Schriesheim im Bild 2023

27.03.2009

„Reli" ist kein Auslaufmodell

Von Stefan Kern.

Schriesheim. Eigentlich war die Frage "Wie viel Religion braucht mein Kind" im Rahmen des jüngsten "KGS-Forums" am Kurpfalz-Gymnasiums durchaus provokant gemeint. Gerade in den letzten Jahren geriet das Fach Religion mit der Forderung nach einem alles überspannenden Fach Ethik ja zunehmend unter Beschuss. Doch in Schriesheim ging diese Strategie nicht auf, da sich die Eltern geschlossen hinter das Fach Religion an den Schulen stellten.

Religionsunterricht bedeute, so die evangelische Schuldekanin Dr. Cornelia Weber, keinesfalls Indoktrination. "Jeder hat das Recht auf eine eigene Einstellung zu Gott und Glaube. Das beinhaltet auch das Recht auf Ablehnung."

Dies bedeutet in ihren Augen jedoch, dass die Schüler die Religion zuvor kennen lernen müssen. Nur wer religiöses Wissen besitzt, kann sich zu Glaube, Kirche und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft auch positionieren. "Alles andere wäre pure Ignoranz", so zustimmend ein Zuhörer.

Die Sache mit der Bedeutung des Faches Religion geht für Weber und ihren katholischen Kollegen Franz Domeier jedoch weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Beide sehen in dem Fach ein Forum für die Auseinandersetzung mit den großen Fragen nach dem Warum und Wohin. Gerade nach der jüngsten Amokkatastrophe bewies die Religion einmal mehr ihre Bedeutung.

Die Religion stellt sich der Frage nach dem Tod und hat entgegen der Ethik auch eine Botschaft. Dabei präsentierten die Religionslehrer um Irene Niethammer eine kleine Wand, welche die Schüler in Gedenken an die Opfer von Winnenden gestalteten.

Klar war, dass auch die Religion keine Antwort hatte. Doch im Unterschied zu anderen Systemen bietet sie einen Raum des Trostes, der Ruhe, Anteilnahme und Einkehr. Eine nicht unerhebliche Leistung in einer medial beschleunigten und manchmal ziemlich orientierungslosen Welt. Domeier nahm dem immer wieder aufflammenden Streit um das Fach Religion an den Schulen gegen Ende des Gesprächs im Kurpfalz-Gymnasium etwas die Schärfe.

Dieser Konflikt wird seiner Meinung nach auch nach oben gepeitscht. In Baden-Württemberg haben sich beispielsweise nur fünf Prozent aller Schüler vom Religionsunterricht abgemeldet und besuchen jetzt den Ethikunterricht. "Der Religionsunterricht genießt unter den Schülern eine sehr hohe Akzeptanz." Er ist also kein Auslaufmodell.

Darüber hinaus sei auch das Verhältnis zwischen den beiden Fachschaften Ethik und Religion meist sehr viel entspannter als oft vermutet. Deutlich betonten alle Verantwortlichen, dass das Recht auf Religion selbstverständlich auch für jüdische und muslimische Kinder gelten. "Dem müssen wir uns stellen und eine verlässliche Infrastruktur schaffen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung