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29.11.2008
Schriesheim. Die Strahlenburgen aus Metall sind schon beinahe ein Wahrzeichen, viele Schriesheimer besitzen eine. Hergestellt werden sie in der Schlosserei des Talhofs, der am Montag sein 25-jähriges Bestehen feiert. Die kleinen Burgen sind schon beinahe ein Symbol für eine Entwicklung, die anfangs keiner für möglich hielt: dass der Talhof in Schriesheims Mitte angekommen ist.
Am 1. Dezember 1983 nahm er offiziell seinen Betrieb auf. Viele Schriesheimer konnten sich zunächst mit der Idee einer sozialen Heimstätte für Wohnungslose in ihrem Ort nicht anfreunden. Im Februar 1983 entstand eine Bürgerinitiative. Sprecher waren unter anderen Frieder Schoenel und Ehrenbürger Peter Hartmann. Hier wie auch im Gemeinderat wurde die Befürchtung geäußert, die Evangelische Stadtmission Heidelberg als Betreiber wolle sich langfristig vom benachbarten Altenheim Stammberg trennen. In der Folgezeit beteiligten sich mehr als 3000 Bürger an einer Unterschriftenaktion. Eine Entscheidung des Rhein-Neckar-Kreises vom September desselben Jahres beendete die Querelen: Es wurde erklärt, dass die Stadt in dieser Sache keine Planungshoheit habe.
Also nahm der erste Heimleiter Werner Klann seine Arbeit auf. Es gelang ihm bald, Bedenken zu zerstreuen, indem er den damaligen Bürgermeister Peter Riehl, die Fraktionssprecher und den Sozialausschuss auf den Talhof einlud. Bald unterstützten Bürger die Einrichtung durch Möbelspenden. "Wir haben uns hier nicht ins gemachte Nest gesetzt", erklärt Christian Dietrich, der Geschäftsführer der Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission, "alles hat sich auch mit den Bewohnern entwickelt". Zunächst wohnten vier Männer im Talhof, zu dem anfangs nur Wäscherei und Gärtnerei gehörten. Durch Spenden wurde in den folgenden Jahren der Bau der Werkshalle, der Schlosserei und der Schreinerei ermöglicht. Ein Jahr nach der Eröffnung wohnten 35 Männer im Talhof, heute sind es 47 Männer und drei Frauen. Die Menschen haben oft schwere Schicksalsschläge hinter sich, mussten den Verlust der Arbeit, Scheidung oder den Tod eines Angehörigen hinnehmen. "Wir haben auch Leute hier, die nie eine richtige Chance hatten", erklärt Heidi Morath, die Leiterin. Sie unterstreicht: "Jeder ist ein potenzieller ’Talhöfer’." Jeder Mensch könne den Halt verlieren und durchs soziale Netz fallen: "Es ist wichtig, dass es Institutionen wie uns gibt."
Der Begriff "Talhöfer" hat aber auch noch eine andere Bedeutung: Die Bewohner nennen sich selbst so, sie bilden eine Gemeinschaft und sorgen für einander. Manche bleiben nur ein paar Wochen, andere mehrere Jahre, wieder andere vielleicht für immer. Zur Routine im Talhof gehört ein fester Tagesablauf für jeden Bewohner. Er muss auch sein Leben in Ordnung bringen: Von der Beschaffung von Papieren über die Behandlung von Krankheiten bis zur Entschuldung muss oft an vielem gleichzeitig gearbeitet werden. Hilfe kommt von der sozialtherapeutischen Betreuung. "Das Ziel ist, die Menschen wieder ins Berufsleben zu bringen", so Morath. Dass der Talhof dabei finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, sorgt oft für Ärger. "Eine Gesellschaft wird daran zu messen sein, wie sie mit den Schwächsten umgeht", so Dietrich.
"Wir brauchen geeignetes Personal, es darf nicht sein, dass man sich an Einrichtungen wie unserer gesundsparen will", bekräftigt Morath. Bei einem Satz von 35 bis 50 Euro pro Tag und Bewohner haben es Einrichtungen wie der Talhof nicht leicht. Auch die Bewohner führen kein Leben im Luxus, weiß Morath: "Wir renovieren zur Zeit das Haus ,Weißer Stein’. Hier zog ein neuer Bewohner ein, der es nicht fassen konnte, dass er ein Bad für sich allein hat. Er sagte: ,Wie habe ich das verdient’?".
[ZW_TITEL_2Z]Freude über Erfolge
[/ZW_TITEL_2Z]Längst ist der Talhof ein fester Bestandteil des Schriesheimer Alltags geworden. Die Schriesheimer kaufen Gemüse und Salat im Hofladen der Gärtnerei, lassen sich Möbel und anderes in der Schlosserei oder der Schreinerei anfertigen oder reparieren, oder sie bekommen Hilfe in Haus und Garten von den Bewohnern. Angestellte und Bewohner des Talhofs sorgen auch für Ordnung auf städtischen Wegen wie der "Branichstaffel". Feste, Ausstellungen und der Erntedankgottesdienst gehören ebenfalls dazu.
Immer wieder freut sich der Talhof über Erfolge, wenn ehemalige Bewohner den Weg zurück ins Arbeitsleben finden, manche gründen eigene Familien. Viele von ihnen halten bis heute Kontakt zu der Einrichtung, in der sie damals aufgenommen wurden und besuchen Sommerfeste oder die Adventsausstellung. Wo sie vielleicht auch eine der kleinen Strahlenburgen mitnehmen.
Der Talhof ist in Schriesheims Mitte angekommen
Von Stephanie Kuntermann.Schriesheim. Die Strahlenburgen aus Metall sind schon beinahe ein Wahrzeichen, viele Schriesheimer besitzen eine. Hergestellt werden sie in der Schlosserei des Talhofs, der am Montag sein 25-jähriges Bestehen feiert. Die kleinen Burgen sind schon beinahe ein Symbol für eine Entwicklung, die anfangs keiner für möglich hielt: dass der Talhof in Schriesheims Mitte angekommen ist.
Am 1. Dezember 1983 nahm er offiziell seinen Betrieb auf. Viele Schriesheimer konnten sich zunächst mit der Idee einer sozialen Heimstätte für Wohnungslose in ihrem Ort nicht anfreunden. Im Februar 1983 entstand eine Bürgerinitiative. Sprecher waren unter anderen Frieder Schoenel und Ehrenbürger Peter Hartmann. Hier wie auch im Gemeinderat wurde die Befürchtung geäußert, die Evangelische Stadtmission Heidelberg als Betreiber wolle sich langfristig vom benachbarten Altenheim Stammberg trennen. In der Folgezeit beteiligten sich mehr als 3000 Bürger an einer Unterschriftenaktion. Eine Entscheidung des Rhein-Neckar-Kreises vom September desselben Jahres beendete die Querelen: Es wurde erklärt, dass die Stadt in dieser Sache keine Planungshoheit habe.
Also nahm der erste Heimleiter Werner Klann seine Arbeit auf. Es gelang ihm bald, Bedenken zu zerstreuen, indem er den damaligen Bürgermeister Peter Riehl, die Fraktionssprecher und den Sozialausschuss auf den Talhof einlud. Bald unterstützten Bürger die Einrichtung durch Möbelspenden. "Wir haben uns hier nicht ins gemachte Nest gesetzt", erklärt Christian Dietrich, der Geschäftsführer der Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission, "alles hat sich auch mit den Bewohnern entwickelt". Zunächst wohnten vier Männer im Talhof, zu dem anfangs nur Wäscherei und Gärtnerei gehörten. Durch Spenden wurde in den folgenden Jahren der Bau der Werkshalle, der Schlosserei und der Schreinerei ermöglicht. Ein Jahr nach der Eröffnung wohnten 35 Männer im Talhof, heute sind es 47 Männer und drei Frauen. Die Menschen haben oft schwere Schicksalsschläge hinter sich, mussten den Verlust der Arbeit, Scheidung oder den Tod eines Angehörigen hinnehmen. "Wir haben auch Leute hier, die nie eine richtige Chance hatten", erklärt Heidi Morath, die Leiterin. Sie unterstreicht: "Jeder ist ein potenzieller ’Talhöfer’." Jeder Mensch könne den Halt verlieren und durchs soziale Netz fallen: "Es ist wichtig, dass es Institutionen wie uns gibt."
Der Begriff "Talhöfer" hat aber auch noch eine andere Bedeutung: Die Bewohner nennen sich selbst so, sie bilden eine Gemeinschaft und sorgen für einander. Manche bleiben nur ein paar Wochen, andere mehrere Jahre, wieder andere vielleicht für immer. Zur Routine im Talhof gehört ein fester Tagesablauf für jeden Bewohner. Er muss auch sein Leben in Ordnung bringen: Von der Beschaffung von Papieren über die Behandlung von Krankheiten bis zur Entschuldung muss oft an vielem gleichzeitig gearbeitet werden. Hilfe kommt von der sozialtherapeutischen Betreuung. "Das Ziel ist, die Menschen wieder ins Berufsleben zu bringen", so Morath. Dass der Talhof dabei finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, sorgt oft für Ärger. "Eine Gesellschaft wird daran zu messen sein, wie sie mit den Schwächsten umgeht", so Dietrich.
"Wir brauchen geeignetes Personal, es darf nicht sein, dass man sich an Einrichtungen wie unserer gesundsparen will", bekräftigt Morath. Bei einem Satz von 35 bis 50 Euro pro Tag und Bewohner haben es Einrichtungen wie der Talhof nicht leicht. Auch die Bewohner führen kein Leben im Luxus, weiß Morath: "Wir renovieren zur Zeit das Haus ,Weißer Stein’. Hier zog ein neuer Bewohner ein, der es nicht fassen konnte, dass er ein Bad für sich allein hat. Er sagte: ,Wie habe ich das verdient’?".
[ZW_TITEL_2Z]Freude über Erfolge
[/ZW_TITEL_2Z]Längst ist der Talhof ein fester Bestandteil des Schriesheimer Alltags geworden. Die Schriesheimer kaufen Gemüse und Salat im Hofladen der Gärtnerei, lassen sich Möbel und anderes in der Schlosserei oder der Schreinerei anfertigen oder reparieren, oder sie bekommen Hilfe in Haus und Garten von den Bewohnern. Angestellte und Bewohner des Talhofs sorgen auch für Ordnung auf städtischen Wegen wie der "Branichstaffel". Feste, Ausstellungen und der Erntedankgottesdienst gehören ebenfalls dazu.
Immer wieder freut sich der Talhof über Erfolge, wenn ehemalige Bewohner den Weg zurück ins Arbeitsleben finden, manche gründen eigene Familien. Viele von ihnen halten bis heute Kontakt zu der Einrichtung, in der sie damals aufgenommen wurden und besuchen Sommerfeste oder die Adventsausstellung. Wo sie vielleicht auch eine der kleinen Strahlenburgen mitnehmen.
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