Schriesheim im Bild 2023

14.11.2007

„Ich habe dabei nicht geweint"

Von Carsten Blaue

Werner Fath steht auf einem aufgeschütteten Erdhügel im Kuhberg und schaut hinunter auf eine Fläche, die nicht mehr aussieht wie ein Weinberg. Die Erdbaufirma Schwörer hat das etwa 20 Ar große Geländestück bereits mit Bagger und Raupe planiert. Es gehört zum zweiten, rund sechs Hektar großen Bauabschnitt der Rebflurbereinigung. Nur noch braune Erde ist dort zu sehen, wo mal der Wingert war. Vor Wochen hat Fath hier noch Riesling-Trauben für den Jahrgang 2007 gelesen. Es sollte der letzte Ertrag sein für diesen Weinberg. Im Oktober hat Fath ihn gerodet, "und ich habe dabei nicht geweint", so der Vollerwerbslandwirt aus dem Leutershausener Schwanenstein.

Obst baut Fath an. Und eben Wein. Den Tabakanbau hat er dieses Jahr aufgegeben. Immerhin wuchs der Burley auf vier Hektar Fläche. Die Weinberge, die Fath bewirtschaftet, sind insgesamt rund zehn Hektar groß und befinden sich schön verteilt zwischen dem Heidelberger Heiligenberg und Großsachsen. Davon sind gut drei Hektar Spätburgunder, zwei Hektar Weißburgunder, gut 150 Ar Müller-Thurgau und dreieinhalb Hektar Riesling. 150 Ar dieser Sorte liegen im zweiten Teilbereich der Rebflurbereinigung.

Fath ist davon überzeugt, dass die Terrassierung der Weinberge in den Steillagen südlich der Strahlenburg richtig ist – gerade, weil sie leichter zu bewirtschaften sind als die Lagen im Direktzug. Er wolle ja schließlich auch noch mit 65 Jahren in den Weinbergen arbeiten können, sagt der Landwirtschaftsmeister. Schließlich lebt er von dieser Arbeit.

Die Rieslingreben des rund 20 Ar großen Wingerts, den die Arbeiter der Firma Schwörer mit ihrem schweren Gerät schon eingeebnet haben, standen mitten im Leben, wie es der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft, Harald Weiss, formuliert. Im Jahr 1993 hatte Fath den Weinberg angelegt. Gute Erträge brachte dieser bis zuletzt. Dennoch räumte ihn der bekannte Landwirt aus Schriesheims Nachbarschaft gerne: "Man muss Kompromisse machen und sich fragen, ob man sich plagen oder lieber weiterkommen will." Fath, dessen Vater Werner Fath senior im September 1976 Mitglied der Winzergenossenschaft wurde, setzt auf die Zukunft.

Nachdem die dieses Jahr so frühe Weinlese der Genossenschaft am 5. Oktober abgeschlossen war, begann das Roden der Weinberge im Gebiet der Flurneuordnung im Kuhberg. Allerdings sind die Rebzeilen noch nicht aus allen betroffenen Weinbergen verschwunden. Bei Fath ist das anders.

Etwa 25 Arbeitsstunden brauchte er, bis die Rieslingstöcke aus dem 20 Ar großen Weinberg entfernt waren. Zuerst schnitt Fath das einjährige Holz von den Reben, damit er anschließend die Drähte vom Drahtrahmen leichter einrollen konnte. Zuvor mussten von den Holzpfosten noch die Klammern entfernt werden, in denen der Draht befestigt und eingespannt war.

Danach hat er die Rebstöcke unter der Veredlungsstelle abgehackt. Im Normalfall wird der Stock samt der Wurzel aus dem Erdreich gezogen. Doch diese Arbeit sollten die Maschinen bei der Planie erledigen. Schließlich zog Fath die Pfosten aus der Erde. Er ließ das abgeschnittene Rebholz auf dem Boden liegen. Auch das war eine Ausnahme. Gewöhnlich wird es verbrannt oder gehäckselt.

Vergangene Woche kamen dann die schweren Geräte von Schwörer und begannen, das Erdreich zu schieben. Die Rebhänge werden bis ins Frühjahr hinein auf die Terrassierung vorbereitet, die selbst nur etwa zwei Wochen dauern wird. Zur Modellierung des Kuhbergs gehören auch neue Wege zwischen den Weinbergen, die jetzt ebenfalls angelegt werden.

Spätestens im April nächsten Jahres muss Schwörer fertig sein. Dann beginnt die Nistzeit im Vogelschutzgebiet, zu dem auch der Kuhberg gehört. Wenn alles klappt, werden im Mai die neuen Reben im zweiten Teil der Rebflurbereinigung gepflanzt. Dann wird auch Fath wieder seine Weinberge bekommen und sie bestocken. Natürlich mit Riesling.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung