Schriesheim im Bild 2023

04.10.2003

"Wir können die Welt verbessern"

RNZ-Interview mit den berühmten Zhou-Brüdern, die ab Sonntag im Kerg-Museum ausstellen

Zum Wohl, auf ein besonderes Kulturereignis in der Weinstadt: Die Leiterin des Théo-Kerg-Museums Lynn Schoene, Shan Zuo Zhou, Bürgermeister Peter Riehl und Da Huang Zhou stoßen mit einem Glas Schriesheimer auf die Ausstellung an, die morgen eröffnet wird. Foto: Kreutzer


Schriesheim. Am Mittwoch sind sie in Schriesheim angekommen. Die in China geborenen und in Chicago lebenden Künstler, die Zhou-Brothers. Am Sonntag um 11 Uhr ist Vernissage ihrer großen Ausstellung im Kerg-Museum. Am Tag ihrer Ankunft lud Bürgermeister Peter Riehl zu einem Pressegespräch ein. Auf dem Weg dorthin entdeckten die Brüder die Kanzelbachbrücke und waren begeistert. Sie hätten ein solch modernes Kunstwerk hier gar nicht erwartet. "Eine beeindruckende Architektur", empfand Da Huang Zhou. Danach standen er und sein Bruder Shan Zuo der RNZ Rede und Antwort.

Was bedeutet Kunst für Sie?
Da Huang Zhou: Es ist das wichtigste in unserem Leben. Ich wurde einmal gefragt, ob ich noch etwas anderes leidenschaftlich gerne tun würde. Ich antwortete: Ich würde immer wieder Künstler sein wollen. Die Arbeit ist so inspirierend und man kann so viel Schönheit entdecken und sie auch anderen zeigen.

Shan Zuo Zhou: Kunst ist ein Traum. Anfangs war es die Liebe zur Kunst, durch die wir kommunizierten und mit der wir Ereignisse unseres Lebens erzählten und verarbeiteten. Doch als wir dann im Jahr 2000 beim internationalen Weltwirtschafstgipfel in Davos eine Performance machten, wurde die Bedeutung erweitert.

Wir eröffneten das Treffen bei dem die Führungsspitzen verschiedenster Länder anwesend waren. Zwei Brüder schickten eine Nachricht ins neue Jahrhundert: 'Wir können die Welt verbessern, sie bunter machen'. Wir konnten etwas zur Gesellschaft beitragen, das war eine große Ehre.

Ihre Werke haben meist Übergrößen, warum?
Da Huang: Die Größe fühlt sich richtig an, vielleicht liegt es daran, das wir in Shanghai auch Bühnenbild studiert haben, wo man großflächige Bilder benötigte. Wenn wir die Voraussetzung haben, malen wir auf großflächigen Leinwänden. Doch gibt es auch einige kleiner Werke von uns.

Sind es eher momentane Empfindungen, die sie festhalten oder längerfristige Gedanken, die sie umsetzen?
Da Huang: Wir gehen nicht jeden Tag ins Studio, aber wir fertigen fast jeden Tage Skizzen an. Wie eine Art Tagebuch sammeln wir Ideen, viele auf unseren Reisen. Wir sind meist nur fünf bis sechs Monate in Chicago. Die Ideen holen wir dann irgendwann wieder hervor, um sie zu verarbeiten. Gemalt wird allerdings ohne Skizzenbuch, frei aus dem Kopf und spontan. Es ist ähnlich wie bei Jazzmusik. Es gibt auch Diskussionen, wie wir die vielen Ideen auf einer Leinwand festhalten können. Wir wollten immer Harmonie, doch Schönheit hat viele Seiten. So können Auseinandersetzungen und Streit ebenfalls starke Botschaften vermitteln.

Shan Zuo: In den 70er und 80er Jahren waren wir von Geschichte und Kultur beeinflusst. Von 1990 an verarbeiteten wir, was in unserem Leben und auch in der Gesellschaft passierte. Ende der 90er drückt unsere Kunst eher die Zukunft aus, was wir wollen und erwarten. Auch ganz spezielle Ereignisse inspirieren uns. So waren wir beispielsweise einen Abend in Frankfurt, hörten Musik und aßen Käse dabei. Unsere nächste Bilderserie hieß dann "Chees and Music".

Warum arbeiten sie immer gemeinsam, nie allein?
Da Huang: Das haben wir nicht geplant. Wir haben zusammen gearbeitet und festgestellt, dass das Ergebnis erfolgreich ist. Verschiedene Blickwinkel werden zu einem Werk. Es einfach eine andere Art der Kreativität, die so noch nicht da war. Dennoch ist es nicht leicht für zwei Menschen immer zusammen zu arbeiten. Es gibt auch Momente, da fliegen Gläser an die Wand, weil wir so heftig diskutieren. Doch werden wir weiter gemeinsam arbeiten, denn wir haben dieselbe Vision, aber eben unterschiedlichern Kreativität. Zudem ist es so für meinen Bruder einfacher meine schlechten Bilder zu zerstören.

Shan Zuo: Oft ist einer von uns nicht in der Stimmung kreativ zu sein, aber wird vom anderen angetrieben. Doch so etwas wie die Zhou-Brothers wird es nach uns nicht mehr geben. Wir sind das Team, das schon am längsten zusammenarbeitet. Nächstes Jahr sind es dreißig Jahre. Das schafft sonst keiner, da Künstler meist Individualisten sind.

Denken sie, dass Künstler in China freier sind als früher?
Shan Zuo: In den 80er Jahren wurde alles etwas gelockerter. Wir wurden bekannter, das Fernsehen zeigte ständig unsere Werke. Inzwischen ist es noch besser geworden, doch das heißt auch, dass die Aufmerksamkeit für Künstler weniger geworden ist, da die Spannung nicht mehr so groß ist

Würden sie wieder nach China zurückgehen?
Shan Zuo: China ist unser Geburtsort, Chicago ist unsere Heimat, Europa unsere zweite Heimat. Es ist schwierig zu sagen, aber die USA ist wohl der beste Platz zum leben, da dort so viele verschiedene Kulturen aufeinander treffen, so wie wir verschiedene Kulturen in uns vereinen.

Haben ihre Bilder auch politische Aussagen?
Da Huang: Eher nicht. Wir setzen uns mit gesellschaftlichen Reflexen auseinander, aber direkt ist Politik in unseren Bildern nicht zu finden, sie ist zu schnelllebig.

INFO: Bei der Vernissage am Sonntag, 5. Oktober, 11 Uhr, im Kerg-Museum werden die Künstler persönlich anwesend sein.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung