Schriesheim im Bild 2023

21.03.2008

Musik, die durch sich selbst wirkt

(sk) Die Weinstadt bekam am Wochenende einen Kurs in "sächsischer" Musik. Eine Lehrstunde der Extraklasse bescherte den Zuhörern das Posaunen-Ensemble "Opus 4". Der Kulturkreis hatte es eingeladen, und es spielte in der katholischen Kirche.
Ensemble-Leiter Jörg Richter ist Lehrer an der Leipziger Musikhochschule, Mitglied des Blechbläserensembles von Ludwig Güttler und erster Soloposaunist im Leipziger Gewandhausorchester. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Dirk Lehmann gründete er vor 14 Jahren das Quartett, das Musik aus fünf Jahrhunderten und auch von zahlreichen sächsischen Komponisten im Repertoire hat. Seit zwei Jahren spielen auch Richters ehemalige Schüler Stephan Meiner und Stefan Schmicker im Ensemble mit.

"Ich freue mich, dass viele Leute so weit vorn sitzen", wandte sich Richter augenzwinkernd an das Publikum. Das hatte nichts zu fürchten: Vom Forte bis zum Piano war jeder Ton ein Genuss, ging unter die Haut, brachte das Trommelfell zum Vibrieren und klang butterweich aus. Zu einer Art vor-österlicher Motette entführten die Musiker ihr Publikum in das Leipzig der frühen Barockzeit. Hier ist Bach nicht wegzudenken, und "Opus 4" spielte gleich drei seiner Werke. Den Anfang machte das "Air", eines der Stücke mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Bei aller Bekanntheit bekamen die Zuhörer hier doch im Satz für vier Posaunen eine neue Fassung zu hören, die schnörkellos gespielt wurde mit einem Crescendo, das kalt den Rücken herunterlief.

Auch eine Kantate im Bläser-Satz war zu hören. Zur ganz hohen Schule gehörte die Interpretation der Fuge in g-Moll. Die gedrechselten Läufe in atemberaubendem Tempo ließen nicht nur die Blechbläser nach Luft schnappen, sondern auch das Publikum. Den letzten Bach-Auftritt hatte Organist Denny Wilke. Der vielfache Preisträger und Assistenzorganist am Merseburger Dom lernte sein Handwerk bei Koryphäen wie Michael Schönheit oder Olivier Latry. Auch er hatte ein bekanntes Werk gewählt: Die Toccata und Fuge in d-Moll, die er eindrucksvoll und ohne Maniertheit spielte. Er ließ die Musik durch sich selbst wirken – man hätte ihm nur ein gediegeneres Instrument gewünscht. Doch er brachte auch die kleine Kirchenorgel hervorragend zum Klingen. Ein anderes, großartig gespieltes Orgelwerk war das Präludium in a-Moll von Buxtehude. Zum gemeinsamen Spiel waren die Posaunisten Wilke auf die Empore gefolgt und trugen "La Bavaria" von Gio Martino Cesare und Johann Georg Frank Brauns "Canzonato" vor. Im fugenartigen Aufbau erhielt auch die Orgel eine gleichberechtigte Stimme, und der großartige Zusammenklang beeindruckte.

Musik neueren Datums stammte von Anton Bruckner. "Wenn man seine Musik hört, ist man schon im Himmel", schwärmte Richter, und das Publikum musste ihm Recht geben. An Schuberts fragmentarischen "Lazarus" erinnernd, war gerade das "Ave Maria" sehr ergreifend und transparent gespielt. Das einzige unbearbeitete Stück stammte von Charpentier, doch mit seinen getragenen Klängen wollten die Leipziger ihr Publikum nicht in die Karwoche verabschieden. Mit einem schwungvollen Gershwin-Medley wäre das Konzert danach zu Ende gewesen, hätte sich das begeisterte Publikum nicht noch drei Zugaben erklatscht. Die erste war der "Tanz" von José Zitnik, ein lebhaftes Stück, das mit ansteckendem Humor gespielt wurde, und die zweite war der "Säbeltanz" von Aram Chatschaturjan. Mit dem Choral aus der Bach-Kantate "O Ewigkeit, du Donnerwort" beendeten die Künstler ihr Konzert dann endgültig, hieß doch der Titel passenderweise "Es ist genug".

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung