Schriesheim im Bild 2023

21.09.2003

Wer kennt den Turbo-Baum?

Rätselhafte Pflanze in Schriesheim.

Schriesheim. (ron/josh) Die Wagners aus der Max-Planck-Straße sind hin- und hergerissen. Was sollen sie mit dieser ganz und gar wundersamen Pflanze machen, die in diesem Jahr mit Turbo-Geschwindigkeit aus einer Ritze der Hof-Pflasterung gewachsen ist?

"Wir können sie doch nicht einfach absägen, dafür ist sie viel zu faszinierend", findet Evelin Wagner und ist sich darin mit ihrem Sohn Tobias (14) einig, der richtig an dem Turbo-Baum hängt. Während Familienvater Willbald bangt: "Das Gewächs macht mir den Hof kaputt, später vielleicht noch das Haus oder den Kanal." Das sind die Diskussionen, wenn einem Hals über Kopf eine Wunderpflanze wächst, die mittlerweile fast so hoch ist wie das Haus.

Schon im zweiten Jahr wächst diese Pflanze auf dem Grundstück in der Max-Planck-Straße 20, direkt am Haus und zwischen den Steinplatten hervor. Eine Erklärung, warum die Pflanze im Vorgarten aufging, gibt es nicht. Im ersten Jahr wurde das Riesengewächs etwa zwei Meter groß. Als der Neuankömmling dann im Herbst seine Blätter abwarf, schnitt ihn Willibald Wagner über dem Boden ab. In diesem Jahr war die Überraschung groß, denn die Pflanze wuchs wieder empor und erreichte - nach dem Motto: jetzt erst recht - innerhalb kürzester Zeit eine Höhe von sechs Metern. Die Blätter erinnern nun an Elephantenohren: einen halben Meter lang und einen halben Meter breit! Blüten hat der Turbo-Baum nicht bekommen, anscheinend ist er dafür noch zu jung. Die Nachbarn und eine Biologin aus dem Bekanntenkreis waren ratlos, denn diese Pflanze stammt nicht aus Deutschland und auch nicht aus Europa.

Die RNZ hat recherchiert, ohne das Ei des Kolombus gefunden zu haben: Am wahrscheinlichsten handelt es sich bei der Rätselpflanze um einen chinesischen Blauglockenbaum oder Paulownie. Auf botanisch: Paulownia tomentosa. Dieser Baum ist in China zu Hause; bei uns pflanzte man sie in Parks als Zierbaum an und sie erfreut sich wegen ihrer violett-bläulichen Blüten hoher Beliebtheit. Das Wagner-Exemplar hat allerdings noch keine Blüten getragen, offenbar ist der Standort doch nicht gut genug für eine Blüte. Wenige Hundert Meter weiter, im Gestrüpp des Schulzentrums, steht ebenfalls ein Blauglockenbaum. Per Samenflug könnte der Ableger entstanden sein. Aber, wie gesagt, es bleiben Fragezeichen stehen. Der Baum braucht milde Winter und die Weingegend um Schriesheim bietet ihm gute Bedingungen. Nicht immer macht der Baum Freude: Der ein oder andere Gehsteig und Radweg wurde von den Wurzeln in Mitleidenschaft gezogen. Die Stadtgärtner entfernen die Blauglockenbäumchen jedenfalls, bevor sie beim Wachstum den Turbo einschalten. Evelin Wagner: "Wir warten ab, entfernen können wir den Baum auch noch im nächsten Frühjahr."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung