Schriesheim im Bild 2023

28.04.2011

Senioren eröffnen Handwerk neuen Markt

Von Carsten Blaue

Schriesheim: Alleine über die Farbgestaltung seiner Wohnung findet sich ein Demenzkranker länger selbstständig in seinen eigenen vier Wänden zurecht. Das ist erwiesen. Doch gibt es in der Region bislang nur einen einzigen Maler, der einen Wohnraum entsprechend farblich gestalten kann. Am Beispiel von Nikolaus Teves, dem Geschäftsführer für Wirtschaftsförderung bei der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, wird deutlich, dass eine entsprechende Wohnraumgestaltung gerade älteren Menschen oder Mitbürgern mit gesundheitlichen Einschränkungen ein selbstständigeres Leben daheim ermöglichen kann. Es führt aber auch vor Augen, dass der Markt für Anpassungen des Wohnumfelds vom Handwerk noch gar nicht richtig erkannt wird. Das will die Handwerkskammer ändern. Auch in Schriesheim. Sie stieß im Rathaus bei Bürgermeister Hansjörg Höfer auf offene Ohren.

Markterschließung ist zudem Wirtschaftsförderung. Also wurden auch der neue BDS-Chef Rolf W. Edelmann und Schriesheims Wirtschaftsförderer Torsten Filsinger hellhörig. Sie alle unterstützen ein Seminar am morgigen Freitag, 29. April, im Rathaus, das sich vier Stunden lang dem Thema "Finanzielle, organisatorische und technische Förderung von Maßnahmen zur barrierefreien Wohnanpassung" widmet. Dabei geht es vor allem um den altersgerechten Umbau.
Daher eignet sich der Nachmittag besonders für Handwerker, aber auch für Vereine und Bürger, die entsprechende Herausforderungen bei der Gestaltung ihrer häuslichen Umgebung vor sich haben.

Die Veranstaltung kann also eine lohnende und gerade für Handwerker aufschlussreiche Sache sein – schließlich geht es um ein neues Marktsegment in einer alternden Gesellschaft: "Die Jugend fehlt. Und was kommt auf uns zu", fragt sich Schriesheims Ehrenbürger Peter Riehl schon lange. 32 Jahre lang war er Bürgermeister in Schriesheim. Inzwischen engagiert er sich in der Handwerkskammer – als Vermittler zu den Kommunen und als Partner in demografischen Fragen. Also ist barrierefreies Leben im Alter auch sein Thema. Und so warb er kürzlich mit für die Veranstaltung – und das in seinem ehemaligen Büro im Rathaus, in dem jetzt Höfer seinen Schreibtisch hat. Doch dieser weilte kurz vor Ostern bereits im Urlaub. So war es Bürgermeisterstellvertreter Siegfried Schlüter, der sich im Namen der Stadt hinter das Demografie-Projekt stellte.

Teves hörte es gerne. Regelmäßige SprechstundenzumThemaschwebenihm in Schriesheim vor – wie sie von einigen Kommunen praktiziert werden: "Die ’Mobile Wohnberatung’ gibt es schon in vielen Städten und Gemeinden. Ketsch ist da am aktivsten", so Teves. Hier gebe es die ehrenamtliche Beratung sogar schon ein Mal in der Woche. Barrierefreiheit bleibt auch hier das Kernwort: Was kann man tun, wenn man in der eigenen Wohnung bleiben will? Wie wird der Umbau finanziell gefördert? Worauf muss man achten? Fragen, die auch das Seminar am Freitag beantworten will. So wird etwa die DIN-Norm 18040 zur barrierefreien Wohnanpassung vorgestellt.

Zudem gibt es Tipps und Tricks zur Gestaltung von Wohnungen und Häusern, "und die gehen weit über den Treppenlift hinaus", so Teves: "Denn wir kommen dahin, dass ein 70-Jähriger zu Hause einen 90-Jährigen pflegen können muss." Ein breites Gebiet sind die finanziellen Hilfen – von Zuschussprogrammen von Bund und Land bis hin zu Förderungen durch Versicherer. Interessant dabei für Schriesheim: Fördertöpfe für Barrierefreiheit lassen sich oft mit klassischen Förderungen für Sanierungsgebiete kombinieren. Und davon gibt es zurzeit in der Weinstadt gleich zwei: in Altenbachs Ortsmitte und rund um die Ladenburger Straße. Gerade hier, im Sanierungsgebiet "Ehemaliger Bahnhof / B 3", ist der barrierefreie Ausbau sogar expliziter Förderschwerpunkt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung