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"Ich bin glücklich mit dem Boxen"
Von Carsten Blaue
Schriesheim/Heidelberg. Anna Rommerskirchen ist sich bis gestern gar nicht bewusst, dass sie am Sonntag ein kleines Stück Schriesheimer Boxsport-Geschichte schreiben wird. Als erste Frau überhaupt wird sie beim Mathaisemarkt in der traditionsreichen Boxmatinee des KSV in den Festzelt-Ring steigen. Das sie die Allererste ist, "das habe ich noch gar nicht gewusst", lacht die 21-Jährige, die es im Länderkampf Bayern gegen Baden-Württemberg mit Ramona Mayer aus Fürstenfeldbruck zu tun haben wird.
Aufgeregt ist Anna Rommerskirchen aber noch nicht - auch wenn ihr Werner Kranz, Schriesheims Topfunktionär in Sachen Boxen, schon mal die Besucherzahlen im Festzelt "unter die Nase gerieben hat", wie sie sagt. Ab Freitagabend werde die Spannung sicher langsam steigen. Bis dahin ist Anna ganz und gar mit ihrem Praktikum beschäftigt, das sie im Rahmen ihres Studiums absolviert. Sie studiert im fünften Semester Molekulare Biotechnologie in Heidelberg. Das Studium war es auch, das sie von Neuss an den Neckar verschlug.
Westlich von Neuss, genau jenseits der Autobahn 57, liegt Kaarst. Hier begann Anna im Alter von 18 Jahren mit dem Boxen: "Ich wollte immer einen Kampfsport machen." Karate sollte es mal sein, aber da haben ihre Eltern "einen Riegel vorgeschoben", wie sie sagt. Auch vom Boxen waren sie nicht so begeistert wie ihre Tochter. Eine Freundin nahm sie mit ins erste Training. Anna blieb dabei und boxt als Rechtsauslegerin im Leichtgewicht, also der Klasse bis 57 Kilogramm. Als sie nach Heidelberg kam, fing sie im dortigen Box-Club BCH an zu trainieren, wechselte dann aber zum KSV nach Schriesheim: "Weil hier die Betreuung sehr gut ist", wie sie sagt. Mit dem Boxen sei sie glücklich: "Ich kann mir nichts anderes vorstellen." Sechs Mal die Woche trainiert sie, davon drei Mal in Schriesheim. Das klingt nach Ambitionen. Sie nennt es Ausgleich zum Alltag, "wenn man den ganzen Tag im Labor herumsitzt."
Meisterschaften würden sie aber schon reizen: "Ich schrecke da vor nichts zurück." Aber an diesem Punkt gibt sich Anna Rommerskirchen auch bescheiden: "Mein Ziel ist erst mal zu schauen, wie weit ich komme, wie sich das Ganze ausreizen lässt und wie ambitioniert ich aufgrund meiner Fähigkeiten sein darf." Geht es nach Werner Kranz, der sonst kein Fan des Frauenboxens ist, dann kommt sie noch weit: "Sie kann richtig boxen. Sie ist ein Naturtalent. Es ist eine Augenweide, ihr zuzuschauen. Wie aus dem Bilderbuch."
"Das Risiko ist überschaubar"
Der Laie verbindet Boxen zunächst mit Schmerzen. Anna Rommerskirchen geht mit solchen Klischees nachsichtig und freundlich um: "Es geht ja um Technik und nicht darum, sich zu prügeln." Erst einmal habe sie eine blutige Nase gehabt, "und das war aus Versehen". Aber ihre Gegnerinnen wollen doch sicher genau das. Hat sie keine Angst? "Respekt ist wichtig. Er macht vorsichtig und lehrt mich, nicht getroffen zu werden. Wenn man sich nicht blind in den Kampf hineinstürzt, ist das Risiko überschaubar. Es hat einen Reiz zu schauen, wie weit man gehen kann; wie man sich und die Gegnerin an die Grenze bringt und sie im Zaum hält. Boxen ist faszinierend und technisch anspruchsvoll", schwärmt die Athletin.
Wenn sie "den Schritt in den Kampf wagt", wie sie es nennt, dann müsse sie sich sicher fühlen - gerade auch durch den Rückhalt des Trainers. Diesen Rückhalt biete ihr KSV-Trainer Jens Graichen. Er wird sicher auch am Ring stehen, wenn Anna Rommerskirchen am Sonntag im Festzelt boxt - als erste Frau überhaupt.
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