Schriesheim im Bild 2023

16.12.2004

Die Rebflurbereinigung kommt

Schriesheimer Gemeinderat beantragte gestern Abend mit großer Mehrheit das Verfahren - Grünen wollten eine Vertagung


Wie erwartet verfolgten gestern Abend zahlreiche Besucher die Gemeinderats-Debatte zur Rebflurbereinigung in Schriesheim. Der Gemeinderat fasste den Grundsatzbeschluss, den Kuhberg südlich der Strahlenburg einer Rebflurbereinigung zu unterziehen. So wie rechts wird der Berg in ein paar Jahren nicht mehr aussehen. Fotos: Dorn

Schriesheim. (ron) Die Rebflurbereinigung des Kuhberges und des Schlossberges kommt ins Rollen. Der Schriesheimer Gemeinderat hat gestern Abend mit deutlicher Mehrheit das Verfahren beantragt.

Siegfried Schlüter, Fraktionschef der CDU und eigentlich Bierfan, hatte sogar eine alte RNZ aus dem Jahr 1979 herausgekramt. Damals hatte die Zeitung getitelt: "Für eine Weinstadt zum Weinen." Damit wurde ein früherer gescheiterter Versuch einer Rebflurbereinigung beschrieben. Diese Zeiten sind vorbei. Im dritten Anlauf strebt die Stadt nun einer Neuordnung des Kuhberges und des Schlossberges zu. Schlüter verwies auf die zunehmende Verkarstung und Versteppung des etwa 15 Hektar großen Gebietes. "Alleine in den letzten Jahren kamen dreieinhalb Hektar Brachfläche dazu, das ist erschreckend, wenn man das hochrechnet", orakelte er.

Nach einer Flurbereinigung werde sich das Landschaftsbild positiv verändern und die Weinbau-Kulturlandschaft sei damit dauerhaft gesichert. Er nannte auch den Wertzuwachs der Grundstücke, die für die Stadt vergleichsweise günstige Sanierung der Weinbergswege und den Ruf Schriesheims als Weinstadt. An die Kritiker richtete der CDU-Sprecher die Bitte: "Handeln Sie aus Liebe zur Stadt und sorgen sie dafür, dass die Weinberge erhalten bleiben."

"Es geht nicht um das Ob sondern um das Wie einer Rebflurbereinigung", erklärte Grünen-Stadträtin Gisela Reinhard. Über den bestmöglichen Weg müssten alle Bürger der Stadt aber besser eingebunden werden, forderte sie. "Das gab es noch nie, dass die Informationen in der gleichen Sitzung geliefert werden, in der gleich entschieden werden muss", so lautete ihre Kritik. "Wir wissen aber immer noch nicht, für was genau wir unsere Zustimmung geben sollen", führte sie weiter aus und forderte, mit den kritischen Grundstückseigentümern weiter im Gespräch zu bleiben. "Das Konzept hört sich eigentlich überzeugend an, aber es greift nur, wenn alle mitziehen", erklärte sie. Dennoch fasste sie zusammen: "Für uns ist das Thema heute nicht entscheidungsreif, denn wir sollen heute zu Kosten und Folgekosten Ja sagen, die wir gar nicht kennen." Die Grünen hatten eine Vertagung beantragt und versagten einem Grundsatzbeschluss die Zustimmung. Mit dieser Haltung blieben sie alleine.

Zitat: "Uns waren die Informationen bekannt, denn es ist Stadträten erlaubt, sich im Vorfeld einer Sitzung kundig zu machen." (FWV-Stadträtin Jutta Becker)

Für die Freien Wähler ist die geplante Rebflurbereinigung ein gelungener "Kompromiss zwischen Ökologie und Ökonomie", wie Jutta Becker zusammenfasste. Ohne eine Neuordnung würde die Zahl der brachliegeden Weinberge rapide zunehmen und "damit würde sich das Landschaftsbild verändern, das Wegenetz würde zusammenbrechen und der Naherholungseffekt wäre weg". "Der Weinbau ist unser Markenzeichen", so argumentierte Karl-Heinz Schulz für die SPD, "und dazu brauchen wir Weinberge, die maschinell zu bewirtschaften sind". Durch die Vernachlässigung des Kuhberges leide ohne Rebflurbereinigung auch das Naherholungsgebiet, gab der Chef des Verkehrsvereins zu Bedenken.

Ähnlich auch FDP-Stadträtin Dr. Birgit Arnold: Das vom Flurbereinigungsamt vorgelegte Konzept, so die Liberale, "hört sich sehr vielversprechend an". Die Flurbereinigung stelle das Gebiet für die Zukunft auf feste Füße. Bürgermeister Peter Riehl zeigte sich "sehr optimistisch, dass später auch die Kritiker einem Kompromiss zustimmen werden". Der Rathauschef: "Nur wenn das Allgemeininteresse dem Einzelinteresse übergeordnet wird, sind wir eine gemeinsame Bürgerschaft." Gerade in Zeiten knapper Kassen müsse er als Bürgermeister die Möglichkeit ergreifen, "weil ich die Chance gesehen habe, dass es jetzt Geld gibt". Alleine der dringend nötige Ausbau des Weinberg-Wegenetzes würde die Stadt in den nächsten Jahren 1,2 Millionen kosten. "Dafür würden wir keinen Pfennig bekommen", erklärte er. Die Stadt fahre also mit ihrem Anteil an den Gesamtkosten sehr viel günstiger. "Mit zwei aufgesparten Bauplätzen in Nord haben wir die ganze Chose finanziert", so der Bürgermeister.

Der zeitweise umstrittene Verfahrensweg, so Riehl, sei doch bundesweit vorgegeben und könne "nicht in Schriesheim neu erfunden werden". Der Rathauschef: "Wenn die Frucht reif ist, muss man ernten."

Zuvor hatte Reinhard Schmidt, der Leiter des Flurbereinigungsamtes, bereits viele Bedenken zerstreut. Beim neuen Kuhberg-Konzept sprach er unter anderem von einer "kleinteiligen Gestaltung, einem Biotopverbundsystem und einem weiterhin hohen Naherholungswert". Auch seien umfassende ökologische Ausgleichsmaßnahmen geplant, weswegen die Gesamtkosten in Richtung von 2,4 Millionen Euro steigen dürften. In diesem Fall bezahlt das Land 70 Prozent der Kosten, die restlichen 30 Prozent - jeweils 360 000 Euro - teilen sich die Stadt und die Grundstückseigentümer. "Das Landschaftsbild wird nur unwesentlich verändert", fasste der Behördenchef zusammen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung