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23.04.2012

"Wir wurden immer wieder vertröstet"

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. (sk) Angesichts der Diskussionen um die Zustände auf dem Jugendhaus-Gelände war das Interesse der Stadträte an der Jahreshauptversammlung des Push-Vereins eher mau. Einige hatten sich entschuldigt, nur drei waren gekommen: Gisela Reinhard (Grüne), Marco Ginal (SPD) und Wolfgang Renkenberger (FDP). Bürgermeister Hansjörg Höfer fehlte.

Trotzdem antworteten die Verantwortlichen beim Push-Verein auf die Vorwürfe, die unlängst erhoben wurden. Von einem "Desaster" und einem "Cliquentreff für wenige" war im Zusammenhang mit dem Jugendhaus die Rede, Jugendsozialarbeiter Joachim Lautenschläger benannte als Ursache für den Zustand von Haus und Gelände einen seit mehreren Monaten andauernden Stillstand der Bauarbeiten.

Man habe nicht weiter arbeiten können, weil ein Lagerraum fehlte, erklärte Push-Vorsitzender Christian Baier. Baumaterial und nicht benötigtes Mobiliar wurden im größeren der beiden Räume gelagert, so Baier: "Die Stadt hat uns für Mai 2011 einen Container versprochen, wir wollten warten, bis wir ihn haben. Wir wurden immer wieder vertröstet."

In den Container auf dem Push-Gelände wurde ein Obdachloser eingewiesen. Der Mann, den alle nur unter dem Namen "Chef 25" kannten, feierte regelmäßig Partys auf dem Gelände, benutzte den Grill und warf Bierflaschen auf den Boden. Seine Freunde gerieten öfter mit den Jugendhaus-Benutzern in Streit, einmal musste sogar die Polizei anrücken. Im Januar brannte der Container des Mannes aus, im Push-Verein wusste niemand, warum. Wenig später fand ihn die Feuerwehr tot in einer der Unterkünfte am Wiesenweg. "Chef 25", dessen Name noch immer über der Tür des ausgebrannten Containers steht, beging offenbar Selbstmord. Der Container steht noch immer am selben Platz, ist noch immer nicht repariert.

"Ich habe oft bei der Stadt nachgefragt, was nun mit dem Container ist", erklärte Baier. "Von der Gemeinde kam wenig rüber, auch wenn wir oft nach Unterstützung gefragt haben. Ich habe für mich die Motivation verloren. Wir warten jetzt so lange, bis die Stadt etwas unternimmt", ergänzte Bauleiter Thomas Müller. Seit acht Jahren arbeite er am Ausbau des Jugendhauses, erklärte Müller. Er hoffe, die Arbeiten bald abschließen und sich dann aus der Vorstandsarbeit zurückziehen zu können.

Noch ist das Jugendhaus nicht offiziell eingeweiht, trotzdem kann man es für Partys mieten. Voraussetzung ist, dass der Mieter Push-Mitglied ist. Die Mieten - pro Abend 70 Euro - waren neben Spenden die wichtigste Einnahmequelle des 112 Mitglieder starken Vereins, wie Kassier Thomas Schmelzer darlegte. Im Sommer sei das Haus fast immer ausgebucht. Dem standen Kosten durch illegal abgeladenen Müll oder Vandalismus gegenüber. Oder auch, wie zuletzt im Februar, durch Einbrüche. Knapp 1000 Euro Sachschaden verursachten die Täter, die einen Schließzylinder, die Eingangstür und ein Fenster beschädigten.

Drinnen und draußen angebrachte Kameras sollen künftig für mehr Schutz sorgen. Auf der Einnahmenseite standen erfolgreiche Push-Partys wie Bolzturnier und Beachvolleyballparty. Lautenschläger stellte dazu fest: "Das Interesse hier zu feiern ist sehr hoch." "Schade, dass das Interesse am Betrieb des Jugendhauses nicht so hoch ist wie das am Feiern", konterte Beisitzer Hannes Künemund. Die Gründe, warum ein regelmäßiger "Tagesbetrieb" in den letzten Jahren nicht möglich war, beschäftigten die Mitglieder.

Das Interesse der Jugendlichen komme und gehe, mutmaßte Künemund: "Events ziehen, das Tagesgeschäft weniger, das war schon so, als ich noch Schüler war." Er sah auch ein Generationenproblem: "Wir sind hier ein Haufen alter Säcke, keiner von uns geht mehr zur Schule." Weshalb auch der direkte Draht zur heutigen Schülergeneration fehle.

> Die Neuwahlen bei der Jahreshauptversammlung ergaben folgende Ämterbesetzung: Vorsitzender: Christian Baier, Stellvertretender Vorsitzender: Thomas Müller, Kassier: Thomas Gehrig, Zweiter Kassier: Bernd Zipperle, Schriftführer: Adrian Boettinger, Beisitzer: Moritz Baier, Hannes Künemund, Marco Ginal, Olivia Jordan, Patrick Gutfleisch und Andreas Gehrig. Kassenprüfer wurden Stefan Rüdenauer und Tobias Wagner. Bau-Beauftragter wurde Thomas Müller, Beauftragte für Partys Andreas und Thomas Gehrig, "Müll-Beauftragter" wurde Marco Ginal.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung