Schriesheim im Bild 2023

06.08.2007

Wo Alpha-Männchen ins Schwimmen geraten

Von Stefanie Kuntermann

"Nur in der Sprache ist Heimat, und alle Sprache braucht Beschützer", ist ein von Hans-Peter Schwöbel oft und gern benutztes Zitat, das zum Wahlspruch des Mannheimer Kabarettisten geworden ist. Im Mittelpunkt seines Programms "Uff de Zung verlaafe", mit dem Schwöbel im Zehntkeller sein 25-jähriges Bühnenjubiläum beging, standen Menschen, Landschaften und nicht zuletzt die "Muddersprooch", ein "ewiger Quell und Wärmestrom", der "unner die Haut un in die Seel’ fließt".

Eingeladen hatte der Schwimmbadverein IEWS den in Schriesheim bestens bekannten Mundartdichter, und der Zehntkeller war proppenvoll, als Schwöbel vom IEWS-Vorsitzenden Jürgen Merkel und dem Stellvertretenden Bürgermeister Siegfried Schlüter begrüßt wurde.

"Uff de Zung verlaafe" lassen konnte man sich Perlen des Schwöbelschen Sprachschatzes: selbstgeschriebene Gedichte und Prosa lebten nicht nur von Wortwitz, Poesie oder dem temperamentvollen Vortrag, sondern waren vor allem eins: Liebeserklärungen an "seine Kurpalz", an Mannheim mit seinen Stadtvierteln, Sehenswürdigkeiten und Menschen ebenso wie an die landschaftlichen Schönheiten zwischen Bergstraße und Hardt, wo es so schön ist, "dass man da direkt mal Urlaub machen könnte".

Dass auch der Besuch eines Weinfestes, das ja an sich keine "filigrane Veranstaltung" ist, zu höheren Einsichten verhelfen kann, wurde mit Schwöbels Regel klar: "Erscht drei Schoppe bärschte und dann Rieserad fahre – net umgekehrt"– ein so geschärfter Blick auf die Rheinebene macht die Raum-Zeit-Krümmung und damit die Relativitätstheorie körperlich erlebbar.

Auch mit Einsichten zum politischen Tagesgeschehen sparte Schwöbel nicht, beispielsweise, als er das Dilemma leerer Kirchen und Wahllokale an verkaufsoffenen Sonntagen auf seine Weise löste: Damit beide kein trauriges Dasein als "Raum ohne Volk" fristen müssten, sollten Politiker und Kirchen diesen Tag als Chance begreifen. Warum nicht Bannerwerbung in den Kirchen oder eine kleine, dialektgefärbte Umbenennung des Gesangbuchs in "Lidl-Buch, in dem Aldi Lidln drinstehen", und warum sollte man nicht auch Firmennamen ins Gebet einbauen wie "Vater, vergib der Telekom"?

Auch die Bürgermeisterwahlen könnte man einfacher gestalten, etwa indem das Amt über das Sammeln von Bonuspunkten vergeben wird: "So ein Rabattmarken-Casting würde nicht zur Verschlechterung der Situation in der Kommunalpolitik führen", war sich Schwöbel sicher.

Auch zur "Pharma-Rallye", der Tour de France, hatte er einiges zu sagen: "Wer hätt gedacht, dass ebbes, wo seit Jahre jeder weeß, am End noch rauskummt." Fernsehzuschauer sollten "endlisch die Aage uffmache und nimmi zugugge."

Sportlich, so Schwöbels Beobachtung, geht es auch im Waldschwimmbad zu: Deutlich wird hier der Unterschied zwischen Männchen und Weibchen, besonders, wenn das Alpha-Männchen, nach einigen Imponierposen am Beckenrand, mit Schwimmbrille und anderen Requisiten bewaffnet, zum "Kampfschwimmer" mutiert, der mit wild rudernden Armen jedes feindliche Männchen von seiner Bahn drängt. Währenddessen nutzen die Weibchen, die grundsätzlich mit hoch erhobenen Köpfen zur Schonung der Haartracht schwimmen, die Schallverstärkung der Wasseroberfläche zu verschärftem Kommunikationsverhalten.

Verstärkt wird das noch durch die kommunikationsfördernde Fächerformation, in der die Weibchen grundsätzlich schwimmen. Dass hier auch Freundschaften geschlossen wurden, wie die zu Jürgen Merkel oder "Vladi" Starowiecki, blieb nicht unerwähnt.

Reich beschenkt von Stadt und IEWS durfte Schwöbel, der sich Schriesheim im Allgemeinen und dem Waldschwimmbad im Besonderen verbunden fühlt, nach Hause gehen. Für ihn, der übrigens seine Gage der IEWS spendete, sei es aber das größte Geschenk, wenn er einen Abend lang in lachende Gesichter schauen dürfe, sagte er zum Abschied.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung