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19.05.2012

"Wir haben gesündigt"

"Wir haben gesündigt"

Schriesheim. (sk) "Quo vadis, Baden-Württemberg?", hieß die Veranstaltung, zu der der CDU-Ortsverband den Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Peter Hauck einlud. Besser gepasst hätte die Frage "Was ist bisher passiert, neue Landesregierung?", denn Hauck zog an diesem Abend eine rhetorisch pointierte Zwischenbilanz quer durch die Landespolitik. Nach Ablauf des ersten Jahres grün-roter Landesregierung sei Hauck im Land ein begehrter Redner, bemerkte Ortsvereinsvorsitzender Daniel Schneegaß, während der Landtagsabgeordnete Georg Wacker das Publikum im gut besetzten Saal des "Goldenen Hirsch" gleich auf den Kurs des Abends einschwenkte: "Die Schonzeit ist vorüber, die ersten politischen Fehlentwicklungen zeichnen sich ab."

Eine von ihnen sei die Einführung der Gemeinschaftsschule, für den Bildungsexperten lediglich eine Fortführung der alten Gesamtschulen, nur ohne pädagogisches Konzept. Daneben kritisierte Wacker eine unlängst vom grünen Landtagsabgeordneten Uli Sckerl gemachte Zusage zur Finanzierung der Talstraßen-Sanierung: "Das wird als Wohltat der Grünen verkauft. In Wahrheit ist es gesetzlich festgelegt, dass die Straße in saniertem Zustand an die Stadt zurückgegeben werden muss."

Dann kam Hauck mit einem oppositionspolitischen Rundumschlag: Der Ministerpräsident, der vor der Wahl einem Großteil der Bevölkerung unbekannt gewesen sei, habe sich mittlerweile ein landesväterliches Gehabe zugelegt. "Das allein reicht aber noch nicht", watschte er den "Erwin Teufel light" ab: "Der ,Leichte' präsidiert nur, der ,Echte' gibt die Richtlinien der Politik vor." Dem ehemaligen Landwirtschaftsminister fehle eine politische Richtung angesichts der zwei uneinigen Regierungsparteien. Entsprechend sei im ersten halben Jahr nichts passiert außer einem Nachtragshaushalt und der Abstimmung über S 21. Verhinderung von Straßenbauprojekten kennzeichne die Arbeit des Verkehrsministers, innenpolitisch werde auf eine teure und ineffektive Polizeireform gesetzt.

"Nach der Weihnachtspause wurde mit Mühe und Not der Haushalt verabschiedet", so Hauck. Zwar mit Null-Verschuldung, allerdings mit zusätzlichen Einnahmen von fünf Milliarden, die 2013 noch übertroffen werden sollen. "Die Regierung sagt aber schon jetzt, dass im nächsten Haushalt drei bis vier Milliarden neue Schulden gemacht werden sollen", so Hauck. "Wir hatten auch 2008/09 eine Nullverschuldung trotz geringerer Einkünfte. Die Regierung hat gar nicht den Willen zum Sparen, sondern setzt die Verschuldung auf Kosten der nächsten Generationen fort."

Hier wandte ein Zuhörer ein, dass die CDU-Landesregierung eine Verschuldung von 42 Milliarden Euro hinterlassen hätte. "Das ist die drittniedrigste Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland", konterte Hauck, gab aber zu: "Wir haben gesündigt, aber auch in der Sünde gibt es ein Maß. Die Schulden sind dank der niedrigen Zinsen rückzahlbar." Ein anderer Kritikpunkt des Mannes löste eine heftige Debatte aus. Er sei Vater eines Kindes im Kurpfalz-Schulzentrum, wo Unterrichtsausfälle und eine mangelhafte Ausstattung die Regel seien: "Wir kommen dem staatlich verordneten Bildungsauftrag nicht mehr nach."

"Ich kann das Geschwätz nicht mehr hören, dass es noch nie so schlecht war wie heute", empörte sich Ehrenbürger Peter Riehl. In den 70er Jahren habe Schriesheim 50 Millionen Mark in den Bau von Schulen investiert, berichtete der Altbürgermeister: "Damals hatten die Kinder Unterrichtsstunden im Feuerwehrhaus und anderswo. Im Bereich der Schulen war es noch nie so gut wie heute." Mit der Einstellung von 6000 neuen Lehrern und der Senkung der Klassenteiler durch die alte Regierung sekundierte Wacker: "Rot-Grün hat diese Maßnahmen nicht fortgesetzt, sondern gekappt." Mit dem Argument der Standortsicherung würden gerade Bürgermeister ländlicher Gemeinden veranlasst, sich auf Bildungsexperimente einzulassen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung