Schriesheim im Bild 2023

01.07.2003

Braucht Schriesheim noch eine Spielhalle?

Ausschuss für Technik und Umwelt musste gestern Abend die Bauvoranfrage durchwinken - Skepsis gegenüber Landschaftsbau-Betrieb.

Schriesheim. (ron) Schriesheim braucht keine zweite Spielhalle, darin waren sich die Gemeinderatsmitglieder des Ausschusses für Technik und Umwelt gestern Abend einig. Aber verhindern wird man das Etablissement im Gewerbegebiet auch nicht können.

Nur die Grünen Hansjörg Höfer und Christian Wolf hoben bei der Abstimmung gegen eine neue Spielhalle die Hand. Alle anderen Stadträte folgten der Einschätzung von Vizebürgermeister Siegfried Schlüter, der als Sitzungsleiter achselzuckend erklärt hatte: "Ob so eine Einrichtung uns nun passt oder nicht, wir können sie im Prinzip nicht ablehnen, weil sie nach dem Bebauungsplan zulässig ist." Auch FWV-Stadtrat Heinz Kimmel ergänzte: "Wir haben nur baurechtlich zu entscheiden und können gar nicht ablehnen." Aber Schlüters "im Prinzip" wollten die Grünen nicht gelten lassen. "Wir haben uns schon immer die Freiheit genommen", erklärte Christian Wolf, "nicht nur baurechtlich, sondern auch politisch zu entscheiden, und finden, dass dort keine Spielhalle hingehört." Grundsätzlich sei den Anwohnern kein Autoverkehr bis Mitternacht zuzumuten. Im Übrigen, so Höfer, habe seine Fraktion ja neulich eine Bebauungsplanänderung für das Gewerbegebiet beantragt, mit der eine solche Nutzung nicht mehr zulässig wäre. Höfer: "Wenn unser Antrag durchgegangen wäre, bräuchten wir uns mit diesem Bauvorhaben jetzt gar nicht zu beschäftigen." Jetzt hatten die Räte aber keine andere Wahl. Die Spielhalle soll im Spännigweg 6 (unser Foto) als Anbau an ein bereits bestehendes Geschäftsgebäude entstehen.

Schärfer ging der Ausschuss mit dem Antrag der Garten- und Landschaftsbaufirma Schmitt ins Gericht. Grund: Die Firma beantragte (nachträglich, wohlgemerkt) einen Container-Anbau an eine Holz-Lagerhütte, die inmitten einer Apfelbaum-Plantage nördlich des Bauhofs steht (des ehemaligen Obsthofs Scharf, der mittlerweile von Werner Volk aus Leutershausen bewirtschaftet wird). Die Crux, eigentlich: dort zu bauen, ist eigentlich privilegierten landwirtschaftlichen Betrieben vorbehalten. Dazu zählt ein Gartenbaubetrieb eigentlich nicht. Stadtrat Heinz Kimmel, selbst Gärtnermeister, erklärte: "Nur wer 70 Prozent seiner Ware selbst erzeugt, gilt als privilegierter Betrieb." Diese Klausel will die Firma erfüllen, in dem sie eine eigene kleine Baumschule neben dem Gebäude geltend machen will. Diese Methode schien aber der großen Mehrheit im Ausschuss eine Finte. "Eine billige Ausrede", bewertete CDU-Stadtrat Paul Stang. Er ärgere sich "wahnsinnig, wenn man eine landwirtschaftliche Halle einfach so als Gewerbe umnutzen kann". Und Heinz Kimmel zweifelte am Sachverstand der Landwirtschaftsbehörde: "Ich weiß nicht, welche Maßstäbe da gelten." Hansjörg Höfer unterstellte dem Bauherrn, "so die teuren Grundstückspreise umgehen" zu wollen, und sein SPD-Stadtratskollege Rainer Dellbrügge schimpfte: "Ein Gewerbeneubau durchs Hintertürchen." Selbst CDU-Stadtrat Schlüter bekannte als Sitzungsleiter gegenüber den Kollegen: "Mein Herz schlägt mit Ihnen, obwohl die Behörden die Verwaltung anleiten, anders zu entscheiden." Gemeinsam mit Ludwig Jäck (CDU) enthielt er sich der Stimme.

Im Großen und Ganzen zeigte sich der Ausschuss gestern Abend aber recht großzügig. Manchen Anwohnern sogar zu großzügig - wenn man von vier neuen Reihenhäusern in der Passein absieht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung