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12.01.2018

Das Gesicht der Schriesheimer Leichtathletik

Das Gesicht der Schriesheimer Leichtathletik

Gerhard Morast baute die Abteilung unter anderem auf - Vom Land gab es dafür 2017 die Ehrennadel

Als "immer hoch engagiert" lobte Bürgermeister Hansjörg Höfer (r.) Gerhard Morast bei der Übergabe der Urkunde im Gemeinderat. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Mit dieser Auszeichnung hatte Gerhard Morast nicht gerechnet: Von Ministerpräsident Winfried Kretschmann unterzeichnet, durch Bürgermeister Hansjörg Höfer überreicht, erhielt das "Gesicht der Abteilung Leichtathletik" beim Turnverein Ende November 2017 die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg. "Das war eine Mordsüberraschung", sagt er. Und doch war es eine folgerichtige Ehrung: In 50 Jahren als Trainer und Abteilungsleiter hat Morast in Schriesheim viel bewegt.

Gerhard Morast ist Schriesheimer durch und durch. Schon als Zehnjähriger kam er in seiner Heimatstadt zunächst zum Turnen, damals in der gerade neu gebauten Halle der Strahlenberger Grundschule. Das Sportzentrum in seiner heutigen Form mit Tartanbahn gab es damals noch nicht, nur einen Fußballplatz mit Sprunggrube an der Seite zwischen Ladenburger Straße und Kanzelbach. Erst 1971 machte eine 100-Meter-Bahn ein sinnvolles Training überhaupt möglich.

Diese Bedingungen verbesserten sich erst nach Morasts Studium in Heidelberg und seinem Referendariat in Karlsruhe: Als der frisch ausgebildete Gymnasiallehrer 1979 an das neue Kurpfalz-Schulzentrum zurückkam, war das neue Sportstadion an seinem heutigen Standort bereits eingeweiht: "Die Bedingungen waren danach optimal", erinnert sich Morast. Unter seiner Leitung richtete der Turnverein große Turniere aus, zum Beispiel die Badischen Meisterschaften im Mehrkampf 1980, den Deutschlandpokal im Jahr 1981 und die Deutschen Seniorenmeisterschaften 1983.

In den Folgejahren formte Morast als Teil eines Trainerteams mit Abteilungsleiter Fritz Fuhrer eine Gruppe von Athleten, die der Weinstadt in den 80er- und 90er-Jahren zahlreiche sportliche Erfolge bescherte. Ein Höhepunkt war Christian Stangs Sieg in der Deutschen Jugendmeisterschaft 1988 über 2000 Meter im Hindernislauf.

"Das ging so über zehn, 15 Jahre", sagt Morast, "es war toll, dass man mit all diesen Leuten gut zusammenarbeiten konnte." Er selbst sei als Trainer "fordernd und fördernd" gewesen. Eine Beschreibung, die seine ehemaligen Schützlinge bestätigen. "Ich habe immer versucht, dabei auch einfache Werte wie Pünktlichkeit und Engagement zu vermitteln", sagt Morast. Das Größte sei es gewesen, wenn die Athleten durch das Trainierte ihre sportlichen Ziele erreichten.

Morasts Grundmotivation beruhte jedoch nur teilweise auf dem Erreichen sportlicher Erfolge: Der Turnverein war für ihn immer ein Ort der Identifikation, ob durch stundenlange gemeinsame Fahrten zu Wettkämpfen oder "Nachsitzungen" nach dem Training in der "Goldenen Rose". "Das hat mich sehr geprägt", sagt er, "da hatte ich das Gefühl: Da gehöre ich hin."

Im Jahr 2000 wurde Morast Abteilungsleiter der Leichtathleten und blieb es 17 Jahre lang, bis er in Jörg Wöhe einen Nachfolger gefunden hatte. "Auch so ein Fall", sagt Morast, lacht und meint damit einen weiteren Fall, in dem sich ein ehemaliger Athlet des TV ehrenamtlich in einer Leitungsfunktion engagiert. Auch Morast wollte dem Verein etwas für die gebotenen Möglichkeiten zurückgeben.

Sein Hobby war aber auch Teil seines Berufs: Bis 2016 lehrte er am Kurpfalz-Gymnasium Deutsch und Sport, leitete lange Jahre die Leichtathletik-AG und organisierte die ersten Sponsorenläufe rund um das Schulgebäude. Selbst im Deutschunterricht wurden seine Oberstufenschüler manchmal bei mangelnder Aufmerksamkeit zu Liegestützen verdonnert, was bei deren Mitschülern aber meist gut ankam.

"Du hast aus deiner Berufung einen Beruf machen dürfen", sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer bei der Übergabe der Urkunde vor der November-Sitzung des Gemeinderats, "das ist nur wenigen vergönnt." Höfer würdigte Morast, den er schon aus Jugendzeiten kennt, als "immer hoch engagiert, mit einem offenen Ohr für die Belange des Vereins".

Es war der Schlusspunkt hinter fünf Jahrzehnten ehrenamtlichem Engagement, der Treue zur Leichtathletik-Abteilung des Turnvereins von deren Aufbau durch Erfolge und Krisen bis hin zur Stabübergabe an die nächste Generation. "Der Abstand zu den Jugendlichen wurde natürlich immer größer", sagt Morast, nach langer Suche erleichtert, sein Amt in andere Hände gelegt zu haben.

Die emotionale Bindung zum Turnverein wird aber erhalten bleiben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung