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18.07.2011

Am OEG-Bahnhof will man hoch hinaus

Am OEG-Bahnhof will man hoch hinaus

So soll ein Teil der städtebaulichen Zukunft des Schriesheimer OEG-Areals aussehen. In Reutlingen stehen Wohngebäude des Investors Bouwfonds, wie sie auch an der Bergstraße geplant sind. Foto: Bouwfonds Immobilienentwicklung GmbH
Von Carsten Blaue

Schriesheim. Markant ist sie, die Schriesheimer Ortsdurchfahrt. Fast kerzengerade geht die B 3 durch den Ort, flankiert von Wohnbebauung auf der einen und der RNV-Straßenbahnlinie 5 sowie einem knapp 600 Meter langen Geländestreifen auf der anderen Seite, dem sogenannten OEG-Areal. Über seine Zukunft wurde in der Stadt zuletzt mitunter heftig diskutiert.

Das Gelände gehört der Mannheimer MVV. Bis vergangenes Jahr standen hier Werkhallen für Busse. Heute ist dieser Teil des Gebiets neben dem Schriesheimer Bahnhof eine Brache, auf der die Schienen für den zweigleisigen Ausbau der Bahn-Linie 5 zwischen Schriesheim und Weinheim lagern. Frei ist ansonsten der Blick auf Weinberge und Strahlenburg. Das dürfte sich nächstes Jahr ändern.

Insgesamt 14 Häuser mit 90 Wohnungen will die Bouwfonds Immobilienentwicklung GmbH bauen, ein Ableger der Rabobank. Zudem plant die Schriesheimer Investorengemeinschaft von Architekt Alfred Burkhardt und Projektentwickler Sven Witteler ein Ärztehaus mit bis zu neun Praxen sowie einen Komplex für Betreutes Wohnen mit 24 Wohnungen und einer Wohngruppe für bis zu zehn behinderte Menschen. Ferner soll eine Tagespflege eingerichtet werden. Schließlich zieht der Raiffeisenmarkt am Bahnhof innerhalb des Areals um und wird neu gebaut.

Das Ganze hat ein Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro: 24 Millionen für die Wohnungen, 11,8 für den Mediziner- und Seniorenkomplex und 1,7 Millionen für den neuen Markt. Zudem bekommt Schriesheim einen neuen Bahnhof für zehn Millionen Euro.

Ab November könnte es losgehen mit den Bauarbeiten auf dem OEG-Areal. Wenn das zweite Gleis bis dahin fertig wird. Und wenn die erste Bebauungsplanänderung rechtzeitig verabschiedet ist. Der Gemeinderat hatte für das gesamte Gebiet ursprünglich eine maximale Bauhöhe von 12,50 Metern beschlossen, bei drei Geschossen plus Dachgeschoss. Eine stolze Höhe. Die Planer wollten aber mehr. Bouwfonds brauchte noch 50 Zentimeter für seine Häuser und begründete das mit einer neuen Verordnung, die die Tiefgaragen höher werden lässt, sowie mit der Energieeinsparverordnung, auf die der Einbau von kontrollierten Lüftungen zurückgeht. Burkhardt/Witteler wiesen auf die Technik hin, die in Praxen nötig ist. Daher sollte das Ärztehaus um 1,25 Meter wachsen.

Gegen diese Pläne machte die Kommunalpolitik breite Front: zu massiv, zu hoch, zu lang. Dabei war das Aussehen gar kein Thema. Auch Bürger in der Nachbarschaft des OEG-Areals begehrten auf.

So war es nicht überraschend, dass der Gemeinderat vergangene Woche hart blieb. Alles bleibt, wie es ist: 12,50 Meter und keinen Zentimeter mehr!

In einem Teil des Geländes soll Bouwfonds sogar auf zwei Geschosse plus Dach abspecken. Der Investor zeigte sich davon so irritiert, dass er ankündigte, sein Engagement in Schriesheim noch einmal zu überdenken. Burkhardt/Witteler planen dagegen auf jeden Fall um und bleiben dem Projekt treu, obwohl auch sie sich immer wieder der Kritik ausgesetzt sahen. Ihre geplanten Parkplätze unter einer "Stelzenbebauung" würden zu neuen "Angsträumen" am Bahnhof, und die Gebäude würden den freien Blick auf die Strahlenburg verstellen. Neue Praxen brauche Schriesheim nicht, und wahrscheinlich würden plötzlich doch Wohnungen daraus. Überhaupt gehe es allen Investoren sowieso immer nur um den großen Reibach. Bei dieser Schelte saß dann auch Bouwfonds wieder mit im Boot.

"Diese Debatten tun dem Projekt nicht gut; wir sollten es gemeinsam voranbringen", so der Appell von Bürgermeister Hansjörg Höfer. So sieht man es freilich auch beim Grundstückseigentümer. Ralph Rischmüller, Immobilienmanager bei der MVV Energie AG, sagte: "Wir wollen hier keine Brache." Zwar hätten die Investoren gewusst, dass 12,50 Meter das Maximum seien. Besonders pragmatisch seien die Gemeinderatsbeschlüsse aber auch nicht gewesen: "Es zieht sich jetzt eben wie Kaugummi".

Und so lange bleibt der Blick auf Weinberge und Burg frei. Manchen Schriesheimer freut’s.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung