Schriesheim im Bild 2023

23.04.2008

„Wir werden den Tunnel nicht verhindern"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Auch im Meinungsaustausch mit der Grünen Liste (GL) in der Gaststätte "Frank" wurde deutlich, dass es für die "Nord"-Anwohner nicht mit einer 2,50 Meter hohen Lärmschutzwand getan ist, wenn die Zufahrt zum Branichtunnel gebaut wird. Sie wollen den "Deckel" auf der Straße.

Geht es nach ihnen, so soll also schon die Tunnelzufahrt ab der B3 unter der Erde verschwinden. Ein Ziel, für das die GL von Anfang an gekämpft habe, so Fraktionssprecher Christian Wolf, der den Abend moderierte. Die anderen Fraktionen hätten das stets abgelehnt.

Dabei habe die "Einhausung" der Straße mehr Vorteile als nur eine geringere Lärmbelastung für das Baugebiet "Nord", sagte Wolf. Beispielsweise müssten weniger Grundstücke verkauft werden. Außerdem blute ihm das Herz, wenn er sich die Tunnelzufahrt als Einschnitt in die Landschaft vorstelle. Dafür gab es spontanen Applaus. Ferner verbaue eine Lärmschutzwand den Blick in Richtung Leutershausen.

Allerdings wisse er nicht, so Wolf, ob der "Deckel" zum jetzigen Zeitpunkt der Planung noch machbar sei. Schließlich sei der Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig, der keine Tunnelzufahrt unter der Erde vorsieht. Es sei aber auch Fakt, dass etwas für den Lärmschutz getan werde, so GL-Stadtrat Robert Hasenkopf-Konrad: "Außerdem wäre es mit zwei Millionen Euro für 1000 Meter Überdeckelung nicht getan", griff er eine kursierende Zahl auf. "Über die Gestaltung der Lärmschutzwand werden wir reden", versprach er. Die Bürger regten an, dass ihnen die Entwürfe des Lärmschutzes vor der Gemeinderatsentscheidung vorgestellt werden sollten.

Wolf sagte, dass die Verwaltung offen sei für alles, "was sie beeinflussen kann". Zudem ermutigte er die "Nord"-Bewohner dazu, sich einzumischen. Etwa in der begleitenden Arbeitsgruppe, die Bürgermeister Hansjörg Höfer für das Tunnel-Projekt zugesagt habe, so Wolf. Darin sollten unter anderen sowohl die "Nord"-, als auch die Talstraßen-Bewohner vertreten sein.

Ein Bürger aus dem Neubaugebiet kritisierte Höfer direkt. Er habe bisher kein Verständnis für ihre Anliegen gezeigt. Man müsse der Verwaltung ebenso Zeit geben wie dem Gemeinderat, entgegnete Wolf: "Wir wissen erst seit einer Woche Bescheid." Zudem sagte er: "Wir werden den Tunnel nicht verhindern." Hasenkopf-Konrad ergänzte: "Keinen Tunnel zu bekommen, wäre die schlechteste Lösung." Wolf sagte überdies, dass zu prüfen sei, ob die Stadt überhaupt für die Kosten des Lärmschutzes in "Nord" aufkommen müsse. Schließlich sei das Gebiet schon 1968 im Flächennutzungsplan Bauerwartungsland gewesen – lange vor den konkreten Tunnelplänen. Außerdem sei die von Höfer genannte Summe in Höhe von 500000 Euro für die Lärmschutzwand wohl nur eine Schätzung "Pi mal Daumen" gewesen.

Ein "Riesenproblem" sei für die Anwohner auch die Tunnel-Baustelle, fuhr Wolf fort. Zwar habe das Regierungspräsidium zugesagt, die Bauphasen mit der Stadt abzustimmen: "Aber hier darf jeder skeptisch sein." Positiv bewertete Wolf die etwas umständliche Verkehrsanbindung des Baugebiets an die neue L536 über die B3: "Das ist gut so", denn so sei der Schleichverkehr durch "Nord" für diejenigen nicht mehr attraktiv, die die Zentgrafenstraße umfahren wollen.

"Wir hoffen, die Schriesheimer sehen, dass sie mehr haben als die Altstadt", hieß es aus dem Kreis der "Nord"-Bewohner. Christian Wolf warnte sie jedoch davor, sich in Folge des Branichtunnels als die Verlierer zu sehen: "Wenn Sie so polarisieren, werden Sie in Schriesheim nur wenig Gehör finden."


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung