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30.11.2011

Demnig verlegt "Stolpersteine" nächstes Jahr

Schriesheim. (cab) Im Dezember vergangenen Jahres entschied der Gemeinderat bei acht Gegenstimmen von CDU und Freien Wählern, dass auch in Schriesheim "Stolpersteine" des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt werden sollen. Demnig erinnert mit jedem seiner zehn auf zehn Zentimeter großen Betonsteine mit Messingtafel an ein individuelles Schicksal in der NS-Zeit. Meist hämmert der Künstler die "Stolpersteine" vor den Häusern in den Bürgersteig, in denen die Opfer des Naziterrors ihren letzten frei gewählten Wohnsitz hatten. Doch etwa auch auf künstlerische Wirkungsstätten wird in Ausnahmefällen verwiesen. Ganz selten bekomme ein Opfer auch zwei "Stolpersteine". Das unterstrich Demnig in seinem Vortrag am Montagabend im Großen Sitzungssaal des Rathauses vor gut 60 Zuhörern.

Bürgermeister Hansjörg Höfer gab bekannt, dass Demnig die ersten "Stolpersteine" in Schriesheim nächstes Jahr am Mittwoch, 11. April, verlegen werde. Es sollen zwölf Gedenksteine an fünf Adressen sein (siehe Kasten "Die ersten 'Stolpersteine'"). Dem Gemeinderat lag im vergangenen Jahr eine Liste mit insgesamt 47 Namen und 15 Adressen vor, die in der Stadt für "'Stolpersteine' in Frage kommen könnten", wie Prof. Joachim Maier, einer der Initiatoren für Demnigs Kunstwerke in Schriesheim, gestern auf Anfrage sagte. Für die Verlegung der zwölf "Stolpersteine" liege die Zustimmung der Hausbesitzer vor, so Maier, der bestätigte, dass alle Gedenksteine an jenem 11. April verlegt werden sollen. Andere Hauseigentümer hätten ihr Einverständnis verweigert, manche hätten sich noch nicht abschließend geäußert.

Monika Stärker-Weineck, ebenfalls Mitglied der Projektgruppe "Stolpersteine", sagte, man müsse abwarten, welche "Wirkung" die Verlegung der ersten Steine durch Demnig habe. Sicher sei das "Stolperstein"-Projekt als Prozess zu verstehen, der am 11. April nächsten Jahres nicht abgeschlossen werde. Zudem teilte sie mit, dass sich bereits "Paten" für die Finanzierung der ersten "Stolpersteine" gefunden hätten - so zum Teil für die Heidelberger Straße 5, dann auch für die Heidelberger Straße 24, die Lutherische Kirchgasse 8 sowie die Talstraße 158.

Für sieben der zwölf "Stolpersteine" sei die Bezahlung noch nicht gesichert, aber auch dafür gebe es schon "einige Interessenten", so Stärker-Weineck. Diesbezüglich habe sie also "keine Sorge". Wie Stärker-Weineck gestern mitteilte, würden die "Stolpersteine" ab Januar teurer. Anstatt 100 Euro kosten sie dann 120 Euro das Stück.

Wie Maier auf Anfrage sagte, werde nach Absprache mit Demnig auch für Karl Heinz Klausmann in Schriesheim ein "Stolperstein" verlegt, obwohl bereits ein Exemplar in Weinheim an ihn erinnert. Zur Begründung sagte Bürgermeister Höfer schon im September, dass es sich in Weinheims Mühlweg durchaus um Klausmanns letzte Station (vor der Flucht nach Frankreich) handelte, in Schriesheim aber um seinen letzten "frei gewählten Wohnsitz". Demnig verlegte in diesen Tagen "Stolpersteine" in Heidelberg. So war sein Vortragsabend in Schriesheim möglich geworden.

Der Künstler, Jahrgang 1947, stellte sich anhand seiner Werke vor, erzählte die Geschichte der Entstehung der "Stolpersteine" von der ersten illegalen Verlegung im Jahr 1996 in Köln und Berlin bis zur legalen Fortsetzung des Projekts ein Jahr später. Inzwischen hat Demnig nach eigener Aussage "zwischen Oslo und Rom und zwischen Rotterdam und der Ukraine" rund 32 000 dieser Gedenktäfelchen verlegt. 700 "Stolpersteine" seien bisher "angegriffen" und zerstört worden, so Demnig: "Acht Steine kamen auch mal ganz weg." Für ihn sein das Einsetzen der Steine keine Routine: "Das Einhämmern kann ich zwar", aber es gehe immer wieder um neue Schicksale. Demnigs Vortrag begeisterte auch Realschulrektorin Petra Carse, die beim Künstler anfragte, ob er nicht mal in ihrer Schule referieren könne (weiterer Bericht folgt).

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung