Schriesheim im Bild 2023

29.09.2003

Rote mit Öchsle ohne Ende

Rekord schon bei 122 Grad

Schriesheim. (ron) Die Weinlese in diesem Jahr sprengt jeden Tag neue Rekorde. Nach dem sensationellen "Müller"-Auftakt, ging es jetzt mit den Rotwein-Trauben geradeso weiter. Die Winzer schwelgen freudestrunken.

Zum Beispiel Harald Weiss, der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft. Er war, wie alle seriösen Vertreter der Weinbauern-Zunft, lange vorsichtig, als andere schon von einem "Jahrhundert-Wein" schwärmten. Aber gestern im Kelterhaus, als die Herbstsonne so wunderbar schien, da ließ sich auch Weiss zur Euphorie hinreißen. "So etwas habe ich noch nie erlebt, nicht einmal im berühmten Jahr 1976, bei meiner ersten Lese, und so etwas hat es auch in Schriesheim noch nie gegeben", so drückte sich der Önologe in Superlativen aus.

Aber der Mann übertreibt kein bisschen. Den Winzern gehen die Augen über angesichts der gesunden und zuuckersüßen Beeren, die sie gerade ernten. Selbst so erfahrene Männer wie Ludwig Mildenberger mussten zweimal in den Refraktometer schauen, um ihren Augen zu trauen. Die Mildenbergers ernteten am Donnerstag einen Spätburgunder Rotwein mit 118 Grad Öchsle. Doch auch dieser Rekord war gestern schon wieder gebrochen. Ein Spätburgunder überholte mit 122 Grad - und keiner weiß, wie hoch die Skala noch rutscht. "Unsere ganzen Spezialitäten hängen eigentlich noch am Rebstock", wundert sich Weiss und schmunzelt angesichts der erfolgreichen Politik seiner Genossenschaft: 35 Hektar der Rebfläche, also mehr als ein Drittel, ist mittlerweile mit Rotwein bestockt. "Damit können wir auf dem Weinmarkt gegenüber den Franzosen und Italienern sogar aufholen", wünscht er sich, "bei den Qualitäten!" Denn dunkelrot, gehaltvoll und aromareich seien die Rotweintrauben in diesem Jahr, übrigens auch die "neuen" Schriesheimer Roten, wie der Dornfelder, der St. Laurent oder der Cabernet Mitos. Sie kommen fast nur mit Spät- oder Auslesegraden in die Bottiche und darin in die Kelterpressen des Badischen Winzerkellers.

Heute, am traditionellen ersten Samstag der Weinlese, nimmt das Kelterteam noch einmal Müller-Thurgau an. Den ganzen Tag herrscht dann Hochbetrieb rund ums Kelterhaus. Obwohl es in diesem Jahr - leider - keine offizielle Bewirtung gibt, freuen sich die Winzer auf schaulustige Weinfreunde. Und einen Tropfen zu trinken für durstige Spaziergänger gibt es sich auch.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung