Schriesheim im Bild 2023

09.09.2013

"In der Realität angekommen"

Von Claus Weber

Schriesheim. Klaus Grüber schüttelte schon in der Pause den Kopf. "Das ist schlimm", stöhnte der Vorsitzende des KSV Schriesheim. Zu diesem Zeitpunkt lagen seine Ringer bereits mit 1:16 in Rückstand. Ernüchterung machte sich breit in der Mehrzweckhalle. "Wir wussten zwar, dass wir Lehrgeld zahlen müssen", seufzte Grüber, "aber so eine deutliche Geschichte hatten wir nicht erwartet." Der Einstand des KSV Schriesheim in der Bundesliga ist in die Hose gegangen. Mit 8:27 verlor der Aufsteiger seinen Premierenkampf gegen den SV Triberg - eine Mannschaft, die nicht mal zu den Top-Drei der Klasse zählt.

Stefan Kehrer wollte deshalb gar nichts schönreden. "Ich bin enttäuscht, wir waren schlecht und sind in der Realität angekommen", sagte der Trainer, bat allerdings die Fans darum, die Auftaktpleite nicht zum Maßstab zu nehmen: "Es kommen auch wieder bessere Tage."

Schließlich hatten die Schriesheimer Riesenpech. Von einem "Fehlstart, bei dem alles schief lief, was schief laufen konnte", sprach Werner Wolf. Der KSV-Abteilungsleiter spielte damit auf gleich drei Verletzte an. Vilius Laurinaitis, der Junioren-Weltmeister im Schwergewicht, hat sich vor ein paar Tagen das Kreuzband im Knie gerissen. "Er wird uns in dieser Runde überhaupt nicht mehr helfen können", erklärte Klaus Grüber. Besonders bitter: Der Litauer war der Kracher-Neuzugang des KSV.

Fliegengewichtler Christoph Ewald hat sich bei einem Turnier in Polen vor drei Wochen ein Band im Knöchel gerissen. Beim Auftaktkampf hatte ihm der Bundestrainer Sportverbot erteilt. In drei Wochen, schätzt Stefan Kehrer, ist der deutsche Meister von 2012 wieder fit. Doch die Pause hat ihm vom Gewichtmachen abgehalten. Kehrer: "Wir müssen von Gegner zu Gegner entscheiden, ob es Sinn macht, ihn abhungern zu lassen."

Und zu allem Unglück, fuhr es am Samstagmorgen auch noch Marcus Plodek ins Kreuz. Der deutsche Meister legte sich noch am gleichen Tag in die Röhre, am Abend gab er nach ein paar Sekunden auf. "Es ist wohl kein Bandscheibenvorfall", gab Werner Wolf Entwarnung, "aber er hat sich einen Nerv eingeklemmt."

Laurinaitis, Ewald und Plodek waren beim KSV als Siegringer eingeplant. "Mit ihnen geht der Kampf womöglich unentschieden aus", rechnete Trainer Kehrer durch. Doch das Fehlen der Asse schlug ihren Kameraden offenbar auf die Psyche. "In manchen Kämpfen hatte ich mir mehr Punkte erhofft", gab Klaus Grüber seine Enttäuschung zu. In allen vier leichten Klassen kassierte Schriesheim die Höchststrafe von 0:4 Punkten. Selbst Vize-Europameister Georgian Carpen sah gegen Aram Julfalakyan kein Land. "Er kam erst am Mittwoch hier an, muss sich noch akklimatisieren", nahm ihn Trainer Kehrer in Schutz - ebenso wie Oldrik Wagner. Der neue Halbschwergewichtler unterlag Kenan Gör mit 0:2. "Oldrik musste am Abend zuvor beim Nationalmannschaftslehrgang drei bis vier Trainingskämpfe bestreiten, das hat man ihm angemerkt", sagte Kehrer.

Den einzigen KSV-Sieg auf der Matte erkämpfte Attila Tamas mit einem 2:1 über Kai Rotter. Je einen Zähler brachten Nicolae Cojocaru und Kai Dittrich bei ihren Punktniederlagen mit. Dittrich vergab dabei eine 1:0-Führung und ärgerte sich: "Mein Gegner war nicht besser, ich war zu blöd!"

Ionel Puscasu durfte vier Punkte am Ende kampflos einstreichen. Sein Gegner Florian Neumaier wurde wegen der WM-Vorbereitung freigestellt. Triberg verzichtete auf den Nachholkampf, den Schriesheims rumänischer WM-Starter vermutlich ohnehin gewonnen hätte.

Trost spendete am Ende ausgerechnet der Gegner. "Die Luft in der Bundesliga ist eben wesentlich rauer", sagte Tribergs Trainer Bernd Reichenbach, "aber hätte der KSV Schriesheim alle Asse stellen können, hätten wir einen ganz anderen Kampf gesehen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung