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09.10.2008

Sie ziehen Gutes an und halten Böses fern

Sie ziehen Gutes an und halten Böses fern

chriesheim. (sk) Glücksklee, Marienkäfer, Fliegenpilz: Diese "Glücksbringer" kennt jeder. Im Islam haben Amulette und Talismane ebenfalls eine lange Geschichte, über die Islamwissenschaftlerin Dr. Gabriele Berrer-Wallbrecht kürzlich in der VHS referierte.

Fast 70 Interessierte waren in den Vortragssaal gekommen, haben sich doch die Islam-Vorträge von Berrer-Wallbrecht mittlerweile zu einer festen Größe entwickelt. Auch dieses Mal wartete neben Kuchen und Tee als Zeichen orientalischer Gastfreundschaft wieder ein spannender und fundierter Vortrag auf die Zuhörer.

Am Anfang stand wie immer die Erklärung der Begriffe: Wo das Amulett der Abwehr böser Einflüsse dienen soll, zieht der Talisman Gutes an und bringt Glück. Das Wort "Amulett" leitet sich vom arabischen "hamala" ab, was "tragen, aufladen, mitnehmen" bedeutet. "Kleine, am Körper getragene Gegenstände wie mit Sprüchen beschriebene Steine oder Zettel werden im arabischen Raum bis heute durch Handauflegen ,aufgeladen’, während der, der die Hand auflegt, Segenswünsche spricht", erklärte Berrer-Wallbrecht. Der arabische Begriff wurde zum lateinischen "amuletus" und später zu "Amulett".

Das Wort "Talisman" ist dagegen eine direkte Ableitung aus dem Arabischen, es stammt von "tilasm" und bezeichnet ein mit Sprüchen beschriebenes Siegel. Die meisten dieser Siegel waren Karneole mit spiegelverkehrt eingeritzten Buchstaben. Hergestellt wurden die Talismane unter bestimmten astrologischen Konstellationen, mit Gebeten und Räucherungen. "In Indien ist es noch immer Brauch, dass der Bräutigam der Braut bei der Hochzeit das ’Tali’, eine Art Talisman, umhängt", so Berrer-Wallbrecht.

Im vorderen Orient bis heute sehr beliebt sind Amulette gegen den bösen Blick: "Mohammad sagt in seiner Hadit-Literatur, dass der böse Blick Realität ist", berichtete Berrer-Wallbrecht. Zum Schutz vor Neid, Eifersucht, Boshaftigkeit, Rufmord oder bösen Gedanken seien seit langem die blauen Augen in Gebrauch: "Blaue Augen stehen im Orient für das Fremde, da vor allem Ausländer blaue Augen haben. Und alles, was fremd ist, macht erst einmal Angst." Durch den blauen Stein oder das Glas wird der böse Blick abgelenkt und trifft nicht den Träger, sondern das Amulett. Auf einem alten Silbercollier aus osmanischer Zeit waren noch einige dieser blauen Augen erhalten, es gab aber auch noch andere Talismane zu sehen, beispielsweise eine silberne Kapsel, in der Segenssprüche aufbewahrt wurden oder einen Skarabäus.

"Im Orient haben die Dinge eine sichtbare und eine unsichtbare Seite. So steht der Skarabäus, also der Mistkäfer, der Kugeln dreht, für das Leben und die Unendlichkeit", erklärte die Referentin.

Auch geometrische Figuren wie Kreis, Quadrat oder Hexagramm haben symbolische Bedeutungen, ebenso Tiere, Steine oder Pflanzen. Eine der berühmtesten heilkräftigen Wurzeln war im Mittelalter die Alraune, die oft als verhutzeltes Männlein dargestellt wird.

Neben schmerzstillender Wirkung als Heilkraut wurde ihr auch eine mächtige Schutzfunktion nachgesagt. Im Gegensatz zum Volksglauben sei Aberglaube die Annahme, dass bestimmte Personen, Orte oder Gegenstände geheimnisvolle Kräfte haben. "Der Aberglaube ist ein Schatten, der innere Wahrheit auf das Leben wirft", zitierte Berrer-Wallbrecht Schiller.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung