Schriesheim im Bild 2023

12.09.2003

Wildsäue haben gestern "Schwein gehabt"

Gestern fand die traditionelle Drückjagd auf Schwarzwild im Wald über der Schriesheimer Strahlenburg in Richtung Dossenheim statt.

Von Camilla John

Schriesheim. "Waidmannsheil!"- der meistgehörte Gruß, der gestern Mittag auf dem Parkplatz vor der Schriesheimer Strahlenburg zu hören war. Rund 40 grüngekleidete Männer und eine Dame hatten sich hier versammelt. Nicht, um entspannt spazieren zu gehen, sondern um zu jagen.

In diesem Jahr sind die Trauben auf den Weinhängen nämlich früher reif geworden als sonst, an das himmlische Wetter kann sich sicher jeder erinnern. An sich ist das auch nicht weiter schlimm, die Lese muss einfach etwa zwei Wochen früher beginnen.

Doch es stellt sich ein ganz anderes Problem. Nicht nur wir Menschen lieben die Trauben und deren Endprodukte, sondern auch noch andere Lebewesen: Die Wildschweine.

Dagegen sollte vorgegangen werden. Mit einer so genannten "Drückjagd". Keine Hetzjagd, denn der Sinn dieser Jagd ist eine andere. "Die Idee ist die", erklärt der Jagdpächter Peter Bausback, "dass das Schwarzwild aus den Weinbergen in den Wald zurückgetrieben wird, zurückgedrückt wird. Wir wollen Unruhe in die Weinberge hineinbringen und dafür sorgen, dass der Wildwechsel abgestellt wird. Die Schweine sollen an ihre eigenen Ständer erinnert werden." Der Flüssigkeitsmangel treibt die Tiere zu den Trauben, im Wald finden sie nicht genug.

Doch die Ursache dafür, dass Wildwechsel in den Wingerten stattfinden ist auch bei den Menschen zu suchen. Neben den bewirtschafteten Grundstücken gibt es viel zu viele Flächen, die brach liegen und verwildern. Brombeerhecken und Gestrüpp bieten den Wildschweinen ein ideales und angenehmes Versteck.

Abhelfen sollte die Drückjagd und das sah folgendermaßen aus: Etwa 25 Schützen aus der Region wurden in Abständen oberhalb der Weinberge in verschiedenen Höhen im Wald postiert, an den Stellen, wo die Spuren eines Wildwechsels sichtbar sind. Die Treiber im Gegensatz mussten sich bewegen. Unter dem Kommando von Jagdleiter Ralf Ziegler stürmten einige Treiber mit ihren Jagdhunden ins Unterholz. Sie sollten die Säue in den Wald hinaufscheuchen, wo die Jäger sie dann erwarteten und gegebenenfalls "strecken" sollten.

Doch bevor's losging, richtete Bausback noch das Wort an seine Jägerfreunde, "Frei zum Schuss ist heute neben Rotwild und Schwarzwild, also Bachen, Frischlingen und Keilern, auch der Dachs und der Fuchs, ich bitte um Vorsicht beim Schießen, denn der Stein ist hier sehr hart und die Kugeln können abprallen." Nachdem sich alle ein "Waidmannsheil" gewünscht hatten und die Jagdhornbläser zum Jagdauftakt gespielt hatten, strömten die 27 Schützen mit Treibern und Hunden in den Wald. Die Hunde zitterten vor Aufregung und zerrten an ihren Leinen, denn sie wollten die "Schweißspur, die Blutspur des Wildes aufnehmen. Die Jagd ging los, unter dem Motto: "Die meiste Arbeit ist nicht das Erlegen, sondern das Hegen."Die Aufgabe eines Jägers ist nämlich nicht nur das Jagen, sondern das Beobachten und Spurenlesen des Wildes im Revier.

Nachdem die Jäger rund zwei Stunden auf ihren Posten den Wald im Auge behalten hatten und nicht viel passiert war, wurde die moderne Technik bemüht. "Das "Jägerhandy", also die Beendung der Jagd durch die Jagdhornbläser, ist manchmal wegen des Windes nicht zu hören", grinst Hans- Jürgen Kiefer, während der Zahnarzt und Jäger sein Mobiltelefon zückt. Er hat richtig getippt und schon geht's zurück zur Strahlenburg.

Fünf Mal wurde geschossen, doch erlegt wurde nur ein Fuchs. Für die Jäger jedoch überhaupt keine Enttäuschung. "Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, die Schweine sind aufgeschreckt und sind jetzt wieder bei ihren Kirrungen, ihren Futterstellen, im Wald. Wir wollen der Kreatur ja auch eine Chance lassen", erläutert Bausback nach der Jagd. Vielleicht lag's am Wind, der in den Hängekesseln oft dreht, dass das Wild vorgewarnt war.

Doch der Jagdtag war noch nicht vorbei, mit guter Laune ging's weiter zum "Schüsseltreiben" - dem gemeinsamen Abendessen. Diesmal in der malerischen Bausback'schen Hütte im tiefsten Wald, wo Köstlichkeiten wie Rinderzunge in Rotwein und Wildschweinwurst auf den Tisch kamen. Begleitet von Gitarrenklängen von Jäger Hubert Benk und Jägerliedern ging somit ein aufregender Tag zu Ende - "Waidmannsheil!"

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung