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21.10.2008

Eine Weinlese ist ja kein Wettrennen

Eine Weinlese ist ja kein Wettrennen

Vergangene Woche bei der Traubenannahme im Kelterhaus. Fotos: Dorn

Schriesheim. (cab) Die Winzergenossenschaft (WG) hat am Wochenende die diesjährige Weinlese abgeschlossen. Fast jedenfalls. Etwa ein halber Hektar Riesling hängt noch in den Weinbergen von Winfried Krämer, Peter Haas und Karlheinz Morast. WG-Geschäftsführer Harald Weiss will noch eine Riesling-Spätlese in den Keller bringen. Da darf es ruhig eine Sonnenstunde mehr sein, zumal wenn die Temperaturen dabei schön frisch sind.

Ansonsten ist alles geerntet und gut in Breisach beim Badischen Winzerkeller angekommen, wo aus Schriesheims Trauben Wein wird: "Breisach hat von uns völlig unkomplizierte Ware bekommen", sagte Weiss in seiner Herbst-Bilanz. Die Traubenmenge sei dieses Jahr insgesamt höher gewesen als in den beiden Vorjahren, die allerdings nicht besonders üppig ausgefallen seien. Insofern sei etwas mehr Menge dieses Jahr gut. Auch mit der Qualität der Trauben war Weiss zufrieden: "Wir hatten schönes, gesundes Lesegut. Die Winzer haben im Weinberg gut gearbeitet, und sie haben unsere Anregungen umgesetzt." Auch dieses Jahr hat der Geschäftsführer seinen Qualitätskurs durchgezogen: "Da macht man sich vielleicht bei einzelnen auch mal unbeliebt. Aber das muss ich in Kauf nehmen", so Weiss. Diese Fälle seien aber selten gewesen, betonte er.

Fast fünf Wochen dauerte der Herbst. Am 16. September wurde im Kelterhaus, in dem die Mannschaft wieder Tag und Nacht zur Leistung bereit war, der erste Müller-Thurgau abgepresst: "Die Fäulnisentwicklung beim Müller-Thurgau hat uns diesen frühen Lesebeginn aufgezwungen. Ansonsten hätten wir noch länger gewartet", sagte Weiss. Den fast zweiwöchigen Vorsprung, den Badens Norden gegenüber dem Süden durch die frühe Blüte hatte, wollte man nicht gleich am Anfang des Herbstes wieder verspielen: "Außerdem ist eine Weinlese ja kein Wettrennen." Geduld ist alles.

Bereits am zweiten Tag der Lese testete die WG erstmals die Maschinenlese mit einem Traubenvollernter. Die Winzer Klaus Bühler, Matthias Müller-Heberle und Winfried Krämer machten mit und ließen Werner Bauer, den Inhaber des Winzerhofs Dachsbuckel, mit seinem roten Ungetüm durch ausgesuchte Müller-Thurgau-Anlagen fahren. Diese mussten sich vorher auf Vollerntertauglichkeit prüfen lassen. Zudem mussten die Winzer zuvor unbrauchbares Lesegut rausschneiden. Ohne Handarbeit ging es beim Probelauf also nicht, der sich neben dem "Müller" auf ausgewählte Weinberge der Sorte Riesling beschränkte. Die WG lässt das Vollernter-Lesegut separat ausbauen, um später vergleichen zu können. Für die Genossenschaft war der Test ein Stück Zukunftssicherung, um in problematischen Jahren einfach schneller auf kritische Entwicklungen im Weinberg reagieren zu können – man erinnere sich nur an das Jahr 2006. Dieses Jahr hatten die Winzer mehr Glück: "Das Wetter hat rechtzeitig die Kurve gekriegt", sagte Weiss. Nur zwei Lesetage fielen dem Regen zum Opfer. Am 30. September wurde die Spätburgunder-Lese abgebrochen. Am vergangenen Donnerstag fingen die Winzer gar nicht erst an. Dafür waren die letzten beiden Lesetage mit Spätlese-Qualitäten beim Weißburgunder und beim Gewürztraminer versöhnlich.

Überhaupt die Qualitäten. Der Blick ins Mostlieferbuch weist die nackten Zahlen aus: "Das ist eigentlich am ehrlichsten", sagte Weiss. So schlug der Silvaner mit 91 und 97 Grad Öchsle zu Buche, der Spätburgunder Rotwein in der Spitze mit 110 Grad Öchsle, der Grauburgunder mit über 100 und der sortierte Weißburgunder mit 98 Grad Öchsle – um nur mal wenige Beispiele zu nennen. Und den halben Hektar Riesling, der noch nicht geerntet ist, darf man auch nicht vergessen. Das wird sicher ein schöner Abschluss im diesjährigen Mostlieferbuch.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung