Schriesheim im Bild 2023

26.08.2011

"Der Branichtunnel wird die Wohn- und Lebensverhältnisse verbessern"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Große und kleine Baustellen gab und gibt es viele in Schriesheim. Das gilt bedingt sogar auch für die Personalsituation im Rathaus, wie Bürgermeister Hansjörg Höfer im RNZ-Sommergespräch durchblicken ließ. Der Rathauschef äußert sich darin auch zu den Themen, die den Gemeinderat in den Wochen nach der Sommerpause beschäftigen werden.

Herr Höfer, die Umweltbeauftragte Christiane Gerner ging im April nach Mannheim, Bibliotheksleiter Thomas Michael wechselt im Ende des Jahres nach Wiesloch; die Amtsleiter Philipp und Arras waren lange krank. Personell war das Rathaus dieses Jahr schon arg gebeutelt.

Und zwar auf das Heftigste! Wobei man die Arbeitsplatzwechsel und Krankheitsfälle natürlich unterscheiden muss. Und es sind ja nicht nur die beiden Amtsleiter ausgefallen, die nun wieder da sind. Teilweise waren Mitarbeiter über Monate nicht am Arbeitsplatz. Man hat auch gesehen, dass hier der Arbeitsbelastung Tribut gezollt werden musste. Aber das Rathaus ist in dieser Zeit ein Stück weit zusammengerückt. Es entstand ein neuer Teamgeist, vor allem getragen von unseren jüngeren Mitarbeitern. In Bezug auf Christiane Gerner und Thomas Michael muss man sagen, dass das die Altersgruppe ist, die sich noch einmal verändern will, nach neuen Herausforderungen sucht. Das ist gut und richtig. Wir verlieren dadurch aber Kompetenz und Fachwissen. Das ist nicht anders, wenn ein Mitarbeiter in den Ruhestand geht, wenn ich etwa an Friedhelm Urban aus dem Bauamt denke.

Die Stelle der Umweltberatung ist noch immer nicht ausgeschrieben, bei der Suche nach einer neuen Bibliotheksleitung ging alles ganz schnell mit der Stellenanzeige. Warum diese unterschiedliche Gewichtung? Ist die Umweltstelle weniger wichtig?

Natürlich nicht! Mit Wertigkeit hat das gar nichts zu tun. In Bezug auf die Bibliothek ist uns Kontinuität wichtig. Wir würden uns wünschen, wenn Herr Michael seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin noch selbst einarbeiten könnte. Daher das Tempo. Bei der Umweltstelle sieht die Sache anders aus. Hier brauchen wir zunächst eine neue Definition, neue Vorgaben. Denn diese sind heute anders als noch vor ein paar Jahren. Umweltschutz ist inzwischen im gesamten Rathaus eine Querschnittsaufgabe. Mir ist es wichtig, dass eine Stelle im Rathaus erst klare Strukturen hat, bevor wir sie besetzen. Aber ich denke, dass die Umweltberatung spätestens Ende September ausgeschrieben wird.

Im September steht auch einiges auf der Agenda des Gemeinderates. BDS-Chef Rolf W. Edelmann würde sich wünschen, dass die Erweiterung des Wochenmarktes dann ebenfalls schon ein Thema ist.

Das werden wir nicht schaffen. Die Sitzung am 28. September wird sowieso schon sehr ausführlich, wenn ich alleine an das Thema OEG-Areal denke. Aber im Oktober werden wir sicher über den Wochenmarkt reden. Ich danke Herrn Edelmann ausdrücklich für sein Engagement in dieser Sache. Ich bin davon überzeugt, dass ein erweiterter Wochenmarkt eine große Bereicherung bedeuten wird und die Attraktivität unserer Einkaufsmöglichkeiten weiter erhöht.

War nicht auch geplant, im September über einen weiteren Krippenstandort zu sprechen?

Wir wollen erst in Ruhe die Ergebnisse der Umfrage unter den Eltern auswerten und können erst dann verlässliche Zahlen zu den benötigten Krippenplätzen in unsere Überlegungen einfließen lassen. Wir werden ihnen die Zahlen am kommenden Mittwoch vorstellen.

Aber in Bezug auf die Standorte sind vor allem drei Varianten im Gespräch. Welche bevorzugen Sie?

Das müssen wir auch in der Verwaltung noch diskutieren. Alle Möglichkeiten haben ihr Für und Wider. Die Evangelische Stadtmission schlug das Alten- und Pflegeheim "Stammberg" vor. Es hat seinen Reiz, Alt und Jung zusammenzubringen. Der Platz ist vom Gelände her auch ideal und würde Altenbach quasi mitbedienen. Ein Wermutstropfen ist allerdings die Lage an der Talstraße. Eine Erweiterung der AWO-"Rasselbande" hat den Charme, dass wir Besitzer des Grundstücks sind und dass Synergieeffekte mit der bestehenden Einrichtung genutzt werden können. Der Nachteil ist die Konzentration der Betreuungsmöglichkeiten westlich der B 3 und vor allem an der Mehrzweckhalle. Eine Kinderkrippe am OEG-Areal muss man mit den Investoren eruieren. Sicher ist, dass man eine Freifläche für die Kinder gestalten muss. Das schließt die Lage am geplanten Senioren- und Ärztekomplex aus. An sich ist der Standort auf dem OEG-Areal aber sicher sehr gut. Dennoch schwanke ich persönlich zwischen "Stammberg" und "Rasselbande". Ich möchte gleichwohl daran erinnern, dass der Landesgesetzgeber Wert darauf legt, die Städte beim Krippenbau nicht initiativ werden zu lassen. Private sollen den Vorrang haben.

Stichwort OEG-Areal: Haben Sie schon die geänderten Pläne der Investoren gesehen, die nun doch bei einer maximalen Bauhöhe von 12,50 Metern bleiben müssen?

Nein, aber bis zum 28. September ist ja auch noch etwas Zeit. Zudem ist es wie in jedem Bebauungsplanverfahren: Die Vorgaben sind klar. Es ist darüber hinaus ein großes Entgegenkommen der MVV als Grundstückseigentümerin, in Bezug auf die Gestaltung so eng mit der Stadt zusammenzuarbeiten. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass der Gemeinderat in der Sitzung nach der Abwägung der Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange den Satzungsbeschluss für die erste Änderung des Bebauungsplanes "Schillerstraße / B 3" fällen wird. Das ist auch wichtig, denn es soll ja weitergehen. Als erstes wäre dann der Neubau des Raiffeisenmarktes dran, damit an alter Stelle die Wohnbebauung entstehen kann.

Kommen wir zur Mehrzweckhalle. Die energetische Sanierung geht voran, was man schon an den frischen Außenfarben sieht. Ist es wirklich ausgeschlossen, dass in der Halle dieses Jahr noch Schul- und Vereinssport stattfinden kann?

Die Halle bleibt bis zum Jahresende geschlossen. Daran wird sich nichts ändern. Die Schulen werden nach wie vor in den KSV-Hallen Schulsport haben.

Etwas schleppend war der Beginn der Kanalsanierung in der Ladenburger Straße. Anfangs hieß es ohne Not, der Baustart sei am 14. Juni, dann wurde es der 4. Juli...

Der Anfang war vielleicht etwas holprig. Das lag auch an dem großen Schachtbauwerk hinter der Tennishalle. Da hat es in den Vorbereitungen etwas gehakt. Aber dafür geht es jetzt gut voran. Die Bauarbeiter sind schon auf Höhe der Kinderkrippe "Purzelzwerg".

Der Branichtunnel wird inzwischen nicht mehr auf 63 Millionen, sondern auf 85 Millionen Euro kalkuliert. So teuer wird im Straßenverkehr des Landes nirgendwo gebaut. Stimmt da noch das Kosten-Nutzen-Verhältnis?

Dass es teurer würde, hat man erwartet. Schließlich war die erste Kostenberechnung alt. Es steht fest, dass der Branichtunnel die Wohn- und Lebensverhältnisse Schriesheims grundlegend verbessern wird, und zwar wie keine andere Maßnahme. Die Belastung der Talstraßen-Anwohner ist unerträglich. Das merkt man besonders seit der Sperrung des linken Neckarufers in Heidelberg.

Etwas teurer fällt auch die Umgestaltung des Altenbacher Schulhofs aus. Wie gehen die Arbeiten dort voran?

Alles läuft planmäßig, und es gab auch keine unangenehmen Überraschungen im Boden. Unter dem Schulhof fließt immerhin der eingehauste Altenbach. Wir liegen mit gut 250 000 Euro zwar etwas über den 220 000 Euro, die wir dankenswerterweise von der Plattner-Stiftung bekommen haben. Aber die Mehrkosten sind begründbar. Etwa durch die gut gefüllten Auftragsbücher der ausführenden Unternehmen. Sie haben ihren Preis und können aus dieser Position anders kalkulieren.

Eine böse Überraschung tat sich kürzlich hingegen in der Schmalen Seite auf, als die Fahrbahn einbrach.

Da sieht man, wie dringend wir den Branichtunnel als Umfahrung der Ortsmitte brauchen. Die Schmale Seite wurde 1959 für den Verkehr freigegeben. Damals wurde auch die Kanalisation gebaut, an der seitdem nichts mehr gemacht wurde. Der Verkehr wurde immer mehr, und die Autos wurden immer schwerer. Dazu kommt das Hangwasser, das die Straße unterspült. Wenn der Tunnel fertig ist, besteht hier also dringender Handlungsbedarf. Dazu sind auch die Gaulsbrücke und die Schotterersbrücke in der höchsten Schadensklasse. Auch diese müssen gemacht werden.

Man hatte den Eindruck als sei die Stadt gar nicht richtig im Bilde über den kritischen Zustand der Schotterersbrücke, die als Teil der L 536 gilt. Kürzlich musste das Regierungspräsidium Karlsruhe den kritischen Zustand bestätigen. Wurde die Stadtverwaltung darüber wirklich nie informiert?

Doch durchaus. Vergangenes Jahr hat mir das Regierungspräsidium gesagt, dass die Schotterersbrücke die höchste Schadensklasse hat. Aber die Verkehrssicherheit sei gewährleistet, hieß es. Wir werden uns mit dem Regierungspräsidium auf jeden Fall im September zusammensetzen, um darüber zu beraten, wie es hier weitergeht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung