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23.02.2011

Ortschaftsrat wettert gegen Höfer

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Unter Tagesordnungspunkt Ö28 wäre es in der heutigen Gemeinderatssitzung um die neue Altenbacher Ortsmitte gegangen. Der Ortschaftsrat des Stadtteils hatte kürzlich nochmals die Planung für die Neugestaltung des Schulhofs bestätigt und zudem über die Art und Farbe der Pflasterung entschieden. Diese Beschlüsse hätten dem Gemeinderat zur Abstimmung vorliegen sollen – wenn Bürgermeister Hansjörg Höfer das Thema nicht von der Tagesordnung genommen hätte. Als "Herr des Verfahrens" habe er die Stadträte darüber am Montagmorgen per E-Mail informiert, sagte Höfer auf RNZ-Anfrage. Er wolle auch den Stadträten vor ihrem Beschluss die Gelegenheit geben, sich über die jüngsten Vorschläge der Altenbacher Eltern zur Schulhof-Gestaltung zu informieren: "Das ist zentral für mich", so Höfer, nachdem er von den Elternvertretern einen entsprechenden Brief erhalten hat.

Die Vertagung brachte Freie Wähler (FW), CDU und SPD im Ortschaftsrat so in Rage, dass sie gestern an die Presse gingen. Nur Alexandra Lehmann (FW) und Ortsvorsteher Alfred Burkhardt, der im Urlaub weilt, waren im "Kaffeehaus" nicht dabei. "Der Bürgermeister hat die Autorität des Ortschaftsrats untergraben", sagte Vize-Ortsvorsteher Karl Reidinger (CDU).

Um die Wut der Ortschaftsratsmehrheit einordnen zu können, muss man sich an die Vorgeschichte erinnern. Die Elternvertreter der Altenbacher Grundschule hatten den Ortschaftsräten Anfang des Monats hinter verschlossenen Türen neue Ideen präsentiert, wie man die Parkplätze vom Schulhof verbannen könnte (wir berichteten). So hielt es das Ortsteilgremium in seiner öffentlichen Sitzung am 14. Februar nicht mehr für nötig, die Eltern zu Wort kommen zu lassen. Alles sei bekannt, alles sei beraten und bewertet. Nur die Grünen und Lehmann wollten es anders und plädierten dafür, den Eltern Redezeit für ihre Ideen einzuräumen. Vergeblich. Doch nun dreht Höfer den Spieß um. Mit der Begründung, dass der Gemeinderat nicht über die Informationen verfüge wie seinerzeit der Ortschaftsrat.

"Das stimmt nicht", konterte Reidinger: "Denn an der nicht-öffentlichen Info-Sitzung nahmen auch die Sprecher der Gemeinderatsfraktionen teil. Der Gemeinderat weiß also Bescheid. Höfer ist gegenüber den Grünen eingeknickt."

So sehen Altenbachs CDU, FW und SPD in Höfers Schachzug der Vertagung nichts als eine "grüne Machenschaft", wie Dr. Herbert Kraus (FW) sagte. Er äußerte nichts unüberlegt, sondern las seine Salven in Richtung Höfer vom Blatt ab. Kalkulierte Worte also. Der Ortschaftsrat werde brüskiert und vorgeführt. Der Bürgermeister habe Porzellan zerbrochen, dass nur schwer zu kitten sein werde. Jetzt sei der Baustart an Pfingsten gefährdet, was "Grün im Ortschaftsrat" schon immer gewollt habe: "Altenbacher Interessen werden mit Füßen getreten". Jetzt sei es für ihn vorbei mit der Zurückhaltung. Er werde "die Dinge beim Namen nennen". Höfer werde die Folgen seines "Affronts" spüren müssen, so Kraus erläuternd. Dann las er weiter. Höfer wisse scheinbar nicht, "dass die, die am lautesten schreien, in Altenbach nicht die Mehrheit der Altenbacher Bürger darstellen". Höfer werde sich im Ortschaftsrat auf eine härtere Gangart einstellen müssen.

Er hoffe, so Kraus, dass sich auch der Gemeinderat diese Brüskierung nicht gefallen lasse, zumal das Gremium die Planung zur Ortsmitte schon im Juni 2010 abgesegnet habe. Höfer bewirke mit der vierwöchigen Verzögerung "nichts als vier Wochen Schlammschlacht in der Presse". Ob es demokratisch zu bezeichnen sei, wenn eine Minderheit der Mehrheit mit Hilfe eines Bürgermeisters ihren Willen aufzwingen wolle, fragte Kraus, der auch gerne wüsste, wie Höfer überhaupt zu den Vorschlägen der Eltern steht. Diese seien mit Schule, Kirche und Vereinen bereits vor einem Jahr in die Planungen involviert worden.

Ralph Schwarz sagte, die CDU schließe sich den Aussagen Kraus’ an. Dieter Lucke (SPD) wollte noch weiter gehen: "In 22 Jahren habe ich so etwas nicht erlebt. Höfer betreibt Klientelpolitik. Er enttäuscht mich sehr." Lucke sah keinen Aufklärungsbedarf mehr: "Wäre die Haushaltslage vergangenes Jahr nicht so prekär gewesen, hätten wir den Schulhof doch schon längst gebaut." Egal, wie es jetzt weitergehe, ergänzte Reidinger: "CDU und Freie Wähler werden im Gemeinderat den Beschluss des Ortschaftsrats durchziehen." Er bedauere diese Äußerungen, sagte Grünen-Ortschaftsrat Christian Wolf auf Anfrage am Telefon: "Sie tragen in keinster Weise zur Befriedung der Situation bei." Die Meinungen von Elternvertretern und Grundschule hätten von Anfang an fast keine Berücksichtigung in der Planung gefunden. Man müsse deren Vorschläge aber anerkennen. Von "grüner Machenschaft" zu sprechen, sei "völlig Fehl am Platz. Dadurch wird die Arbeit der Eltern und Lehrer herabgesetzt und nicht ernst genommen", sagte Wolf. Höfer gehe auf Eltern und Schule zu: "Und genau das wird von einem Bürgermeister erwartet – egal welcher Couleur er ist."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung