Schriesheim im Bild 2023

29.06.2007

„In den Floss sich das arme Mägdlein schmoss"

(nip) Ein lauer Abend unter der Linde, ein Gläschen Wein, leckere Häppchen, die Leib und Seele zusammenhalten. Eine gute Mischung, die für ebenso gute Laune sorgt. Der Kammerchor Schriesheim und das "Salonorchester" machten diesen Abend noch viel besser: Ihre Serenade vor dem Zehntkeller (in den man sich bei Regen geflüchtet hätte) und unter der Linde im Schulhof, bescherte einem großen Kreis von Musikliebhabern entspannende und schöne Stunden, ganz im Sinne der italienischen Bedeutung des Wörtchens "sereno", was so viel wie "heiter" und "ausgeglichen" heißt.
Und dem Charakter des Abendliedes, der Serenade also, überhaupt nicht zuwiderlaufen muss. Denn auch wenn sich im ausgefallenen Programm ein ganzer Themenblock mit "Sad Love Songs" befasste, so wurde man vom Charakter der Renaissance-Lieder zwar bewegt, aber nicht betroffen.
Markus Karch, Leiter des Kammerchors, fand es nahezu "überraschend", das Abendkonzert im Freien anbieten zu können. Das hatte am Tag zuvor noch ganz anders ausgesehen. Erstaunlich war auch die Auswahl der Stücke, denn sie spiegelten eine an und für sich divergierende Mischung aus dem Unterhaltungsrepertoire des "Salonorchesters" mit seinen Solisten Maria Karch (Violine), Christoph Becker (Sax, Percussion), Markus Karch (Klavier) und Christian Dell’Andrea (Kontrabass) sowie aus dem breit gestreuten Fundus des Chors wider. Karch schuf daraus eine Komposition aus Thema, Text und instrumentalen Improvisationen, die zweierlei vermochte: Zum Einen gab sie Einblick in das anspruchsvolle Schaffen von Chor und Orchester, zum Anderen forderte, aber überforderte sie das Publikum in keiner Weise. Eine "Valse Violette" von Tillo Schlunck zog sich zunächst als Opener, später auch in Variationen durchs Programm. Ein guter Einfall. Nicht häufig zu hörende, aber dennoch hörenswerte Kleinode der Musik fanden sich dabei immer wieder.
Im Block "Französisch" dominierte anspruchsvolle Chormusik, die an frühe Choralgesänge erinnerte. Renaissancelieder und ihre Reminiszenzen aus dem 20. Jahrhundert im dritten Teil "Abschied", wo aber auch die volkstümliche Moritat von "Herr Hadubrandt" höchst heiter Platz fand. Gelächter im Rund bei der Zeile: "In den Floss sich das arme Mägdlein schmoss". Das Orchester spielte schaurige Takte dazu. Ein liebreizender Sopran in "Scheiden von Lieb" war ergreifend. Wehmut kam auf beim Seefahrerlied "Farewell" eines unbekannten Verfassers aus dem 16. Jahrhundert. Liebesleid und Liebesfreud, wobei die traurigen Titel den größten Anteil ausmachten, trübten nicht die Laune, zumal die kleinen Stückchen ohnehin ein musikalischer Genuss waren.
Und dann gab’s zum Abschluss auch noch "Nonsense Songs" – unter anderem mit dem österreichischen Komponisten Ralph Benatzky, der den Büsumer Keuschheitsverein erfand. Gute-Laune-Songs für den Nachhauseweg, den viele gar nicht so schnell antreten mochten.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung