Schriesheim im Bild 2023

01.09.2009

Zeit für neuen Glanz

Von Carsten Blaue

Wolfgang Komzak stand dem historischen Uhrwerk aus dem Alten Rathaus gestern Morgen zum ersten Mal gegenüber. Bisher kannte er nur Fotos davon. Schon von den Bildern war er beeindruckt gewesen. Nun war er fasziniert: "Das ist ein ganz wunderbares Stück", sagte der Leiter des Turmuhren-Museums im österreichischen Aschau. Komzak hat das Schriesheimer Kleinod gestern im Bauhof abgeholt. Er nahm es mit in seine Werkstatt im Burgenland, wo er es restaurieren wird.

Klaus Landwehr fuhr das Uhrwerk auf einem Gabelstapler vorsichtig und fast geräuschlos aus der Arbeitshalle des Bauhofs. Komzak ließ dabei den Blick über die einzelnen Bauteile des Rahmens wandern – für ihn die Schlüsselelemente für die Altersbestimmung. Zwar baute er noch vor Ort die Holztrommeln aus, damit der Schriesheimer Chronometrie-Experte Klaus Schlaefer sie als Ganzes zur dendrochronologischen Untersuchung an die Uni Stuttgart-Hohenheim schicken kann. Doch beide wissen, dass die Ergebnisse einer Altersbestimmung der Holzteile noch nicht viel aussagen: Ist das Holz sehr alt, könnte es bereits benutzt in das Uhrwerk eingebaut worden sein. Ist das Holz jung, kann es sich um einen nachträglichen Einbau handeln.

Vor allem über die Bauteile und ihre Gestaltung sowie über den Abgleich mit mittelalterlichen Miniaturen wird man das Uhrwerk datieren müssen. Wobei sich die reinen Schriftquellen für die Zeit vor dem Erwerb durch die Stadt im Jahr 1687 verlieren. Gekauft hatten sie die Stadtväter von der kurpfälzischen Kanzlei in Mannheim. In den Archiven der Quadratestadt wurde Schlaefer bislang auf der Suche nach aussagekräftigem Material nicht fündig. Also bleiben die architektonischen und technischen Merkmale, und schon die würden in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts weisen, war sich Komzak sicher: "Später waren die Konstruktionsformen ganz andere." Das Hochkantformat des Uhrwerks, die vierkantigen Profile des Eisenrahmens mit seinen parallel gestellten und profilierten Füßen, mit den Schmiedemarken sowie die Tropfnasen am Rahmen seien typisch gotische Bauteile, beschrieben Schlaefer und Komzak Details am Objekt.

Das wird jetzt in Österreich einem größeren Sanierungsprogramm unterzogen. Die vernieteten und mit Zapfen fixierten Bauteile werden dabei entrostet und konserviert. Deutlich zu erkennen sind zudem die Spuren der beiden Sanierungen des Uhrwerks – etwa ein Messingzahnrad oder eine Verschraubung. Und dort, wo Bauteile abgebrochen sind oder Verbindungen fehlen, weisen schwarze Kabelbinder auf behelfsmäßiges Flickwerk der jüngsten Zeit: "Garantiert Anfang 21. Jahrhundert", scherzte Schlaefer.

Geht es nach ihm, dann wird Komzak das Uhrwerk wieder zum Laufen bringen: "Aber nur, wenn dazu keine größeren technischen Eingriffe nötig sind. Es geht nur darum, zeigen zu können, wie die Uhr mal funktioniert hat." Wenn sie restauriert ist (geplant ist die Fertigstellung im April 2010), soll sie in Schriesheim einen würdigen Platz erhalten und ausgestellt werden. Ihre Sanierung wird durch Spenden finanziert. Initiiert durch die RNZ, kam bereits so viel Geld zusammen, dass die Datierung und Restaurierung nun in die Wege geleitet werden konnte. Doch noch reicht der Spendenbetrag nicht für die komplette Investition. Spenden an die Stadt Schriesheim sind daher weiterhin willkommen.

Info: Konto für Spenden: Bei der Volksbank Kurpfalz H+G Bank, BLZ 670915 00, Konto: 570 209 03, Stichwort: Turmuhr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung