Schriesheim im Bild 2023

08.05.2008

Wenn alles rund läuft, ist der Tunnel in sechs Jahren fertig

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Als Ministerpräsident Günther Oettinger am 22. Januar dieses Jahres die Finanzierungszusage für den Schriesheimer Branichtunnel gab, da knallten in der Weinstadt die Korken. In der Abteilung Straßenwesen und Verkehr krempelte das Team von Abteilungsdirektor Klaus-Dieter Lang die Ärmel hoch und begann mit der konkreten Planung für das 63 Millionen Euro teure Straßenbauprojekt.

Noch dieses Jahr soll die erste der fünf Bauphasen beginnen. Wenn alles rund läuft, ist der Tunnel in gut sechs Jahren fertig. "Dann darf aber gar nichts dazwischenkommen", sagt Bauleiter Michael Trees von der Heidelberger Außenstelle des Regierungspräsidiums.

Der Branichtunnel wird nicht nur den Vorderen Odenwald besser an die Rheinebene anbinden. Er soll vor allem die Schriesheimer Ortsdurchfahrt entlasten. Durch die enge Talstraße – im offiziellen Behördendeutsch die Landstraße 536 – quälen sich schon heute rund 14000 Fahrzeuge. Pro Tag. Begegnen sich hier zwei Lastwagen, ist es so gut wie aus.

Richtige Gehwege gibt es in einigen Abschnitten gar nicht. Zustände, die den Talstraßenbewohnern schon in den 50er Jahren zu viel waren. Gleichwohl gründete sich die Bürgerinitiative für eine Umgehung erst im Jahr 1973. Damit begann der Kampf um den Tunnel mit allen Höhen und Tiefen. Die Schriesheimer haben ihn gewonnen.

Doch vor der Entlastung stehen gut zwei Jahre Baustellenverkehr, denn etwa 130 Meter der knapp 1800 Meter langen Tunneltrasse werden voraussichtlich ab dem Frühjahr 2010 von der östlichen Zufahrt her erschlossen. Zwischen der Firma Kling Malz und dem Talgasthof Scheid soll die Stelle liegen, an der der Verkehr künftig in den Branich geleitet wird. Und die Lastwagen haben hier gar keine andere Wahl, als das Geröll aus dem Berg über die enge Ortsdurchfahrt abzutransportieren. Behinderungen gerade auch für den Berufsverkehr scheinen da vorprogrammiert zu sein.

Der weitaus größte Teil der rund 150000 Kubikmeter Gestein wird jedoch über die westliche Tunnelzufahrt weggeschafft, die später den Branichtunnel mit dem jetzigen Autobahnzubringer verbinden soll. Dieser neue Teil der Landstraße 536 wird daher auch gebaut, bevor die Tunnelröhre gebohrt wird.

Die neue Straße wird dann gleich als Baustellenzufahrt verwendet, die den Anwohnern des Neubaugebiets "Nord" die meisten Sorgen bereitet. Denn die L 536 wird künftig direkt vor ihrer Haustür liegen, bevor sie nördlich des Schriesheimer Friedhofs im Berg verschwindet.

Zwar war den Neubürgern auch schon vor zwei bis drei Jahren bekannt, dass es da dieses ominöse Tunnelprojekt gibt, von dem zwar alle redeten, das offenbar aber noch in weiter Ferne zu liegen schien. Und außerdem war schon im Bebauungsplan für "Nord" eine 2,5 Meter hohe Lärmschutzwand entlang der nördlichsten Grundstücke eingeplant. Doch wer glaubte damals schon an den Tunnel?

Jetzt wird er gebaut, und die Bewohner des Baugebiets kämpfen gegen die drohenden Begleiterscheinungen der Baustelle sowie des späteren Verkehrs. Dazu gehören der Lärm und die Feinstaubbelastung. Am liebsten wäre es ihnen, dass schon die westliche Tunnelzufahrt unter der Erde verschwindet. So ein "Deckel" steht aber nicht im Planfeststellungsbeschluss, der quasi die baurechtliche Genehmigung des Branichtunnels ist. Zudem würde das zusätzliche Millionen kosten. Gleichwohl nimmt Bürgermeister Hansjörg Höfer ihre Bedenken ernst.

Auch die Sorgen der Hausbesitzer auf dem Branich, der Schriesheimer Top-Adresse für das Wohnen in Hanglage, hat Höfer zur Kenntnis genommen. Sie fürchten, dass die Tunnelsprengungen und der Vortrieb im Berg ihre Häuser in Mitleidenschaft ziehen könnten – was das Regierungspräsidium fast ausschließt, weil die Röhre viel zu tief im Berg liege. Der Abstand sei da groß genug.

Dennoch geht Höfer darüber nicht hinweg. Als er den Bürgern gemeinsam mit dem Regierungspräsidium die Tunnelpläne vorstellte, war die Strahlenberger Schulturnhalle zum Bersten voll: "Das zeigt, dass der Branichtunnel alle Schriesheimer betrifft". Und die ganze Region.

Daher setzt die Schriesheimer Verwaltung auf umfassende Information. Auf der Homepage der Stadt www.schriesheim.de kann man sich den Lageplan der gesamten Tunneltrasse und ihrer Zufahrten ebenso herunterladen, wie eine Broschüre mit Informationen zur Historie und zu den Bauphasen. Auch detaillierte technische Daten und Ansprechpartner zu allen Fragen rund um den Bau des Branichtunnels sind hier zu finden.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung