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13.12.2011
Von Stephanie Kuntermann
Schriesheim. "Fä misch die mit dem Käs", tönt es laut durch die Kirchstraße. Die Wurstkäuferin am Puten-Stand äußert ihren Wunsch gerade in ein drückendes Schweigen hinein, das ihre Stimme ungewollt weit tragen lässt.
Es ist Wochenmarkt und gleichzeitig Mahnwache. Möglich, dass dieses Zusammentreffen den einen oder anderen Dialog verzerrt. Möglich auch, dass man der Käuferin andernorts ein empörtes "Pst" entgegen gezischt hätte. Das Nebeneinander von Einkauf und Gedenken ist hier aber beabsichtigt: Bewusst wurde ein Platz mit viel Publikumsverkehr gewählt, man entschied sich gegen eine Mahnwache an einem "passenden" Ort und für den kleinen Parkplatz gegenüber dem Puten-Verkaufsstand in der Kirchstraße.
Hier findet sich am Vormittag eine kleine Gruppe ein, man schüttelt Hände, stellt Grablichter auf und legt rote Rosen daneben. Eine Entschließung aus dem Bundestag wird verteilt. Es gehe um das Gedenken an die Opfer der Neonazi-Terroristen, erklärt Wolfgang Fremgen zwei älteren Passanten. Im Vorfeld sprach der Grünen-Stadtrat die Vertreter von Kirchen, Amnesty International (AI), von Parteien und Wählervereinigungen an und bat um Teilnahme. Fremgen fordert auch das Ehepaar auf, sich zur Gruppe zu gesellen. "Wir sind die Zuschauer", sagt der Mann lächelnd. An Zuschauern fehlt es tatsächlich zunächst. Das ändert sich, als die Bundestags-Entschließung verlesen wird. Der Text beginnt mit den Namen der zehn Mordopfer. Grünen-Stadträtin Gisela Reinhard trägt sie vor, und ihre Stimme beginnt gefährlich zu schwanken. Man kann die menschliche Dimension nachvollziehen, die angesprochen wird: "Wir fühlen mit den Angehörigen, die geliebte Menschen verloren haben. Die Unbegreiflichkeit des Geschehenen, die jahrelange Ungewissheit über Täter und ihre Motive waren und sind eine schwere Belastung für die Betroffenen."
Der Wunsch nach Aufklärung der Verbrechen und nach einer Überprüfung der Sicherheitsbehörden schließt sich an, ebenso der Wunsch, Gruppen zu unterstützen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagieren. Nach Reinhard ist AI-Ortsvorsitzende Lilo Frenkel mit Lesen an der Reihe, danach die Parteivertreter.
Auch zwei "unpolitische" Teilnehmer stehen in der Runde, ein zwölfjähriger Junge mit seinem Vater. Als Reinhard erklärt, dass man nun eine halbe Stunde lang schweigen wolle, wird es erst einmal ganz still. Auch die Passanten schweigen. Alle, bis auf die Wurstkäuferin. Immer wieder kommt jemand vorbei, der das Vorangegangene nicht mitbekommen hat. "Worum geht es?", fragt eine Frau. "Na ja", sagt sie auf die Erklärung, "gegen Fremdenhass kann man ja wirklich mal ein bisschen schweigen."
Der Platz wurde ganz bewusst gewählt
Von Stephanie Kuntermann
Schriesheim. "Fä misch die mit dem Käs", tönt es laut durch die Kirchstraße. Die Wurstkäuferin am Puten-Stand äußert ihren Wunsch gerade in ein drückendes Schweigen hinein, das ihre Stimme ungewollt weit tragen lässt.
Es ist Wochenmarkt und gleichzeitig Mahnwache. Möglich, dass dieses Zusammentreffen den einen oder anderen Dialog verzerrt. Möglich auch, dass man der Käuferin andernorts ein empörtes "Pst" entgegen gezischt hätte. Das Nebeneinander von Einkauf und Gedenken ist hier aber beabsichtigt: Bewusst wurde ein Platz mit viel Publikumsverkehr gewählt, man entschied sich gegen eine Mahnwache an einem "passenden" Ort und für den kleinen Parkplatz gegenüber dem Puten-Verkaufsstand in der Kirchstraße.
Hier findet sich am Vormittag eine kleine Gruppe ein, man schüttelt Hände, stellt Grablichter auf und legt rote Rosen daneben. Eine Entschließung aus dem Bundestag wird verteilt. Es gehe um das Gedenken an die Opfer der Neonazi-Terroristen, erklärt Wolfgang Fremgen zwei älteren Passanten. Im Vorfeld sprach der Grünen-Stadtrat die Vertreter von Kirchen, Amnesty International (AI), von Parteien und Wählervereinigungen an und bat um Teilnahme. Fremgen fordert auch das Ehepaar auf, sich zur Gruppe zu gesellen. "Wir sind die Zuschauer", sagt der Mann lächelnd. An Zuschauern fehlt es tatsächlich zunächst. Das ändert sich, als die Bundestags-Entschließung verlesen wird. Der Text beginnt mit den Namen der zehn Mordopfer. Grünen-Stadträtin Gisela Reinhard trägt sie vor, und ihre Stimme beginnt gefährlich zu schwanken. Man kann die menschliche Dimension nachvollziehen, die angesprochen wird: "Wir fühlen mit den Angehörigen, die geliebte Menschen verloren haben. Die Unbegreiflichkeit des Geschehenen, die jahrelange Ungewissheit über Täter und ihre Motive waren und sind eine schwere Belastung für die Betroffenen."
Der Wunsch nach Aufklärung der Verbrechen und nach einer Überprüfung der Sicherheitsbehörden schließt sich an, ebenso der Wunsch, Gruppen zu unterstützen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagieren. Nach Reinhard ist AI-Ortsvorsitzende Lilo Frenkel mit Lesen an der Reihe, danach die Parteivertreter.
Auch zwei "unpolitische" Teilnehmer stehen in der Runde, ein zwölfjähriger Junge mit seinem Vater. Als Reinhard erklärt, dass man nun eine halbe Stunde lang schweigen wolle, wird es erst einmal ganz still. Auch die Passanten schweigen. Alle, bis auf die Wurstkäuferin. Immer wieder kommt jemand vorbei, der das Vorangegangene nicht mitbekommen hat. "Worum geht es?", fragt eine Frau. "Na ja", sagt sie auf die Erklärung, "gegen Fremdenhass kann man ja wirklich mal ein bisschen schweigen."
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