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04.07.2008

Die Natur erleben in einer alten Kerzenfabrik

Die Natur erleben in einer alten Kerzenfabrik

Von Carsten Blaue

Auf dem Gelände der ehemaligen Kerzenfabrik Högg soll eine Art "Natur-Erlebnispark" entstehen, der von sozialtherapeutisch betreuten Menschen mitverwaltet wird. Foto: Dorn

Schriesheim. Die Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission Heidelberg unterstützt Wohnungslose und andere Menschen in schweren sozialen Lagen darin, im Alltag langsam wieder Fuß zu fassen und ein neues Selbstwertgefühl sowie Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln. Das Leben soll wieder eine Struktur bekommen. Diese Ziele verfolgt in Schriesheim die soziale Heimstätte Talhof mit Erfolg. Sie wird von der gemeinnützigen GmbH betrieben. Die Verbindungen zu Schriesheims Bevölkerung sind vielfältig. Erinnert sei nur an die Arbeiten der Schreinerei, Schlosserei, Gärtnerei oder Wäscherei. "Wir wollen diesen Ansatz jetzt in Schriesheim weiterdenken", sagte der Geschäftsführer der Wiedereingliederungshilfe, Christian Dietrich gestern im RNZ-Gespräch. Und zwar mit dem Projekt "Mühlenhof" in der ehemaligen Kerzenfabrik Högg neben dem Waldschwimmbad. Das Projekt wird von der Stiftung des MLP-Mitbegründers Manfred Lautenschläger unterstützt.

Gedacht ist an eine Art "Natur-Erlebnispark" mit Tieren, um die sich die Wohnsitzlosen kümmern. Gerade die Arbeit mit Tieren sei für die sozialtherapeutisch unterstützten Menschen mit der beste Weg, das Pflichtbewusstsein sowie das Miteinander zu fördern: "Beide Seiten müssen füreinander sorgen, und der Mensch muss sich dem Rhythmus des Tieres anpassen", so Dietrich.

Ziegen und Schafe grasen bereits auf dem Gelände, auf dem zum Beispiel auch ein paar Schweine oder sogar Pferde eine Heimat finden könnten. Dietrich sagte, dass man darüber nachdenke, therapeutisches Reiten im "Mühlenhof" anzubieten. Vielleicht könnte auch ein Imker in einem ausgehöhlten Baumstamm ein Bienenvolk ansiedeln. Selbst ein Brutplatz für Ringelnattern könnte zu diesem Park gehören, der kein "Hightec-Bauernhof" werden soll, sondern ein Stück erlebbare Naturkunde, das allen Bürgern, egal ob jung oder alt, offensteht. Dietrich erzählte von einem Besuch des Altenbacher Kindergartens, der bereits im "Mühlenhof" vorbeischaute. Die Kinder seien bei der Schafschur dabei gewesen: "Sie waren völlig begeistert."

Dass der "Mühlenhof" auch ein Freizeitziel für die ganze Familie werden soll, wird daran deutlich, dass über eine Gastronomie mit Hilfe eines Partners von außen nachgedacht wird. Hier könnten regionale oder selbst produzierte Erzeugnisse angeboten werden. In den Aufbau des Gastro-Betriebs sollen die acht bis 14 Unterstützungsbedürftigen ebenfalls integriert werden, die künftig im "Mühlenhof" wohnen sollen.

Vielleicht im Frühherbst nächsten Jahres, so Dietrichs vorsichtige Schätzung, könnte die naturnahe Erlebnis-Oase fertig sein, die ohne die Hilfe der Manfred-Lautenschläger-Stiftung wohl nicht denkbar wäre. Die Stiftung hat die Gebäude der alten Kerzenfabrik erworben und wird sie für ihren neuen Zweck umbauen. Danach wird das Anwesen an die Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission übergeben, die den Betrieb anschließend führt: "Das Risiko liegt dann bei uns", so Dietrich, der von dem völlig neuen Ansatz überzeugt ist: "Das ist einmalig in Deutschland". Auf die sozialtherapeutische Betreuung der Wohnsitzlosen ist die Wiedereingliederungshilfe spezialisiert. Für die Tierpflege und -versorgung sowie für landwirtschaftliches Know-how wird sie sich externe Hilfe holen.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung