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21.06.2012

Sitzung nahm eine überraschende Wendung

Von Alexander Albrecht

Schriesheim. Was ist für Schriesheim besser? Der Neubau einer Kinderkrippe in der Schillerstraße am OEG-Gelände oder eine Erweiterung der bestehenden AWO-Krippe an der Mehrzweckhalle? Der Gemeinderat hat am Mittwoch Abend die Verwaltung dazu ermächtigt, bis zur nächsten Sitzung die beiden Standorte miteinander zu vergleichen. Vorangegangen war dem Beschluss eine fast zweistündige emotionale Diskussion im Ratssaal - mit einer überraschenden Wendung.

Denn eigentlich sollte nur die Finanzierung der Kinderkrippe Schillerstraße thematisiert werden. Der Krippenbetreiber "Postillon" möchte das Gebäude, das der Investor Bowfonds errichten will, für 1,06 Millionen Euro kaufen, die Stadt soll es wiederum mieten. Nach Ablauf von 25 Jahren soll das Gebäude dann in kommunales Eigentum übergehen. Doch war der ursprünglich vorgesehene Mietpreis von 4400 Euro einigen Gemeinderäten zu hoch. Die Verwaltung besserte nach, reduzierte die Quadratmetergröße der Kinderkrippe und beantragte Zuschüsse beim Bund. Allerdings sind diese Mittel "quasi vollständig aufgebraucht", wie es in der Sitzungsvorlage hieß.

Dennoch war Bürgermeister Hansjörg Höfer guter Dinge. Er sah einerseits Chancen, dass der Bund nach Verhandlungen mit den kommunalen Verbänden Geld nachschießt oder anderswo Träger abspringen. Hauptamtsleiter Edwin Schmitt verdeutlichte den Zeitdruck. "Nur wenn die neue Krippe bis 31. Dezember 2013 bezogen ist, können auch Zuschüsse fließen." Mit der Finanzspritze und einem KfW-Kredit mit 1,5 Prozent Zins hätte der Mietpreis "nur" noch 3200 Euro monatlich betragen.

Dann ergriff CDU-Fraktionschef Paul Stang das Wort und lehnte den Standort Schillerstraße ab. Er bezweifelte, dass Bowfonds bis Ende nächsten Jahres die Krippe gebaut hat. Er sprach von Lärmbelastungen und verwies auf den Entwurf einer Planerin. Der sieht vor, die AWO-Krippe im Sportzentrum ungefähr bis zum stillgelegten Brunnen um elf Meter zu verlängern. Diese Lösung sei zudem für die Eltern um 90 Euro monatlich günstiger.

Das brachte Hauptamtsleiter Schmitt in Rage. Zum einen hätte sich "dieser Gemeinderat" im vergangenen Jahr noch gegen eine Erweiterung der AWO-Krippe in Richtung Westen ausgesprochen, zum anderen sei die geplante Krippe in der Schillerstraße nur 20 Euro monatlich teurer. "Da vergleichen Sie Äpfel und Birnen" warf er Stang vor.

Auch GL-Stadträtin Fadime Tuncer konnte es nicht nachvollziehen, warum die Christdemokraten "in letzter Sekunde" umschwenkten. Und sie warf Stang vor, AWO und "Postillon" gegeneinander auszuspielen. Rückendeckung erhielt die CDU hingegen von Dr. Herbert Kraus von den Freien Wählern, der auf die Stadt bei der Schillerstraßen-Lösung Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro in den nächsten 25 Jahren zukommen sieht. Die SPD beantragte eine Unterbrechung, der einstimmig gefolgt wurde. Ihr Vertreter Rainer Dellbrügge votierte anschließend dafür, dass die Verwaltung bei der nächsten Sitzung eine Kostenaufstellung für beide Standorte vorlegen soll. Dies war auch im Sinne von FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger.

Anselm Löweneck von der CDU sagte, ein alternativer Entwurf der Planerin sei schon im Oktober 2011 im Rathaus abgeben worden. Von einem nochmals abgeänderten Plan habe man vor wenigen Tagen Kenntnis genommen. Löweneck wunderte sich, warum die Entwürfe nicht dem Ausschuss vorgelegt worden seien. "Ich habe den aktuellen Plan nicht gesehen", sagte Stadtbaumeisterin Astrid Fath. Nach der Debatte entschied der Rat schließlich, dass in der nächsten Sitzung Kosten und Nutzen beider Alternativen diskutiert werden sollen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung