Schriesheim im Bild 2023

23.02.2007

„Das Maß ist irgendwann voll"

Von Carsten Blaue

Zwar hat der Landesverband des Bundes der Selbständigen (BdS) nun endlich mit Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) einen Festredner für seine Mittelstandskundgebung am 5. März im Festzelt präsentiert. Damit ist der ganze Knatsch im Vorfeld (wir haben berichtet) für den Schriesheimer Ortsverband des BdS noch nicht erledigt.

Selbst einen Austritt aus dem Landesverband schloss BdS-Ortschef Horst Kolb gestern im Pressegespräch nicht grundsätzlich aus: "Wenn der Mathaisemarkt vorbei ist, werden wir uns zusammensetzen und diese Diskussion führen. Das Verhältnis zum Landesverband ist belastet." Kolb sagte aber auch: "Schnellschüsse wird es nicht geben." Auch sollen die Mitglieder in die Debatte eingebunden werden. Eines steht für ihn aber fest: "Nächstes Jahr läuft das Ganze anders."

Der Ehrenvorsitzende des Schriesheimer BdS, Willi Hessenauer, muss sich zurzeit schwer zügeln, um seinem Ärger nicht freien Lauf zu lassen. Auch Kolb ist durchaus aufgebracht: "Oft schon wurde der Festredner recht spät präsentiert. Das hat mich immer geärgert." Und jetzt auch noch die Kommunikationspannen und die Absage des traditionellen Essens nach der Mittelstandskundgebung im Hotel "Zur Pfalz", von der Kolb auf einer Kreisversammlung erfuhr: "Da ist das Maß irgendwann voll." Er lasse nicht zu, dass das Verhalten des Landesverbandes "negativ auf dem Ortsverband, dem Mathaisemarkt oder der Stadt lastet. Es ist auch keine Art, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als würde kein Spitzenpolitiker mehr nach Schriesheim kommen wollen."

Und dass wegen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft "jetzt alle Bundesminister in Brüssel sitzen", glaubte Kolb auch nicht. Er fragte sich, was passiert wäre, wenn sein Ortsverband keinen Druck gemacht hätte: "Der Landesverband hat rechtzeitig für einen guten Redner zu sorgen." Es könne doch nicht sein, so Kolb, dass man so lange wartet, bis das Büro eines Spitzenpolitikers absagt, bevor man sich um eine Alternative kümmert: "Da muss man auch mal Fristen setzen." Jetzt kommt zwar Hauk. "Aber wir haben weder Einladungen gedruckt, noch Karten für die Ehrenplätze." Auch das Essen im Festzelt nach der Kundgebung sei mit dem Ortsverband nicht abgesprochen: "Sonst hätte ich nämlich zu bedenken gegeben, dass hier abends auch noch der Vereinsabend stattfindet." Festzeltwirt Karl Maier wisse auch nichts davon, sagte Kolb.

Trotz der Versicherungen der BdS-Präsidentin Dorothea Störr-Ritter, dass die Mittelstandskundgebung auch in den nächsten Jahren in Schriesheim stattfinden soll, blieb Kolb skeptisch: "Wenn es zwei Wochen vor der Veranstaltung keinen Redner gibt, dann zeigt das doch, dass daran gar kein Interesse besteht."

Er gehe davon aus, dass Störr-Ritter es ernst meint, sagte Erster Bürgermeisterstellvertreter Siegfried Schlüter, der Hansjörg Höfer seit Montag vertritt. Der Bürgermeister ist im Urlaub. Schlüter räumte zwar ein, dass der Landesverband "sehr unglücklich gehandelt" habe. Ansonsten war er gestern aber sichtlich darum bemüht, die Wogen zu glätten. Die Lösung, die der Landesverband nun gefunden habe, begrüße die Stadt sehr.

Hauk sei ein "wertvoller Mann", der im Festzelt eine gute Rede halten werde, meinte Schlüter. Die Stadt sei dem Landwirtschaftsminister zudem dankbar für seinen Einsatz für die Rebflurbereinigung. Landwirtschaft sei Mittelstand. Auch insofern passe Hauk sehr gut zur Mittelstandskundgebung.

Aber es bleibt trotzdem dabei: Den ungeschriebenen Gesetzen des Landes-BdS bei der Rednersuche vergangener Jahre kann Hauk nicht gerecht werden. Im Festzelt sprachen Ministerpräsidenten oder prominente Bundesminister. Von ihren Auftritten lebte die Kundgebung. Helmut Kohl war sogar als Kanzler da und Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat. Die Schriesheimer sind verwöhnt, und so sorgte der Name Hauk nicht für Jubelstürme in der Stadt. Selbst Störr-Ritter räumte in der Presseerklärung des BdS indirekt ein, dass Hauk eine Notlösung ist – man habe wegen der EU-Ratspräsidentschaft und den damit verbundenen Terminen "vieler Bundesminister" keinen Festredner der Großen Koalition bekommen.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung