Schriesheim im Bild 2023

24.07.2008

„Die Hirschberger werden nicht über Schriesheim herfallen"

Schriesheim. (cab) Die Schneider Lärmschutztechnik GmbH aus dem schwäbischen Donzdorf wird die neue, rund 420 Meter lange Lärmschutzwand am Wohngebiet "Nord" bauen, und zwar vor allem aus Holz. Das entschied der Gemeinderat gestern mit breiter Mehrheit. Von der Grünen Liste war lediglich Johannes Scharr für diese Lösung. Der Rest der Fraktion bevorzugte eine Wand aus Stein. Das galt auch für die SPD-Stadträte Sebastian Cuny und Gabriele Mohr-Nassauer. Das Gremium wird im September über die endgültige Ausführung entscheiden: "Dann wissen wir, wie die Lärmschutzwand aussieht", so Bürgermeister Hansjörg Höfer.

Gestern ging es also erstmal um die ausführende Firma, den Preis und den maßgeblichen Werkstoff. Holz und Steinkörbe hatten sich bereits hinter verschlossenen Türen als favorisierte Materialien herausgestellt, die schallschutztechnisch gleichwertig sind (wir haben berichtet).

Auch unter den im Nachtragshaushalt veranschlagten 500000 Euro blieben alle Anbieter. Die Firma Schneider kalkulierte mit Kosten in Höhe von gut 256000 Euro. Also war Geld ebenfalls nicht das Thema gestern Abend, sondern die Ästhetik. "Wir wollen keine Stadtmauer", stellte CDU-Fraktionschef Paul Stang klar. Jedoch müsse die Lärmschutzwand aus Holz mit Gabionen kombiniert werden: "Extrawünsche werden aber Kostenerhöhungen mit sich bringen", räumte Stang ein, der sich für eine Begrünung der Wand aussprach. Auch diese müsse in die endgültige Kostenkalkulation einfließen.

Robert Hasenkopf-Konrad (GL) sagte: "Wir hätten uns für diese wichtige Entscheidung mehr Zeit gewünscht. Aber das war nicht möglich." Erst im April gab es Klarheit über die Bauphasen des Branichtunnels. Danach stand fest, dass der Lärmschutz noch in diesem Jahr gebaut werden muss. Er soll nämlich fertig sein, bevor im November der Bau der Brücken über die künftige Tunnelzufahrt beginnt.

Hasenkopf-Konrad betonte, dass für die GL schon vor der Bürger-Info am 9. Juli klar war, dass sie eine Wand aus Stein bevorzugen würde: Diese könne sich zum "Mikrokosmos" und einem Lebensraum für Kleintiere und Pflanzen entwickeln, so der Grünen-Stadt über den ökologischen Aspekt. Zudem sei eine Wand aus Steinkörben, sogenannten Gabionen, langlebiger und man brauche keine Holzschutzmittel. Überhaupt sei diese Lösung städtebaulich ansprechender als eine Holzwand: "Wir folgen der Verwaltung also nicht." Dafür gab es spontanen Applaus der anwesenden Bürger aus "Nord", die sich in einer Umfrage ebenfalls mehrheitlich für eine Wand aus Stein ausgesprochen hatten.

Die Freien Wähler könnten sich hier keine 420 Meter lange "Chinesische Mauer" vorstellen, konterte Alfred Burkhardt: "Und die Hirschberger werden auch nicht über Schriesheim herfallen." Es gelte also, mit dem Schallschutz ein einladendes, kein abweisendes Bild am nördlichen Ortseingang zu erzeugen. Eine "Bretterwand" dürfe man aber auch nicht bauen. Aus Holz müsse der Lärmschutz bestehen, "aber in ausgewogener, filigraner Kombination mit Stein und auch Glas", forderte Burkhardt.

Abgesehen davon gebe es keinen ökologischeren Baustoff als Holz, wandte sich der Stadtrat an die GL-Fraktion. "Holz schon. Aber eine Bretterwand hat an sich nichts ökologisches. Da lebt außer dem Holzwurm nichts", sagte GL-Sprecher Christian Wolf.

"Wenn wir über den Lärmschutz entscheiden, heißt das, dass der Tunnel kommt", sah Sebastian Cuny (SPD) das grundsätzlich Positive in diesem Beschluss "der Ästhetik", der letztlich Geschmackssache sei. Wolfgang Renkenberger (FDP) unterstrich, dass der Gemeinderat nicht die billigste Lösung wähle. Eine Holzwand mit Gabionenpfeilern könne begrünt durchaus "Stadtmauer-Optik" haben, war er durchaus angetan: "Besser geht’s nicht". Es bewahrheitete sich also einmal mehr: Die Geschmäcker sind verschieden.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung