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01.10.2008

„Wir brauchen mehr Ruhe für die Umsetzung"

Schriesheim. (kaz) Die "bestmögliche Bildung für jedes Kind", wie sie vielleicht nur Ganztagesschulen garantieren, wünscht sich Dr. Birgit Arnold. Die schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion und hiesige Abgeordnete war bei einer Gesprächsrunde des Ortsvereins der Schriesheimer Liberalen zu Gast, an der auch die Direktoren des Kurpfalz-Gymnasiums (KGS) sowie des privaten Heinrich-Sigmund-Gymnasiums (HSG), Matthias Nortmeyer und Dr. Wolfgang Metzger, teilnahmen. Es ging um "G 8", den um ein Jahr verkürzten Weg zum Abitur.

Für Arnold eine "Chance zur Erneuerung", die aber im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht von einem aufs andere Jahr kam, sondern in Baden-Württemberg schon 1991 im Modellversuch erprobt wurde. Die Abgeordnete erklärte zum Auftakt Begriffe wie "Kerncurriculum" und "Schulcurriculum". Das heißt: Schulen können sich ihr eigenes Profil geben, das in einem Drittel der rund 36 Unterrichtsstunden pro Woche und Klasse zur Geltung kommen muss.

Über die neuen Bildungspläne sagte sie: "Es geht nicht mehr darum, was Lehrer lehren, sondern was Schüler können sollen." Entsprechend knapp sind besagte Pläne gefasst. Gegen den Begriff "entrümpeln" wehrte sie sich allerdings, auch wenn der vorgeschriebene Unterrichtsstoff gestrafft wurde. Dies auch angesichts der immer kürzer werdenden Halbwertszeit des Wissens. Arnold sprach von der neuen "Rhythmisierung" des Schulalltags, bei der die Schulen ihren Weg der Wissensvermittlung selbst wählen.

Dies durch Abwägen zwischen Kern- und Schulcurriculum, Kontingentstundentafel und "Pool-Stunden" zur freien Verfügung. Das Abitur nach acht anstatt neun Schuljahren hat ihrer Meinung nach den Vorteil, dass junge Leute schneller auf dem Arbeitsmarkt präsent sind. Nicht zuletzt, um sich dem europäischen Wettbewerb zu stellen.

Die Landtagsabgeordnete ging davon aus, dass dies den Schulen ein hohes Maß an pädagogischer und organisatorischer Freiheit abverlangt. Dass die Landesregierung noch vor den Sommerferien die "Bildungsoffensive" auf den Weg brachte, hat sie selbst überrascht. Etwa 3200 Neueinstellungen von Lehrkräften in den nächsten Jahren, die mögliche Senkung des Klassenteilers auf 30: Das klingt nach Verbesserungen. Und doch scheinen schon die bisherigen Reformen die Schulen zu überfordern: "Wir brauchen mehr Ruhe für die Umsetzung", so HSG-Leiter Metzger. Auch sein Kollege des Kurpfalz-Gymnasiums wusste um die Leistungen seines Kollegiums, wollte diese aber auch von der Landesregierung gewürdigt wissen. "G8" sei ein Teil der "Europäisierung" des Schulsystems, begrüßte Nortmeyer.

In der Diskussionsrunde meldete sich die Mutter einer Sechstklässlerin zu Wort. Die Ärztin sagte, Kinder seien oft überfordert, was sich auf die Gesundheit negativ auswirke. Also schlug sie vor, den Schulunterricht durch Entspannungsübungen aufzulockern.

Dann forderte die Mutter außerdem eine "Qualitätskontrolle" für Lehrer. In anderen Berufen sei das längst selbstverständlich. Die Elternbeiratsvorsitzenden des Kurpfalz-Gymnasiums verfolgten den Redebeitrag aufmerksam und zeigten sich interessiert.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung