Schriesheim im Bild 2023

26.08.2003

"Müssen noch mehr in die Tiefe gehen"

RNZ-Sommerinterview mit Hans-Jürgen Krieger, dem SPD-Fraktionschef im Schriesheimer Gemeinderat.

Von Roland Kern

Schriesheim. Im RNZ-Sommerinterview äußert sich SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger über die Themen und Ziele seiner Partei.

Herr Krieger, im RNZ-Sommerinterview hat Bürgermeister Peter Riehl die SPD im Schriesheimer Gemeinderat als "unterrepräsentiert" bezeichnet. Hat Sie diese Aussage verwundert?

Diese Aussage hat mich deshalb nicht verwundert, weil ich Herrn Riehl als kenntnisreichen Beobachter der gesellschaftlichen und politischen Situation in der Stadt kenne. Er hat Recht. Unser Ziel ist es, dies zu ändern.

Aber wie?

Ich könnte jetzt banal sagen: wir müssen bei den nächsten Wahlen besser abschneiden. Aber konkret sehe ich zwei Hebel: Da ist zum einen die Personenkonstellation und zum anderen die Verdeutlichung der Politik der SPD und dessen, was wir geleistet haben. Das ist nämlich eine ganze Menge.

Welches sind Ihre großen Themen für das zweite Halbjahr in der Schriesheimer Kommunalpolitik?

Zum einen ist das laufende Geschäft zu erledigen. Vor allem das Baugebiet Nord, das nun vollzogen wird. Wir haben deutlich gemacht, dass wir das Neubaugebiet zum jetzigen Zeitpunkt nicht für gerechtfertigt halten, verschließen uns jedoch nicht bei der Ausgestaltung, nachdem es demokratisch entschieden worden ist. Im Übrigen hat sich unsere Kritik bestätigt, dass die Umlegung nach Fläche und nicht nach Wert ein Fehler gewesen ist. Für die Stadt und die infrastrukturellen Folgekosten bleibt nur noch wenig. Das andere große Thema ist die Frage des Stadtmarketings, als die Gestaltung unserer Stadt, das wird sicherlich ein großes Thema der nächsten fünf Jahre sein.

Es gibt Leute, die behaupten im Moment, jegliches Stadtmarketing werde von der Ansammlung der Supermärkte im Gewerbegebiet zunichte gemacht. Teilen Sie diese Befürchtung?

Zunächst, diese Supermärkte sind nicht mehr zu verhindern, jammern hilft da nichts. Jetzt kommt's aber gerade erst recht darauf an, dass attraktive Geschäfte in der Stadt in Konkurrenz treten. Deshalb wird auch die Frage einer Fußgängerzone von uns mit dem BdS neu zu diskutieren sein.

Schafft man es, ein Einkaufserlebnis herzustellen?

Ich bin fest von der Überlebenschance unsere Einzelhandels überzeugt. Überhaupt sehe ich die grundsätzliche Entwicklung der Stadt in der Verbesserung der Qualität des Lebens, Wohnens und Einkaufens. Alles was wir machen, muss künftig auf dieses Thema abzielen und mehr in die Tiefe gehen. Unsere Stadt braucht nicht mehr Masse, außer vielleicht in der Jugendpolitik, sondern mehr Qualität bei bereits jetzt hohem Niveau.

Sie haben das Stichwort gegeben. Gerade in der Kinder- und Jugendpolitik muss die Schriesheimer Verwaltung immer wieder Kritik einstecken. Wie beurteilen Sie das, auch als Pädagoge und Schulleiter?

Das muss man differenziert sehen. Wir haben hervorragende Schulen und ein sehr gutes Kindergarten-Angebot mit hervorragendem Personal. Das Angebot der Vereine ist reichlich. Auch im Kleinkinder und Hortbereich haben wir in den letzten Jahren aufgeholt, nicht zuletzt wegen den Forderungen der SPD. Aber wir sind defizitär im Bereich der offenen Jugendarbeit. Dort stehen wir im Obligo.

Also plädiert die SPD weiter für den Jugendpark?

Klar ist wohl, dass das Juts im oberen Schulhof nur aus der Not geboren ist. Das ist der falsche Platz, deshalb bleibt der Jugendpark für uns ein Thema der nächsten Jahre. Wir haben den Platz, wir haben das Personal dazu, nun sind wir konzeptionell gefragt. Wir werden als nächstes prüfen lassen, ob das Gebäude nicht erhalten bleiben kann.

Also Forderungen trotz offenbar einbrechenden Finanzen im nächsten Jahr?

Was die Finanzen angeht, müssen wir zunächst abwarten. Die Zahlen, die Bürgermeister Riehl fürs nächste Jahr genannt hat, kenne ich zunächst nur aus der RNZ. Wenn die Zahlen dem Gemeinderat offiziell vorliegen, dann werden wir beraten, wie wir damit umgehen. Wenn es so dramatisch ist, wie es Riehl erklärt hat, dann wird es nichts helfen, irgendetwas herauszugreifen. Dann sind wir dafür, dass eine Haushaltsstrukturkommission eingerichtet wird, die alles auf den Prüfstand stellt. Wenn nenneswerte Abstriche gemacht werden müssen, dann bei möglichst großem Konsens.

Welches werden die Themen der SPD im Kommunalwahlkampf sein?

Bis jetzt sehe ich zwei Themen: Die Jugendpolitik, dort wo wir noch Defizite haben, und die Stadtentwicklung. Nicht die großen Investitionen in neue Projekte werden die nächsten Jahre bestimmen, abgesehen natürlich von der Mammut-Aufgabe der Schulerweiterung, sondern die Investitionen in den Erhalt unserer Stärken und den Ausgleich von Defiziten: Schulbau, Wohnqualität, Einkaufsmöglichkeit, Vereinsleben, Verkehrsberuhigung, Altstadt-Entwicklung, um nur einige zu nennen. Das sind die bestimmenden Standortfaktoren der nächsten Jahre und daran werden wir arbeiten.

Kann man schon etwas nur nächsten Liste sagen, gibt es neue Gesichter?

Sicher ist heute, dass wieder alle amtierenden Stadträte kandidieren werden. Wir werden junge Leute in großer Zahl auf der Liste haben. Unsere Jusos werden immer stärker, und für sie werden wir auf der Liste angemessene Plätze finden. Und ich sage, es gefällt mir nicht, dass wir die einzige Fraktion im Gemeinderat sind, die keine Frau aufweist. Das wollen wir ändern.

Und bald danach steht eine Bürgermeisterwahl ins Haus, kann man von der SPD wieder einen eigenen Kandidaten erwarten oder haben Sie aus der Katastrophe der letzten Wahl gelernt?

Mit der Bürgermeister-Wahl beschäftigt sich die SPD erst nach der Kommunalwahl. Ob wir einen eigenen Kandidaten stellen, hängt unter anderem vom Ergebnis der Kommunalwahlen ab. Wir haben aus der letzten Bürgermeisterwahl gelernt und werden sorgfältig beraten, ob wir jemanden aufstellen und wen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung