Schriesheim im Bild 2023

05.10.2018

Genug Wein für 1,74 Millionen Flaschen

Winzergenossenschaft ist mit der diesjährigen Lese hochzufrieden - Rekordwerte beim Fruchtzucker von bis zu 123 Grad Oechsle

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. "Jahrhundert-Jahrgang"? Diesen Begriff wollte Harald Weiss noch vor der Weinlese, die wegen anhaltender Wärme und Trockenheit recht früh am 4. September begann, nicht verwenden. Und auch jetzt vermeidet der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft (WG) den Superlativ. Doch eines ist klar: So entspannt hat man Weiss selten bei einer Lese erlebt. Vermutlich, weil er da bereits wusste, dass dieser Jahrgang schlichtweg gut wird. Pralle Trauben in bestem Aroma hingen in den Weinbergen; das wenige von der Trockenheit geschädigte Lesegut, vor allem in den Junglagen, wurde zu Federweißem verarbeitet.

"Wir haben alles bei toller Reife und in perfektem Gesundheitszustand in den Keller bekommen, hatten stets bis zu drei fast volle Lastwagen auf dem Weg zum Badischen Winzerkeller in Breisach und hier deshalb auch keine Ausfälle zu verzeichnen", schildert Weiss gestern bei der "Nach-Lese"-Pressekonferenz mit Winfried Krämer, Karlheinz Spieß und Hartmut Haas in der Kuhbergstube. Alle geplanten Lesetage habe man ungestört abarbeiten können - der Anteil des Vollernters lag wie 2017 bei rund 32 Prozent.

Einige Zahlen verdeutlichen die Qualität und die Quantität dieses Jahrgangs. Das fängt bei den Oechsle-Graden an: Im Durchschnitt lagen sie bei 94,1 Grad, im Vergleich zu 2017 mit 88 und 2016 mit 90 Grad. Der Spätburgunder, der inzwischen ein knappes Drittel der Erntemenge ausmacht, weist einen Rekordwert von 105 Grad Oechsle im Durchschnitt auf. Spitzenreiter waren hier 123 Grad.

Der Chardonnay liegt im Schnitt bei 101 Grad, wobei die Spätlese mit 105 noch darüber ist, der Gewürztraminer bei 109, Müller-Thurgau bei 82 und Riesling bei 101. Alle Burgundersorten haben das Refraktometer ebenfalls steigen lassen: Durchschnittlich 101 Grad (Höchstwert: 123 Grad) sind es beim Grauburgunder, beim Weißburgunder liegt der höchste Wert bei 96 Grad.

Auch mengenmäßig ist dieser Jahrgang eine Größe: 1,74 Millionen Kilo wurden geerntet, was derselben Menge in Dreiviertelliter-Flaschen entspricht. Welchen Anteil davon die WG behält, werde man im Dezember wissen, so Weiss. Durchschnittlich ernten die WG-Winzer in einem Jahr rund 500.000 Kilo weniger.

2017 lag mit 1,1 Millionen frostbedingt darunter. "Die Natur hat uns reich beschenkt", sagt Weiss. "Der Klimawandel kommt im Weinbau eher mit Positiveffekten daher", meint er weiter, will die negativen Folgen aber nicht kleinreden. Beim Getreide und bei den Zuckerrüben sehe das ganz anders aus, nickt WG-Vorstandsvorsitzender und Obstbauer Karlheinz Spieß.

Welche Auswirkungen diese Riesenernte auf die Preise hat, kann Geschäftsführer Weiss nicht absehen: "Die Preise senken wollen wir nicht, aber eine Erhöhung ist in dieser Situation auch schwierig." Dabei müsse auch die WG steigende Kosten zum Beispiel beim Personal im Blick behalten. "Wir brauchen eine gut funktionierende Weinwerbung in Deutschland für deutsche, und natürlich auch für badische Weine", betont Weiss.

Wein hat aber den Vorteil, dass man ihn nicht rasch verbrauchen muss. "Wir können Flaschen ja auch überlagern. Und Rotwein behalten wir eh in Reserve", sagt Weiss. Mit einer ersten Kostprobe des 2018er Jahrgangs lässt sich der erste Advent feiern: Dann steht der St. Laurent No. 1 im Geschäft der WG. "Wie seit 2005 so üblich", sagt Winfried Krämer.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung