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16.07.2021

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Bürgergemeinschaft tendiert zu Oeldorf

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Bürgergemeinschaft tendiert zu Oeldorf

In der Weinstube Hauser stellte sich am Mittwochabend Bürgermeisterkandidat Christoph Oeldorf (links) bei der Bürgergemeinschaft vor. Der Lohn des Abends: Die Zuhörer votierten einstimmig für den 43-Jährigen. Foto: Dorn
Einstimmiges Votum für den Kandidaten von CDU und Freien Wählern. Es gab hartnäckige Nachfragen zur Person und zu Themen.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Aller Voraussicht nach kann Bürgermeisterkandidat Christoph Oeldorf auf die Rückendeckung von drei politischen Gruppierungen setzen. Am Mittwochabend erklärten die knapp 30 Teilnehmer des Stammtischs der Bürgergemeinschaft einstimmig per Handzeichen, dass sie sich vorstellen können, Oeldorf zu unterstützen. Bereits vor zwei Wochen hatten die Freien Wähler ebenso einstimmig für den 43-Jährigen votiert. Die CDU hatte den Wilhelmsfelder Bürgermeister in einer nicht-öffentlichen Mitgliederversammlung am 24. Juni – einen Tag, bevor er seine Kandidatur in Schriesheim bekannt gab – auf den Schild gehoben. Auch hier nur Ja-Stimmen für Oeldorf.

In gewisser Weise ähnelte Oeldorfs Vorstellung bei der Bürgergemeinschaft der bei den Freien Wählern – zumal die Fragen ja offensichtlich sind: Wieso bewirbt sich jemand nach einer halben Amtszeit in einer Nachbarkommune – und hat er nicht noch ein Amt in einer größeren Stadt im Sinn? Nein, hat er nicht: Schriesheim ist seine "letzte Option". Zwar sei sein Amt "in Wilhelmsfeld nicht schlecht", aber Schriesheim sei nun mal größer – und eben Schriesheim mit seinem ganz besonderen Menschenschlag und Zusammengehörigkeitsgefühl. Er wolle sich nicht in einer Großstadt oder Großen Kreisstadt bewerben, auch nicht Landrat werden, und selbst eine denkbare Kandidatur im heimatlichen Hirschberg war vor zwei Jahren "keine gute Idee", hier war schließlich sein Vater Werner Oeldorf 32 Jahre lang bis 2007 Bürgermeister. "Auch Heddesheim im nächsten Jahr kommt für mich nicht in Frage." Kurz: "Schriesheim hat mich gereizt."

Was Klaus Schenk, den Sänger der "T-Band" zur Bemerkung animierte: "Schriese ist ja noch unkompliziert. Aber es gibt noch Altenbach und Ursenbach!" Und da war man schon bei den Ortsteilen, die sich nach Meinung eines Teilnehmers abgehängt fühlten und frustriert seien. Da habe er, so Oeldorf, "den Riesenvorteil, dass ich die Probleme der Odenwald-Ortsteile kenne", eben weil er sich in Wilhelmsfeld auch damit herumschlagen muss. Der Kandidat sagte es so nicht, aber er ist eben für die Altenbacher und Ursenbacher kein Ur-Schriesheimer wie Peter Riehl und Hansjörg Höfer seit der Eingemeindung vor knapp 50 Jahren. Er kündigte regelmäßige Sprechstunden in den Ortsteilen an – auch wenn er nicht versprechen wollte, auf einen Schlag "alle Probleme dort zu lösen".

Immer wieder wurde thematisiert, wie unabhängig Oeldorf – er ist Mitglied in der Landes-CDU und bei den Freien Wählern Hirschberg – denn eigentlich sei. Oeldorf antwortete: "Ich finde Lagerdenken grausam", zumal "ich eine Grüne geheiratet habe" und wiederholte seinen alten Ausspruch "eine gute Idee ist eine gute Idee – egal, aus welcher politischen Richtung sie kommt". Er jedenfalls könne sich mit jedem unterhalten. Zwar sei er der Meinung, "dass Landes- und Bundespolitik im Kommunalen nichts zu suchen hat", aber als studierter Politikwissenschaftler wisse er, dass er über eine große Partei Kontakt zur Bundes- und Landesebene halten müsse. Eine Bürgermeisterwahl richte sich für ihn nach Personen "und nicht nach dem politischen Farbspektrum" aus.

Naturgemäß sind bei der Bürgergemeinschaft Transparenz und Bürgerbeteiligung wichtige Themen – auch hier legte Oeldorf ein prinzipielles Bekenntnis zu beidem ab, allerdings ließ er offen, wie genau das geschehen solle.

Konkreter waren die Nachfragen bei den sichtbaren Problemen: Hilmar Frey hätte gern gewusst, was ein Bürgermeister Oeldorf gegen das Ausbluten der Heidelberger Straße unternehmen wolle. Die Einflussmöglichkeiten einer Stadtverwaltung auf die Geschäfte seien eher gering, man könne höchstens versuchen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen – sei es mit einer Art Fußgängerzone oder mit einer besseren Parkregelung: "Wir können Anreize schaffen, aber keine Läden subventionieren." Und natürlich will er alle möglichen Fördermittel anzapfen. Oeldorf sieht sich für Einzelhandel und Gastronomie "als Mittler", aber auch als Förderer, gerade bei Neuansiedlungen: "Man bekommt alles in die Hand, was ich im Köcher habe." Horst Lange war da skeptischer: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass unter Oeldorf die Heidelberger Straße aufblüht", dazu sei das Einkaufen im Internet einfach zu mächtig, und nach und nach würden die familiengeführten Läden sowieso aufgeben.

Gewohnt vorsichtig reagierte Oeldorf auf Fragen nach dem Reizthema Neubaugebiet: "Es ist nicht zwingend, ich will es aber auch nicht ausschließen." Prinzipiell müsse eine Stadt auch wachsen, um nicht zu schrumpfen, allerdings müsste man sich erst um Baulücken und Leerstände kümmern. Beim anderen Schriesheimer Mega-Thema, dem Verkehr, verwies er auf die kleinen Spielräume einer Kommune, die allerdings immer wieder versuchen müsste, ihre Forderungen – zum Beispiel nach Tempo 30 innerorts – durchzusetzen: "Steter Tropfen höhlt den Stein."

Bernd Doll hätte gern gewusst, wie Oeldorf die "Vereinsstadt Schriesheim" sieht – und ob es einen eigenen Ehrenamtsbeauftragten braucht. Den hält er nicht für notwendig: "Wenn die Vereine einen direkten Ansprechpartner brauchen, dann wäre das der Bürgermeister."

Alles in allem hat Oeldorf wohl die meisten Zuhörer in der Weinstube Hauser überzeugt, auch wenn vielleicht noch die grüne Kandidatin Fadime Tuncer (oder andere Bewerber, die man noch nicht kennt) von der Bürgergemeinschaft eingeladen werden könnten. Aber es gab schon erste Vorschusslorbeeren: "Er kommt vom Fach, das hat mir gefallen", hieß es aus der Runde. Hilmar Frey, als Unterstützer Oeldorfs bereits bekannt, meinte: "Das war eine sehr souveräne und informative Vorstellung. Ich würde mich freuen, wenn eine Mehrheit Oeldorf ihre Stimme gäbe." Bernd Dolls Urteil über Oeldorf war kurz und bündig: "Sachlich, kompetent und unaufgeregt."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung