Schriesheim im Bild 2023

15.07.2008

Folteropfer mit Fäkalien „zwangsernährt"

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. "Es ist nicht Aufgabe des IOC, die Menschenrechtslage in China zu verbessern": Mit diesem umstrittenen Zitat des Präsidenten Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, umriss Hubert Körper, Chinabeauftragter der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), eine der Positionen zur Lage in China. Zusammen mit IGFM-Vorstand Man-Yan Ng erstattete er auf Einladung des Kurpfalz- Gymnasiums vor Schülern einen bewegenden, kenntnisreichen Bericht über die Lage in China. "Dass der Zuschlag für die 29. Olympischen Spiele an Peking ging, war in erster Linie eine wirtschaftspolitische Entscheidung", sagte Körper.

Allein der Bau von 27000 neuen Filialen im Reich der Mitte sei ein finanzieller Anreiz für eine Firma wie Adidas, ebenso wie der Bau von Maschinen wie der Boeing 767 für die US-Regierung. Es sei haarsträubend, dass in Veröffentlichungen wie der IHK-Zeitschrift immer noch aufgefordert werde, in China zu investieren.

Auch China brauche die Olympischen Spiele. Deshalb wurden bereits 1,5 Millionen Menschen in Peking aus ihren Wohnungen vertrieben, die für den Bau olympischer Sportstätten abgerissen wurden.

Mit den Ausländern macht das Land auch im Organhandel gute Geschäfte. Körper zitierte einen Untersuchungsbericht aus Kanada. Der frühere Staatssekretär David Kilgour und der Menschenrechtsanwalt David Matas waren einem schwunghaften Organhandel auf die Spur gekommen. Inhaftierten Anhängern der religiösen Gruppe "Falun Gong" seien bei lebendigem Leib Organe entnommen worden, berichteten Kilgour und Matas. Auch den Körpern von Exekutierten würden Organe entnommen, in der Regel ohne die Zustimmung der Angehörigen. Mit 20000 Transplantationen pro Jahr nimmt China im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein.

Für 130000 US-Dollar bekommt man in einem eigens für zahlungskräftige Ausländer errichteten Krankenhaus etwa eine neue Leber. Jahrelange Wartezeiten für Spenderorgane sind den chinesischen Kliniken fremd. Schon nach wenigen Tagen steht ein passendes Organ zur Verfügung. Die Kanadier kamen dem Handel durch die Aussage eines Arztes auf die Spur, der 2000 lebenden Menschen die Augenhornhäute entfernen musste.

Nicht nur Organhandel, sondern auch Folter und Gehirnwäsche seien in chinesischen Gefängnissen und Arbeitslagern an der Tagesordnung. Die Opfer würden stunden- oder tagelang in eiskaltes Wasser gestellt, mit Fäkalien "zwangsernährt" oder in winzige Käfige gesperrt. Die Wanderausstellung "Games of Shame" zeigte erschütternde Bilder von Folteropfern.

Körper und Ng stellten auch, stellvertretend für Tausende, einige chinesische Menschenrechtsaktivisten vor. Chen Guancheng wurde mit vier Jahren Gefängnis bestraft, weil er sich für die Opfer von Zwangsabtreibungen einsetzte – bis zum neunten Monat werden in China gewaltsam Abtreibungen vorgenommen. Hu Jia oder Ren Wanding, der die erste chinesische Menschenrechtsorganisation gründete und zum Boykott der Olympischen Spiele aufrief, wurden ebenfalls zu langjährigen Haftstrafen oder Zwangsarbeit verurteilt.

Berühmtester Aktivist ist derzeit der Anwalt Gao Zhisheng. In seinem Buch "Chinas Hoffnung", das dieser Tage im Buchhandel erscheint, berichtet er über Folterkammern, geheime Arbeitslager oder über mafiöse Strukturen innerhalb des Staatsapparats.

Körper und Ng forderten, keine Olympischen Spiele in Peking zu feiern, solange die Menschenrechte dort missachtet würden. Auch "amnesty international", Olympic Watch, Human Rights Watch, Reporter ohne Grenzen, die Sammelbewegung "Free Tibet Campaign" und Prominente wie Steven Spielberg und UNICEF-Botschafterin Mia Farrow setzten sich derzeit für die Menschenrechte in China ein, berichtete Körper. Mit Unterschriftenaktionen forderten die Redner, die zuletzt im Europäischen Parlament in Brüssel sprachen, Schüler und Lehrer zum Mitmachen auf.

Info: Weitere Infos im Internet unter www.igfm.de.




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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung