Schriesheim im Bild 2023

07.12.2011

Von A wie Auswanderer bis Z wie Zeppelin

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. Alleine die Vorstellung ist faszinierend: Wollhaarmammuts tummelten sich vor Tausenden von Jahren auch in Schriesheim, davon künden die Funde dreier Mammutzähne. Mit einem Bericht über die "Schriesheimer Mammutzähne" taucht Stadtarchivar Dr. Dirk Hecht tief ein in die Urgeschichte der Bergstraßengemeinde und stellt ihn, einer zeitlich chronologischen Abfolge gemäß, an den Anfang des neuen Schriesheimer Jahrbuchs.

Es ist bereits der 15. Jahrgang der Reihe, in der verschiedenste Autoren Geschichte und Geschichten mit Ortsbezug recherchierten und niederschrieben. Bei Hecht und Andrea Erdmann, letztere verantwortlich für die technische Gesamtleitung, sei das Jahrbuch in guten Händen, sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer im Rathaus bei der Vorstellung des 183 Seiten starken Titels. "Sie bearbeiten das Ganze in ruhiger Sachlichkeit das ganze Jahr über", so Höfer.

Gelassenheit legte auch das Gitarrenensemble der Musikschule unter Leitung von Hans-Dieter Schotsch bei Klassik und Rock an den Tag. "Nothing else matters" von Metallica in gezupfter Version mit E-Gitarre obendrüber, das hatte Stil. Der zweite Beitrag im Jahrbuch stammt von Klaus Schaefer, der sich mit dem Restaurierungsbericht zur alten Schriesheimer Turmuhr, der vermutlich ältesten Turmuhr Deutschlands aus der Mitte des 15. Jahrhunderts befasst. Das dank RNZ-Spendeninitiative restaurierte einzigartige Stück hat seinen Platz inzwischen an zentraler Stelle im Alten Rathaus gefunden.

Über den 1588 errichteten Notspeicher in der Kurpfalz schreibt Gerhard Merkel. In Hungerzeiten war der Speicher für die Bevölkerung lebenswichtig, eine frühe Form der Sozialversicherung. Neu im Autorenteam ist Einhard Kemmet, der sich einem bisher eher stiefmütterlich behandelten Thema widmet. Kemmet verfolgt die Spuren der ersten Kurpfälzer in Nordamerika und nennt hier neben anderen als Beispiel den Schriesheimer Alexander Schaeffer, der es immerhin zum eigenen Stadtnamen "Schaefferstown" brachte.

Henner W. Harling schließlich stellt dem bekannten Aquarell von Friedrich Rottmann "Schriesheim von Norden", ein bisher unbekanntes, in Teilen sehr ähnliches und doch frappierend unterschiedliches Werk eines gewissen A. Meier gegenüber. "Im Andenken erhalten", Beschreibung des "Marktfleckens Schriesheim", nannte 1839 ein näher nicht weiter bekannter Verfasser H. Engel seine umfassende Übersicht. Ihr widmet sich Hechts Vorgänger im Amt, Dr. Hans Jörg Schmidt. Hecht selbst liefert einen weiteren Text "Zeppeline über Schriesheim". Eine Postkarte wies ihm den Weg: Im Jahr 1911/12 schwebte über der Kirchstraße "Die Schwaben", einer der ersten Passagierzeppeline mit Steward und Vorläufer zahlloser Nachbauten. RNZ-Mitarbeiterin Stephanie Kuntermann, ebenfalls neu in der Reihe der Jahrbuch-Autoren, widmet ihre Arbeit dem 75. Geburtstag des Waldschwimmbads. "Sie schlägt einen wunderbaren Bogen über die Planungen der 1920er Jahre bis hin zum Bau und der Einweihung", schilderte Hecht. Ein spannendes Stück Zeitgeschichte lebendig erzählt - einschließlich des zwei Jahrzehnte währenden Kampfes um den Erhalt des Kleinods, das "Planschbecken, Leistungszentrum und Promibadewanne" mit olympisch angelegten 50-Meter-Bahnen war.

Anrührend und bewegend sind die dann folgenden Geschichten von Georg Döringer, Monika Stärker-Weineck und Kurt Flasch aus den dunklen Tagen des Zweiten Weltkriegs. Döringer schickte auf dem Weg von Frankreich in die belgischen Kohlegruben einen sehnsuchtsvollen Postkartengruß nach Hause, Kurt Flasch erinnert sich an Schriesheim im Frühjahr 1945, und Monik Stärker-Weineck gab den namenlosen Toten auf dem Ehrenfriedhof ihre Identität zurück und sorgte dafür, dass tragische Schicksale der Gefallenen, aber auch der Lungenkranken bekannt wurden: Tuberkulose raffte viele der Toten auf dem Ehrenfriedhof dahin. Das Jahrbuch schließt mit Hechts persönlichem Rückblick auf das Jahr 2010.

Fi Info: Das "Schriesheimer Jahrbuch 2011" ist zu kaufen in Utes Bücherstube, in der Buchhandlung CoLibri, bei Keck Schreibwaren und Bürobedarf sowie in der RNZ-Geschäftsstelle Schriesheim.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung