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05.04.2012

"Das ist doch das Allerletzte"

"Das ist doch das Allerletzte"

Wie geht man am Schriesheimer Kurpfalz-Gymnasium mit dem Internet als Hilfsmittel um? Die Lehrer Carolin Julier und Michael Schuler sowie die Schüler Carolin Laier und Linus Bauer bei der - für die RNZ nachgestellten - Recherche. Foto: Dorn

Von Marion Gottlob

Schriesheim. Ist das richtig - oder doch nicht? Beim RNZ-Gespräch erhebt sich plötzlich eine Mutter, geht zum Computer und wählt sich ins Internet ein. "Hier gibt es viele Möglichkeiten für die Schüler." Rasch klickt sie die Artikelserie einer bekannten Wissenschaftsjournalistin an. "Meine Tochter kopiert die Artikel regelmäßig für die Hausaufgaben im Fach Biologie, erklärt die Mutter. "Danach fügt sie in die Texte ein paar Rechtschreibfehler ein, damit es nicht auffällt. Früher war meine Tochter schwach in Biologie, jetzt hat sie eine gute Note. Das ist prima."

Am Schriesheimer Kurpfalz-Gymnasium gibt es für dieses Beispiel ein mehr als heftiges Kopfschütteln. Sollen oder können Schüler so das Internet nutzen? "Nein und wieder nein", das finden sie an dieser Schule nicht richtig. Die RNZ hat sich zum Gespräch mit Schulleiter Matthias Nortmeyer, Lehrerin Carolin Julier, Lehrer Michael Schuler, mit der 17-jährigen Schülerin Carolin Laier und dem 15-jährigen Schüler Linus Bauer getroffen.

Mogeln oder nicht? Dazu noch ein Beispiel, nicht vom Kurpfalz-Gymnasium, sondern von einer anderen Schule: Ein Schüler hält ein Referat und verteilt an seine Mitschüler ein Merkblatt. Statt einen eigenen Text dafür zu entwerfen, hat er einfach nur einen Artikel aus Wikipedia kopiert, dazu das Logo und die Querverweise des Internetlexikons. Klar, dass seine Lehrerin nicht begeistert ist.

Auch jetzt schütteln Lehrer und Schüler vom Kurpfalz-Gymnasium die Köpfe. "Ich kann das nicht nachvollziehen", sagt Carolin Laier. "Allein schon die Idee ist schwachsinnig, das ist doch das Allerletzte." Hausaufgaben, sagt sie, sind eine Übung, um zu lernen. Wer sie einfach im Internet abschreibt, "der schneidet sich ins eigene Fleisch".

Wie sollte es richtig laufen? Da kann man nur staunen, wie differenziert sich die Schüler wie die Lehrer äußern. Linus und Carolin nutzen für Referate oder auch Hausaufgaben ganz selbstverständlich das Internet. Carolin hat gerade eine größere Arbeit über "China - Kommunismus oder Kapitalismus" geschrieben. Dafür hat sie Internettexte und Infomagazine der "Bundeszentrale für politische Bildung" ausgewertet, außerdem aktuelle Artikel von überregionalen Zeitungen im Internet eingesehen und noch ein Fachbuch gelesen.

"Man kann sich nicht auf eine Quelle verlassen", sagt sie. Das kann Linus nur bestätigen: "Im Internet können die Daten falsch sein." Er hat eine Faustregel, nach der er sich meist richtet: "Wenn in drei voneinander unabhängigen Artikeln die Angaben gleich sind, dann ist die Information vermutlich richtig." Carolin Julier und Michael Schuler üben mit ihren Schülern regelmäßig den Umgang mit dem Internet: Schüler müssen für ihre Arbeiten, vor allem für Referate, ihre Quellen angeben. Sie sollen nicht nur eine Quelle, sondern möglichst viele Quellen berücksichtigen und vergleichen. Zitate müssen nach den üblichen Regeln kenntlich gemacht werden.

"Die Schüler lernen den kritischen Umgang mit Quellen, egal, ob das eine mittelalterliche Quelle oder eine Quelle aus dem Internet ist", sagt Schuler. "Meine Schüler sollen das Handwerk für die Universität lernen", wünscht sich seine Kollegin. Wie merken Lehrer, ob ein Schüler aus dem Internet kopiert hat? So einfach ist das nicht. Zunächst gibt es an vielen Schulen noch die Pflicht, Hausaufgaben und Referate per Hand zu schreiben - so können Schüler ihre Texte zumindest nicht per Mausklick kopieren.

Bei Referaten stellen Lehrer Fragen zum Thema. Ein Hinweis auf eine Schummelei kann eine Differenz zwischen den Leistungen bei Hausaufgaben und den mündlichen, spontanen Beiträgen zum Unterricht sein. Schulleiter Matthias Nortmeyer ist sich allerdings sicher, dass er recht bald von Schummel-Missetätern erfahren würde, denn Mitschüler wie Eltern mögen so etwas nicht: "Schüler haben ein Gefühl für Gerechtigkeit." Und wer mogelt, verschafft sich einen ungerechten Vorteil.

Trotzdem: Vor allen Dingen schätzen Lehrer wie Schüler das Internet als Möglichkeit, den Unterricht zu bereichern. Lehrerin Julier nutzt die aktuellen Nachrichten zur Vorbereitung des Unterrichts. Schulleiter Matthias Nortmeyer ist begeistert, dass Schüler und Lehrer aus aller Welt miteinander Kontakt

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung