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04.12.2008

Die Skepsis gegenüber dem Talhof wich schnell

Die Skepsis gegenüber dem Talhof wich schnell

Stadtmission-Vorstandsmitglied Manfred Rummer, Talhof-Leiterin Heidi Morath, Schauspielerin Stephanie Plattner, Geschäftsführer der Wiedereingliederungshilfe Christian Dietrich und Pfarrer Hans Kratzert (v. l.). Foto: Dorn

Schriesheim. (sk) "Ich wünsche mir noch einige Talhöfe in unserem Land", sagte Pfarrer Raoul Jassoy in seinem Grußwort zur feierlichen Adventsfeier im Talhof und fasste damit sehr treffend die Grundstimmung bei dem Fest zusammen.

Weil die soziale Heimstätte diesmal ihr 25- jähriges Bestehen feierte, fiel die Feier wesentlich größer aus als sonst: Gäste saßen nicht nur im Festsaal, sondern auch auf der Bühne und im angrenzenden Raum. Unter den Besuchern war jede Menge Lokalprominenz, außerdem kamen Vertreter von Vereinen, Kirchen und anderen sozialen Einrichtungen wie sozialen Heimstätten in Pforzheim oder der "Erlacher Höhe".

In die Liste der Gratulanten reihten sich Landtagsabgeordnete Dr. Birgit Arnold, Bundestagsabgeordneter Lothar Binding, Bürgermeisterstellvertreter Siegfried Schlüter und Ehrenbürger Peter Riehl ein. In einer weit ausholenden Begrüßung stellte Ministerialrat a. D. und Mitglied des Vorstands der Evangelischen Stadtmission Heidelberg, Manfred Rummer, die 16 Gäste vor, die Grußworte sprachen, und erwähnte auch zahlreiche andere Weggefährten und Unterstützer. Trotz der langen Liste wurde die Zeit bis zum Anschneiden der leckeren Talhof-Geburtstagstorte nicht lang, zumal die Feier musikalisch eingeleitet wurde von den Dossenheimer Geigenkindern unter Leitung von Ditte Barth. Später trug Diakon Reinhard Losch ein Weihnachtslied vor.

Während alle Redner die hervorragende Arbeit der Einrichtung lobten, bekannten sich auch einige zu anfänglichen Vorbehalten: "Ich war als junge Stadträtin skeptisch, aber als ich die Arbeit des Talhofs kennenlernte und den Menschen dort begegnete, war ich zutiefst beeindruckt", schilderte Arnold ihre Erfahrungen. Auch Schlüter und Riehl war es so gegangen. Schlüter erinnerte an die Unterschriftenaktion und die Bürger-Initiative gegen das Vorhaben. Mit der Zeit war die Skepsis der Hochachtung vor der Arbeit der Einrichtung gewichen: "Wenn Sie jetzt beschließen würden, den Talhof aus Schriesheim wegzunehmen, dann gäbe es eine Bürgerinitiative dafür, dass er bleiben soll", so Schlüter. "Ich habe die Unterschriftenliste vernichtet, als ich aus meinem Amtszimmer ausgezogen bin", bemerkte Riehl, der ebenfalls viel Lob für den Talhof fand. Talhof-Leiterin Heidi Morath dankte ehrenamtlichen Helfern, Spendern und dem Wichernheim für jahrelange Unterstützung. Ihr Vorgänger, Werner Klann, habe als erster Talhof-Leiter Aufbauarbeit in manchmal schweren Zeiten geleistet: "Zu uns kommen Menschen, deren Probleme manchmal unvorstellbar groß sind", erklärte sie und betonte, dass viel Mut dazu gehöre, herzukommen und sich helfen zu lassen.

Kritische Töne kamen von Christian Dietrich, dem Geschäftsführer der Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission. Er forderte mehr Engagement staatlicher Stellen statt Erstattungslogik. Er erinnerte an die Aufgabe der sozialen Heimstätte: "Ohne den Talhof hätten Hunderte keine Heimat und keine Hilfe in Schriesheim gefunden." Innovationskraft und Dynamik, aber auch ein starkes Gemeinschaftsgefühl kennzeichneten die Einrichtung.

Wie es ist, wenn man "arm droo" ist, darüber reflektierte Prof. Dr. Hans-Peter Schwöbel. Arm dran sei ein Land, in dem die Supermärkte immer größer würden, die Leute aber nicht wüssten, wo sie ihre Nahrungsmittel her bekämen. Von Armut zeuge es auch, wenn man jedes Verbrechen mit Wörtern wie "Globalisierung" oder "Marktwirtschaft" absegne. Der Spezialist für die "Muddersprooch" wünschte den Talhöfern "mehr Ferz im Kopp wie Bimbes im Beidel", was er mit "Primat des Geistes über die Materie" übersetzte.

"Bimbes" wurde dann aber trotzdem noch überreicht, und zwar von Förderern wie Ursula Metzger vom Inner Wheel- Club Schriesheim-Weinheim, Dr. Gerhard Knöppel vom Lions-Club Mittlere Bergstraße, Dr. Horst Nienstädt vom Rotary-Club Lobdengau und Horst Engelmann vom Männergesangverein Liederkranz Altenbach. weitere Berichte in unserer Print-Ausgabe

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung