Schriesheim im Bild 2023

17.11.2008

Gedenktag stand im Zeichen der Tradition

Von Stephanie Kuntermann.

Schriesheim. Fast auf den Tag vor 90 Jahren, am 11. November 1918, wurde im Wald von Compiègne der Waffenstillstand unterzeichnet, der den Ersten Weltkrieg beendete. Daran erinnerte Bürgermeister Hansjörg Höfer beim gestrigen Volkstrauertag. Auch optisch stand die Kriegsopfer-Gedenkstätte ganz im Zeichen der Tradition: Liebevoll dekorierte Sträuße aus weißen Rosen und Palmzweige schmückten die drei Denkmäler.

149 Schriesheimer, deren Namen von Fraktionsvertretern des Gemeinderats verlesen wurden, hatten im Krieg den Tod gefunden oder starben bis 1925 an den Spätfolgen. "Bei einer Einwohnerzahl von damals etwa 3500 Personen waren das ungefähr fünf Prozent der gesamten Bevölkerung oder knapp zehn Prozent der männlichen Einwohner. Das dadurch ausgelöste Leid ist nicht vorstellbar", so Höfer. Seit 1927 erinnert ein großer "Kubus" aus Muschelkalk, der ausschließlich aus Spenden der Bevölkerung finanziert wurde, an die Gefallenen. 80 Jahre nach seiner Errichtung waren die in die Seiten eingravierten Namen der Toten stark verwittert und nicht mehr lesbar. Eine Arbeitsgruppe entwarf Metalltafeln, die von Höfer nun enthüllt wurden. Er fand lobende Worte für das Engagement der Bürger, die die neu gestalteten Tafeln mit ihren Spenden finanzierten. Eine leidvolle Geschichte verbinde Deutschland und den einstigen "Erzfeind" Frankreich und mahne nachfolgende Generationen zum Brückenbau.

Eine Vorbildfunktion nehme hierbei der Partnerschaftsverein Schriesheim- Uzès ein, erklärte Höfer. Eine bemerkenswerte Rede hielt Partnerschaftsvereins- Vorsitzender Volker Arras, der einen optimistischen Ton anschlug und auf das bisher Erreichte zurückblickte: "Aus Erbfeinden wurden Partner, Freunde und Brüder." Er beleuchtete die Kriege zwischen den Nachbarländern und die Aussöhnung, die von Adenauer und de Gaulle begonnen und von Kohl und Mitterrand fortgesetzt wurde. Im selben Jahr, als die Letzteren gemeinsam auf dem Schlachtfeld von Verdun der Toten gedachten, wurde in Schriesheim der Partnerschaftsverein gegründet. Im nächsten Jahr feiert er sein 25-jähriges Bestehen. "Nur, wenn wir unsere Nachbarn kennen und Freundschaft schließen, können wir verhindern, dass Hass entsteht", erklärte Arras.

Pfarrer Lothar Mößner forderte seine Zuhörer auf, sich Zeit zu nehmen und erinnerte an die wichtige Funktion des Denkmals als einen Ort des Gedenkens. Gleichzeitig sollten die Menschen nicht nur für die Toten Denkmäler errichten, sondern auch dem Leben dienen.

An das Schicksal eines Soldaten erinnerte VdK-Ortsverbandsvorsitzender Karl-Heinz Grüber. Zum Kriegsende 1945 wurde er von der Roten Armee gefangen genommen – seine Familie hörte nie mehr etwas von ihm, er gehörte damit zu den über 1,2 Millionen Verschollenen des Zweiten Weltkriegs. Erst 63 Jahre später erhielt die Familie im Rahmen der "Aktion Versöhnung" die Nachricht von seinem Tod 1946 im russischen Lazarett. "Die Folgen des Zweiten Weltkriegs begleiten uns immer noch", so Grüber.

Feierliche Akzente setzten ein Gedichtvortrag der Realschülerin Ariane Müller sowie zwei Lieder, gesungen von den drei Männergesangvereinen "Eintracht", "Liederkranz" und "Lyra". Der Posaunenchor setzte mit dem traditionellen Stück "Ich hatt’ einen Kameraden" den Schlusspunkt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung