Schriesheim im Bild 2023

08.02.2008

Die Suche nach Spuren menschlichen Denkens

Von Stephanie Kuntermann

Lohnt sich das Denken wirklich? Dieser Frage ging der Physiker und Kabarettist Vince Ebert beim "Politischen Aschermittwoch" der Grünen Liste nach. Wie es sich für einen Wissenschaftler gehört, wurde die Arbeitshypothese nicht nur mit einer Testperson aus dem Publikum, sondern auch mit hoch empfindlichen Geräten wie dem Argumentometer überprüft. Das wissenschaftliche Interesse der Schriesheimer an den Ebert’schen Experimenten war ungebrochen. Der Zehntkeller war ausverkauft.

Auf der Suche nach Spuren menschlichen Denkens klopfte der Kabarettist die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft ab und war dabei erwartungsgemäß wenig erfolgreich. Die Suche beim Fernsehen als der "vielleicht größten Bastion der Denkfreiheit" brach Ebert gleich ab. Auch in der Politik wurde er nicht fündig. "Wenn wir einen Müllermeister als Wirtschaftsminister haben, ist das genauso, als wenn Edmund Stoiber jetzt Logopäde werden sollte." Ein Zitat von Michael Glos zeigte Weitblick: "Ich hoffe, dass es meinem Land nie so schlecht geht, dass es auf Menschen wie mich zurückgreifen muss."

Mit leichtem bis tiefgründigem Witz, intelligent platzierten Pointen und Gags, die eine Herausforderung für die Großhirnrinde waren, sinnierte, kalauerte und blödelte sich Ebert in die Hirne und Herzen seiner Zuhörer. Natürlich bekam das Publikum auch wieder tiefe Einblicke in das Denken des Physikers. So erfuhr man, warum es bedeutend leichter ist, einen Fernseher aus dem Hotelfenster zu werfen als ein Elektron: "Das liegt an der Heisenberg’schen Unschärferelation." Vermutlich macht der zertrümmerte Fernseher aber auch mehr her. Überhaupt der wissenschaftliche Blickwinkel: "Die Wärme dehnt Dinge aus, deshalb sind die Tage im Sommer länger."

Durch Versuche könnten viele gängige Überzeugungen widerlegt werden: "Mikrowellen sind nicht krebserregend. Immer, wenn man einen Hamster in der Mikrowelle einsperrte, sank sein Krebsrisiko auf Null."Auch das Konsumverhalten ist selten vom Denken bestimmt: "Wenn die Lufthansa heute für 9,90 Euro einen Flug zu einer ukrainischen Kläranlage anbieten würde, wäre die Reise sofort ausgebucht." Mit dem kollektiven Konsumverhalten individueller Menschen sei es so wie mit Metronomen, die auf einer Schaukel abgestellt werden: nach einiger Zeit ticken sie alle gleich, und die Schaukel bewegt sich in ihrem Rhythmus.

Dass auch Kirche und Denken wenig kompatibel sind, bewies Ebert anhand des biblischen Sündenfalls: "Eva hat sich für das Denken entschieden. Hat sich das für die Frauen gelohnt?". Zur Strafe wurde das christliche Abendland nach den Hexenverbrennungen "besenrein" übergeben. Trotzdem empfahl Ebert das Denken: "Gehen Sie ein Risiko ein, machen Sie was Verrücktes – geben Sie Pfandgläser mal ungespült zurück oder putzen die Zähne morgens mit Elmex und abends mit Aronal."

Es hat seinen Grund in der Evolution, warum Männer dicke Autos fahren, auf einer Kabarett-Bühne stehen, Gedichte schreiben oder das Taj Mahal hochziehen: "Es geht darum, Frauen zu beeindrucken." Schließlich hat der Mann dazu weder einen imposanten Elefantenrüssel, ein abnehmbares Genital wie der Tintenfisch noch einen leuchtend roten Kamm wie der Hahn, der den Hennen anzeigt, dass er keine Darmparasiten hat: "Das kann der Mann heutzutage auch mit einer Stuhlprobe beweisen." Was ein klarer Pluspunkt für das Denken war. Am Ende ging der Versuch übrigens denkbar knapp mit 13 zu 12 Punkten für das Denken aus – das war wenig überraschend, hat Ebert sein Programm doch "Denken lohnt sich" genannt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung