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07.02.2012

"Göckelesmaier" streicht den Mathaisemarkt

"Göckelesmaier" streicht den Mathaisemarkt

'Da werde ich schon etwas sentimental': Karl Maier am Mittwoch im Schriesheimer Rathaus. Foto: Dorn

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Die Stadt muss sich einen neuen Festzeltwirt für den Mathaisemarkt suchen. "Göckelesmaier" Karl Maier wird sein Zelt dieses Jahr zum letzten Mal auf dem Festplatz aufbauen. Das gab der Stuttgarter Unternehmer am Mittwoch im Rathaus bekannt. Bürgermeister Hansjörg Höfer kündigte an, die Stadt wolle "so schnell wie möglich" einen neuen Wirt finden. Die Ausschreibung dafür solle bis Mai fertig sein. Maier kündigte an, Schriesheim bei der Suche zu unterstützen. Sei ein Nachfolger gefunden, werde er diesem mit seinem Schriesheimer Know-how weiterhelfen, so Maier: "Ich möchte, dass es gut weitergeht." Gebe es einen Interessenten, könne ihm dieser schon beim diesjährigen Mathaisemarkt über die Schulter schauen.

Ihm falle die Entscheidung nicht leicht, so Maier: "Und das ist keine Floskel." Zwei bis drei Jahre habe er die Entwicklung beobachtet und betriebswirtschaftlich geprüft. Danach war klar, dass es in Schriesheim nicht mehr geht. Maier sagte Höfer schon nach dem Mathaisemarkt im vergangenen Jahr, dass 2012 das letzte Mal sein würde. "Da werde ich schon etwas sentimental", so Maier. Er selbst komme schon über 20 Jahre zum Mathaisemarkt, seine Firma noch viel länger, genau seit 1982: "Und die Schriesheimer waren immer sehr gut zu uns. Schriesheim war ein gutes Pflaster und lukrativ. Da gab es gar nichts zu meckern. Der Mathaisemarkt war immer fester Bestandteil unseres Programms."

Gleichwohl räumte Maier ein, dass die Schwankungen in den Bilanzen bei den anderen Festen nicht so groß seien wie in Schriesheim. Mit dem Weinverkauf sei er immer zufrieden gewesen, "und das ist das Maß der Dinge". Lediglich bei Vormittagsveranstaltungen wie der Box-Matinee oder dem Freundschaftsspielen im Rahmen des Fanfarenzugtreffens habe er weniger verkauft. Zudem ließ Maier durchblicken, dass der Aufbau seines Zeltes in Schriesheim schwieriger ist als anderswo. Dazu kommen die hohen Sprittkosten. Jeden einzelnen Anhänger muss er aus dem Lager im 160 Kilometer entfernten Schorndorf nach Schriesheim karren lassen.

Ein weiterer Grund für Maiers Abschied sind die "Parameter", die sich für ihn "dramatisch geändert" hätten. Seine Firma baut ihr Engagement auf dem Stuttgarter Frühlingsfest und auf dem Canstatter Wasen deutlich aus. Also quasi bei den großen Festen vor der eigenen Haustür. Diese würden einen enormen Boom erleben, so Maier.

Auf dem Wasen hat er seine Zeltgröße an einem neuen Standort verdoppelt, auch das 23 Tage dauernde Frühlingsfest entwickele sich toll - die Logen für bis zu 400 Personen sind schnell ausgebucht, Firmen mieten das Zelt für geschlossene Gesellschaften. Dazu kommen weitere Kooperationen mit Unternehmen. Es gibt alles - vom Champagnerempfang mit Lachshäppchen bis hin zur Trachtenmodenschau im prall gefüllten Zelt mit Partnern wie Breuninger und Hugo Boss. Das alles sei gut für das Geschäft, so Maier: "Aber es bedarf wahnsinniger Vorleistungen und Planungen. Das Ausmaß hätte ich mir nie träumen lassen." Für ihn ging es also darum, entweder personell aufzustocken oder sich "Luft zu verschaffen", wie Maier sagte, dessen rundes Göckele-Logo sich auch beim Balinger Volksfest, beim Göppinger Maientag, auf dem Heilbronner Volksfest und dem Bietigheimer Pferdemarkt dreht. Der Mathaisemarkt steht am Beginn des alljährlichen Festkalenders, was Maiers Entscheidung mitbeeinflusste: "Ich habe mir unser Jahr angeschaut und kann ja keine Veranstaltung aus der Mitte herausreißen. Also fiel die Wahl auf Schriesheim." Höfer sagte, er habe noch versucht, Maier umzustimmen. Vergebens.

Maier betonte, dass das von der Stadt verhängte Rauchverbot im Festzelt keinen Einfluss auf seine Entscheidung hatte. Der Nichtraucherschutz werde dieses Jahr auf jeden Fall umgesetzt. Und auch die Preise für Wein und Speisen sollen gleich bleiben. Das alles konnte Höfer wenig trösten: "Zwischen der Stadt, dem Festzeltwirt und seinem Team bestand immer ein inniges Verhältnis." Maiers betagte Mutter Josephine, das Essen mit den Arbeitern, die Freundschaften: "Das alles wird mir fehlen", so Höfer. Er sah im Mathaisemarkt das "Aufputschmittel" für den "Göckelesmaier" nach der "Winterdepression". Diese Stimulanz braucht Maier offensichtlich nicht mehr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung