn man ihn auf die Gemeinderatsarbeit ansprach. Aber wir wollen hier keine schmutzige Wäsche waschen. Höfer und ich, wir sind ja beide „Schriesemer Buben“. Ich habe ihm noch am Wahlabend alles Gute gewünscht.

Ist nicht auch ein Grund für Rosenbergers Niederlage, dass die Freien Wähler am entscheidenden Wahlsonntag nicht ganz geschlossen hinter ihm standen?
Also, zunächst mal möchte ich klarstellen, dass wir Rosenberger hundertprozentig unterstützt haben im Wahlkampf. Dass ihn dann nicht alle von uns gewählt haben – mein Gott, das sind eben die Freien Wähler. Dass sich manche von uns aber ganz öffentlich zu Höfer bekannt haben im Vorfeld der Wahl, das hat mir als Ortsvereins-Vorsitzendem schon sehr wehgetan. Ich denke aber, wir sollten nicht den Schwarzen Peter irgendwo hinschieben. Viele kommen jetzt hinterher und geben Tipps, wie man es hätte besser machen können. Sie hätten vorher ihren Mund aufmachen sollen. Schon vor acht Jahren haben viele von uns gesagt: Warum nicht mal einen von außen? Jetzt haben wir es versucht, und es ist schief gegangen.

Wie beeinflusst das Wahl-Ergebnis die künftige Arbeit der Freien Wähler im Gemeinderat?
Wir werden nicht auf Konfrontation mit Höfer gehen, sondern in guter Zusammenarbeit mit ihm und zum Wohle der Bürger unserer Stadt die Sacharbeit erledigen. Wir werden unsere Politik konsequent fortsetzen und gemeinsam mit dem künftigen Bürgermeister Probleme lösen.

Ihr Fraktionschef Friedrich Ewald hat angekündigt, den CDU-Antrag zur Haushaltsverschiebung zu unterstützen. Hätte es diese Unterstützung auch gegeben, wenn der neue Bürgermeister Rosenberger heißen würde?
Ich glaube schon, dass der Antrag auch in diesem Falle gekommen wäre und wir ihn mitgetragen hätten. Denn wir haben mit dem Haushalt wirklich Probleme. Und zu wenig Zeit für die Beratungen – gerade jetzt in den Weihnachtsferien. Durch die Feiertage und die Urlaubszeit kam es dazu, dass wir diese Woche überhaupt erstmals alle zusammen bekamen, um den Haushalt zu besprechen. Und einmal treffen reicht nicht. Da muss man schon öfter beraten in der Fraktion.

Herr Ewald sprach von der Chance für Herrn Höfer, dem Haushalt noch eigene Schwerpunkte geben zu können.
Ja, die Chance hat er. Der Kämmerer (Volker Arras, Anm. d. Red.) wird dabei wohl seine große Stütze sein. Wenn ich als Gärtner da oben säße, könnte ich den Haushalt auch nicht ohne Hilfe machen.

Haben Sie die Wahl intern im Ortsverein schon abgehakt oder liegt die Verarbeitung noch vor Ihnen?
Wir haben bewusst noch keine interne Aussprache gemacht, um erstmal etwas zeitlichen Abstand zur Wahl zu finden. Aber in der nächsten Vorstandssitzung, bei der auch die Fraktion dabei ist, wird die Bürgermeisterwahl ein Thema sein. Man macht sich ja schon Gedanken: Was habe ich, was haben wir falsch gemacht? Viele Bürger fragen mich, wie das passieren konnte.

Vielleicht waren sich manche nach dem ersten Wahlgang einfach zu sicher.
Ich persönlich habe nach dem ersten Wahlgang gesagt: Die fünf Prozent der Stimmen kriegen wir auch noch. Bis dahin dachte ich, dass es reichen müsste. Als mir aber bewusst wurde, dass es nur um 600 Stimmen Abstand geht, da war mir klar: Wir müssen arbeiten. Ich habe dann immer den Ball flach gehalten und gesagt, dass die Wahl noch nicht gewonnen ist.

Herr Riehl hat in einem Interview gesagt, durch den Wahlausgang werde sein Lebenswerk beeinträchtigt. Ist das nicht eine zu pessimistische Einstellung?
Seine Verdienste werden bestehen bleiben. Er hat Schriesheim dahin gebracht, wo die Stadt heute ist. Jetzt muss sich zeigen, ob ein Bäckermeister das auch kann. Dass Riehl verärgert ist, kann ich schon verstehen. Er hätte mit einem Verwaltungsmann als Nachfolger besser leben können. Aber die Schriesheimer haben nun mal einen Schriesheimer gewählt. Fertig, aus!



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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung