Schriesheim im Bild 2023

05.06.2008

Löwenzahn beißt sich tief in die Erde

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schriesheim. Wer dieser Tage durch die Weinberge von Schriesheim spaziert, hat was zu schnuppern. Die nur wenige Tage dauernde Rebblüte hat begonnen, geht bei manchen Traubensorten sogar schon wieder zu Ende. Doch noch duftet es gut. Allerdings: Wegen der erforderlichen Bekämpfung des Echten Mehltaupilzes sollte nun Schwefel gespritzt werden. Den Tipp gab Dr. Volker Jörger vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg bei der von der Winzergenossenschaft organisierten Begehung am Dienstag. Dass mit Schwefel auch in den Blüte gespritzt werden darf, war für einen der über 40 Teilnehmer neu.

Sie alle wissen jetzt mehr. Etwa über kostensparende und nachhaltige Pflege von Weinbergen, die auch noch mit einer Qualitätsverbesserung dessen verbunden ist, was letztlich in die Flasche kommt. Einmal mehr plädierte Jörger vor Ort für die mechanische "Tieflockerung" des Bodens zum richtigen Zeitpunkt. Das ließe sich seiner Schilderung zufolge einfach mit einem Schlepper und angehängtem Hackrahmen mit Zinken machen. Der Experte würde die Lockerungsmethode gerne mal vor Ort von einem Winzer demonstrieren lassen. Vielleicht bei der Weinbergsbegehung Ende August? Jörger hat seinen Worten nach sechs Jahre lang über 1170 Parzellen auf diese Weise in Zusammenarbeit mit Winzern bearbeitet. Demnach kann eigentlich nichts schiefgehen.

Die "fachgerechte Tieflockerung" würde nur Vorteile bringen. Schließlich wirke festgebackene Erde "wie ein unterirdischer Trog", durch den keine Wurzel mehr dringe. Somit könne auch der Regen nicht versickern und die Rebwurzel stehe im Stauwasser, so Jörger.

Als "Tiefwurzler" in der Weinbergsbegrünung sind Winert-Wicke sowie Weiß- oder Rotklee gerne gesehen. Sie halten den Boden locker, könnten bei einer Tieflockerung gleich eingesät werden und sammeln Luftstickstoff für die Rebernährung. Wer hätte gedacht, dass sich auch Löwenzahn mit seinen Wurzeln bis einen halben Meter tief in den Boden bohrt?

Bei der Führung mit Jörger und seinem Kollegen Patrick Schreieck war auch die richtige Düngung mit Phosphor, Kalium, Magnesium und Bor ein Thema. Dazu wurden Handzettel verteilt, denen zu entnehmen war, was pro 100 Gramm oder pro Kilogramm Erde angemessen ist. Stickstoff-Dünger ist laut Jörger seit dem letzten Jahr um bis zu 70 Prozent teurer geworden, was mit dem gestiegenen Rohölpreis zu tun habe. Doch er wusste auch: "Manches Düngeritual kann zu einem Nährstoffmissverhältnis führen". Das heißt: Wenn ein Winzer mit dem Düngen anfängt, machen es die anderen sehr häufig nach. Egal, ob der gewählte Termin geeignet ist oder nicht. Bei der organischen Düngung rät Jörger zu Naturmaterialien wie Stroh oder Trester. Wird der Weinberg kurz nach der Blüte mit Stroh abgedeckt, kommt einerseits darin enthaltenes Magnesium ins Erdreich, und andererseits wird der Wasserverbrauch der Rebfläche um etwa die Hälfte reduziert. Trester sei noch effektiver, da dessen Stickstoffgehalt höher ist. Allerdings ist die Tresterdüngung zwischen Ende Februar und Anfang April vorzunehmen: "Wir wollen ein ruhiges und gleichmäßiges Wachstum der Reben und deren gesunde Ernährung", so Jörger. Außerdem konnten die beiden Experten vom Weinbauinstitut nur raten, regelmäßig Bodenproben zur Untersuchung zu bringen. Auf dass sich die Winzer überflüssige Düngungen ersparen mögen.

Im Weiteren plädierte Schreieck für die "Flachbogen-Erziehung" der Reben, die sich gegen den Halbbogen immer mehr durchsetze. Auch weil damit die Laubwandstruktur besser und die Zahl der Blätter pro Rebtrieb überall gleich groß werde. Eine lockere Laubwand werde leichter durchlüftet, was wiederum Pilzkrankheiten vorbeuge, so Schreieck. "Doppel- und Kümmertriebe entfernen", lautete eine weitere Botschaft von ihm. Auch weil sich die Triebe in besagter Laubwand gleichmäßig verteilen sollen.

Ferner riet Schreieck dazu, mit dem "Gipfeln" nach Möglichkeit 14 bis 21 Tage nach der Blüte zu warten. Wer es früher tue, der riskiere, dass die Trauben an den Henkeln so dicht wachsen, dass sie sich gegenseitig abdrücken. Die Gesunderhaltung der Trauben bis zur Lesereife wird dadurch erheblich gefährdet, ein auf Qualität bedachter Winzer gipfelt deshalb möglichst spät.

Beide Experten des Weinbauinstituts gingen davon aus, dass Schriesheims Winzer den maximalen Erfolg im Weinberg anstreben und deshalb die Bewirtschaftungsempfehlungen während des Vegetationsverlaufes umsetzen.




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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung