Schriesheim im Bild 2023

19.03.2008

Sie schwingen Pinsel und Staubsauger

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. Vor dem evangelischen Gemeindehaus stehen zwei große Töpfe voller Vanillepudding zum Abkühlen, in der Küche schmoren Zwiebeln in Butter. "Das hier ist nur die Versorgungsstation", lacht Brigitte Rufer und führt die RNZ zum alten Gemeindehaus auf der anderen Straßenseite. Dort wuseln junge Bauarbeiter umher, und Bauarbeiter haben nun einmal Hunger.

Das, was die Kinder und Jugendlichen dort leisten, nennt sich "Baucamp 2008". Thomas Rufer hat dazu eine eigene Projektmappe angefertigt, die er Schriesheimer Firmen vorlegte: So wussten diese ganz genau, wie viel Quadratmeter neuer Teppichboden, Farbe, Holz und vieles mehr gebraucht wird, um den alten Jugendräumen im Gemeindehaus hinter der Kirche wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. "Die Schriesheimer Unternehmen haben großzügig gespendet", freut sich auch Kirchengemeinderatsvorsitzende Franziska Mersi.

Schon sehr lange wünschte sich die Gemeinde die Renovierung der Räumlichkeiten. Doch dafür war kein Geld da und in absehbarer Zeit auch keines in Sicht. Im Prinzip war die Volksbank Neckar-Bergstraße der Auslöser für die große Sanierungsaktion, an der sich neben ehrenamtlichen Erwachsenen vor allem jede Menge Kinder und Jugendliche aus der Gemeinde beteiligen. Die Volksbank wollte dem Evangelischen Förderverein "Die Rebe" 1000 Euro spenden, bat aber um Nennung eines bestimmten Verwendungszwecks. Da bot es sich an, das Nützliche mit der Förderzusage zu verbinden und die Renovierung anzugehen.

Thomas Rufer, praktischerweise Steuerberater und Hobbyschreiner in einer Person, ergriff die Initiative: Im vergangenen Herbst trafen sich Koordinatoren und Nutzer zum Projektierungs- und Planungstreffen. Die unterschiedlichen Bedürfnisse wurden abgestimmt und dann fanden sich in den einzelnen Jugendgruppen von Krabbelgruppe bis Jungschar sofort bereitwillige Helfer, die nun in dieser und in der nächsten Woche jeweils an zwei Tagen Pinsel, Schwingschleifer oder auch den Staubsauger schwingen. Hier werden geschätzte 16000 Euro in Eigenleistung erbracht.

Am Dienstagvormittag war bereits der uralte Teppichboden entfernt, waren die Heizkörper gestrichen, die Elektroleitungen unter Putz gelegt, eine Türöffnung wiederhergestellt und das kuschelige Holzkinderhaus mit Rutschbahn für den Krabbelgruppenraum in Arbeit. Für die Kleinen wird übrigens neuer Teppichboden verlegt, im Bastelraum gibt’s Kunststoffboden, und das wunderschöne Turmzimmer mit seinem tollen Blick auf Schriesheims Dächer erhält seinen einstigen Holzboden zurück.

Über 30 Kinder und Jugendliche sind in verschiedenen Teams im Einsatz. "Mir macht das Spaß", erklärt beispielsweise Felix, und Pia ergänzt: "Ich wach morgens sowieso früh auf und komm dann gerne her." Derweil wird Rufer um ein weiteres Schleifgerät gebeten, der Staubsauger und die Säge brummen. Von 9 Uhr morgens bis 18 Uhr am Abend sind hier alle im Verschönerungseinsatz. Der Tag beginnt mit einer gemeinsamen Kurzandacht, zwischendurch gibt es Mittagessen, Kaffee und Kuchen.

Finanziell ist man auf der sicheren Seite, nachdem die Aktion derart großherzig unterstützt wurde und das letzte Café der "Rebe" auf dem Mathaisemarkt noch Geld in die Kasse brachte. Zur Endabnahme der Räume schickt der Evangelische Oberkirchenrat einen Sachverständigen, danach ist ein Einweihungsfest geplant.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung